Entscheidungsstichwort (Thema)

Anrufungsauskunft § 42e EStG, Statthafte Klageart; Zufluss von Arbeitslohn und Lohnsteuereinbehalt bei einem FLEXI-Modell zur flexiblen Arbeitszeitregelung

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Die Klage gegen eine erteilte Anrufungsauskunft nach § 42e EStG, mit der eine Aufhebung und Neubescheidung beantragt wird, ist als Verpflichtungsklage statthaft.

2) Bei einem Modell zur flexiblen Arbeitszeitregelung kommt es nicht zu einer Verschiebung der Lohnbesteuerung von der Ansparphase (Gutschrift auf dem FLEXI-Konto) auf die sog. Entnahmephase (Verwendung des FLEXI-Kontoguthabens), wenn der Arbeitnehmer schon in der Ansparphase die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Werte auf dem FLEXI-Konto erhält.

 

Normenkette

EStG § 38 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1, §§ 42e, 11 Abs. 1

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit einer erteilten Anrufungsauskunft nach § 42e Einkommensteuergesetz (EStG) streitig.

Die Klägerin (Klin.) ist eine im Jahr 1994 gegründete juristische Person des Privatrechts. Sie beschäftigt Arbeitnehmer, denen sie ein Modell zur flexiblen Arbeitszeitregelung (sog. FLEXI-Modell) auf freiwilliger Basis anzubieten beabsichtigt.

Hierfür soll zwischen der Klin. und ihren Arbeitnehmern eine Ergänzungsvereinbarung (ErgV) zum Arbeitsvertrag über die Teilnahme des Arbeitnehmers an einer flexiblen Arbeitszeitregelung abgeschlossen werden. Die Vereinbarung gilt bis zum 31.12. des auf das Jahr des Abschlusses folgenden Kalenderjahres und verlängert sich um ein weiteres Jahr, sofern sie nicht gekündigt wird. Die Vertragsbeteiligten sind sich darüber einig, dass das FLEXI-Modell keine sonstige flexible Arbeitszeitregelung im Sinne des Sozialversicherungsrechts gem. § 7b Sozialgesetzbuch Buch IV (SGB IV) ist.

Nach § 1 ErgV darf der einzelne Arbeitnehmer während der Laufzeit der Vereinbarung auf die Auszahlung von bis zu 25 % seines laufenden monatlichen Grundgehaltes sowie von bis zu 100 % der sonstigen Lohnbestandteile (z.B. Boni, Sonderzahlungen, vermögenswirksame Leistungen, Sachbezüge, Vergütung für Überstunden) verzichten. Die vom Verzicht erfassten Beträge werden von der Klin. in ein für den Arbeitnehmer eingerichtetes, in Geldeinheiten geführtes FLEXI-Konto eingestellt. Die Gutschrift auf dem FLEXI-Konto erfolgt in dem Zeitpunkt, in dem die Lohnansprüche des Arbeitnehmers zahlungsfällig gewesen wären (vgl. § 3 Abs. 1 ErgV). Sie umfasst den jeweiligen Vergütungsbestandteil nach Abzug aller Sozialversicherungsbeiträge, allerdings vor Steuern (vgl. § 1 Abs. 2, § 3 Abs. 3 ErgV).

Nach § 4 ErgV hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf befristete Reduzierung seiner Arbeitsleistung unter Verwendung des Guthabens auf dem FLEXI-Konto. Die ErgV sieht vor, dass bis zu einem Monat eine vollständige Freistellung von der Arbeitsleistung vom Arbeitnehmer beansprucht werden kann. Diese Reduzierung der Arbeitsleistung kann insbesondere bei saisonalen oder konjunkturellen Auftragseinbrüchen zur Optimierung betrieblicher Produktionen und Arbeitszyklen auch auf Wunsch und Anregung des Arbeitgebers erfolgen (vgl. 4 Abs. 3 ErgV). Der Arbeitgeber kann nicht einseitig die Verwendung des FLEXI-Kontoguthabens anordnen.

Für den Fall, dass sich der Arbeitnehmer sein FLEXI-Guthaben ganz oder teilweise auszahlen lassen will, muss er dies gegenüber der Klin. spätestens einen Monat vor dem gewünschten Auszahlungstermin beantragen (vgl. § 4 Abs. 13 ErgV). Sie entscheidet über die vom Arbeitnehmer beantragte Auszahlung unter angemessener Berücksichtigung der Interessen des Arbeitnehmers. Die Zustimmung zur Auszahlung darf die Klin. nicht verweigern, wenn der Arbeitnehmer zuvor glaubhaft gemacht hat, dass die zur Auszahlung beantragten Mittel zur Abwendung oder Heilung einer wirtschaftlichen Notlage vom Arbeitnehmer benötigt werden.

Zur Absicherung und Finanzierung der sich aus dem FLEXI-Konto ergebenden Ansprüche des Arbeitnehmers richtet die Klin. bei der A Bank C D E GmbH (nachfolgend: ABCDE) ein Vermögensverwaltungsdepot ein. Alle Rechte aus dem Vermögensverwaltungsdepot stehen ausschließlich der Klin. zu. Zur Absicherung der Ansprüche des Arbeitnehmers aus dem Flexi-Konto verpfändet die Klin. ihre Rechte und Ansprüche aus den Fondsanteilen im Vermögensverwaltungsdepot zugunsten des Arbeitnehmers.

Die Kin. verpflichtet sich nach § 6 Abs. 1 ErgV, für jede Gutschrift auf das FLEXI-Konto eine Geldzahlung in gleicher Höhe in das Vermögensverwaltungsdepot vorzunehmen. Die Einzahlung durch die Klin. erfolgt bei Fälligkeit des von ihr einbehaltenen und nicht zur Auszahlung gelangten Betrages des Arbeitslohnes des einzelnen Arbeitnehmers. Der Einzahlungsbetrag bemisst sich nach § 6 ErgV nach dem Bruttowert des eingestellten Anspruchs nach Abzug aller Kosten einschließlich aller Anlagegebühren. Ferner sieht § 6 Abs. 1 ErgV vor, dass bei Reduzierung des FLEXI-Guthabens durch Anrechnung die Klin. berechtigt ist, ihrerseits einen entsprechenden Betrag aus dem Depot bei der ABCDE zu entnehmen.

Das bei der ABCDE geführte Vermögensv...

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