Entscheidungsstichwort (Thema)

Kraftfahrsteuerrechtliche Einstufung eines Kraftfahrzeugs als Pkw oder Lkw

 

Leitsatz (redaktionell)

Die verkehrsrechtliche Einstufung als Lkw oder Pkw ist kraftfahrzeugsteuerrechtlich nicht bindend.

Bei dem Fahrzeug Land Rover Defender 130 Crew Cab handelt es sich entgegen der verkehrsrechtlichen Einstufung als Lkw, kraftfahrzeugsteuerrechtlich um einen Pkw. Da bei dem Fahrzeug die zur Personenbeförderung dienende Bodenfläche größer ist als die Hälfte der gesamten Nutzfläche des Fahrzeugs, ist der Land Rover Defender 130 Crew Cab schon allein deshalb als vorrangig zur Personenbeförderung ausgelegt und gebaut anzusehen.

 

Normenkette

KraftStG § 9 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c, §§ 9a, 12 Abs. 2 Nr. 4; AO § 173 Abs. 1 Nr. 2

 

Tatbestand

Streitig ist, ob das Finanzamt es zu Recht abgelehnt hat, das Kraftfahrzeug des Klägers rückwirkend ab 01.05.2005 als Lkw zu besteuern, entgegen der Einstufung des Fahrzeugs als Pkw in den bestandskräftigen Kraftfahrzeugsteuerbescheiden vom 08.08.2005 und vom 03.07.2007.

Der Kläger ist seit dem xx.xx.2000 (Tag der Erstzulassung) Halter des streitgegenständlichen Pick-up-Fahrzeugs mit Doppelkabine Land Rover (GB) Defender 130 Crew Cab mit dem amtlichen Kennzeichen B . Aus dem vorliegenden Fahrzeugschein ergeben sich die verkehrsrechtliche Fahrzeugart "Lkw Plane u. Spriegel", verbunden mit der (Lkw-)Schadstoffschlüsselnummer 53 (Ziffer 1, Stellen 5 und 6) und u. a. folgende weitere Daten: Dieselmotor, Hubraum 2495 cm, Leergewicht 2197 kg, zul. Gesamtgewicht 3500 kg, Höchstgeschwindigkeit 130 km/h, 5 Sitzplätze (einschl. Fahrersitz). (Fn. 1)

Entsprechend den von der Zulassungsstelle im Datenträgeraustausch übermittelten Daten setzte das Finanzamt mit Kraftfahrzeugsteuer(erst)bescheid vom 25.08.2000 eine Jahressteuer in Höhe von 412,00 DM für die Zeit ab 08.08.2000 fest.

Mit Änderungsbescheid vom 08.08.2005 - gestützt auf § 12 Abs. 2 Nr. 1 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes -KraftStG- - stufte das Finanzamt den Pick-up rückwirkend ab 01.05.2005 nunmehr als Pkw ein und besteuerte ihn dementsprechend nach Hubraum und Schadstoffausstoß (Emissionsschlüssel 29). Die Jahressteuer erhöhte sich dadurch auf 683,00 € (27,35 € je angefangene 100 cm). Zur Begründung heißt es in dem Bescheid unter "Sonstige Erläuterungen":

"Die Besteuerungsgrundlagen für Ihr Fahrzeug haben sich infolge der Aufhebung des § 23 Abs. 6 a StVZO zum 01.05.2005 geändert. Die Besteuerung richtet sich ab diesem Stichtag ausschließlich nach objektiven Beschaffenheitskriterien, insbesondere nach Bauart, Einrichtung und äußerem Erscheinungsbild des Fahrzeugs. Bei hiernach vorrangig zur Personenbeförderung ausgelegten und gebauten Fahrzeugen (z. B. Geländewagen, Großraumlimousinen, Kleinbusse, Pickups) ist die Steuer nach dem Hubraum und den Schadstoffemissionen zu bemessen."

Laut Aktenvermerk wurde das Fahrzeug am 11.08.2005 beim Finanzamt zur Besichtigung vorgefahren. Hierbei wurde die Fläche des Ladeteils des viertürigen Fahrzeugs mit (167 cm x 155 cm =) 2,58 m und die der Personenbeförderung dienende Fläche mit (205 cm x 140 cm =) 2,87 m gemessen.

Mit erneut geändertem Bescheid vom 03.07.2007 wurde die Kraftfahrzeugsteuer für das Fahrzeug des Klägers ab 01.04.2007 auf jährlich 713,00 € heraufgesetzt, auf der Grundlage eines Steuersatzes von 28,55 €/100 cm gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c KraftStG i.V.m. § 9a KraftStG. Unter "Sonstige Erläuterungen" heißt es:

"Die Steuer für Ihr Fahrzeug erhöht sich nach § 9a Kraftfahrzeugsteuergesetz ab 01.04.2007 um 1,20 € je angefangene 100 cm, weil es nicht mit Partikelminderungstechnik ausgerüstet ist (Viertes Gesetz zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes vom 24.03.2007, BGBl. I Seite 356). … "

Laut Aktenvermerk des zuständigen Sachbearbeiters vom 01.08.2008 sprach der Kläger am 28.07.2008 erneut beim Finanzamt vor, um eine Berichtigung der Fahrzeugart zu erwirken. Hierbei wurde das Fahrzeug wiederum in Augenschein genommen, geprüft und fotografiert. Bei einem neuen Aufmaß wurden für den Ladeteil eine Fläche (172 cm x 166 cm =) 2,86 m und für die Personenfläche (201 cm x 140 cm =) 2,81 m gemessen.

Der schriftliche Antrag des Klägers vom 18.08.2008 auf Änderung des Kfz-Steuerbescheides vom 03.07.2007, hier konkret auf Änderung der Fahrzeugart vom "Pkw" zum "Lkw", wurde vom Finanzamt am 20.08.2008 abgelehnt . Der angegriffene Kraftfahrzeugsteuerbescheid sei sowohl inhaltlich als auch formell korrekt ergangen. Zutreffend sei der Land Rover Defender 130 Crew Cap kraftfahrzeugsteuerrechtlich als Pkw eingestuft worden.

Gegen diesen Ablehnungsbescheid legte der Kläger, vertreten durch den Prozessbevollmächtigten, am 03.09.2008 Einspruch ein. Dieser beantragte, den Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 08.08.2005, geändert durch den Bescheid vom 03.07.2007, sowie den Bescheid vom 20.08.2008 dahingehend zu ändern, dass die Steuerfestsetzung rückwirkend nach den Grundsätzen der Gewichtsbesteuerung für Lkw erfolgt. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt:

Im Kraftfahrzeugsteuerrecht...

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