Entscheidungsstichwort (Thema)

Gestaltungsmissbrauch durch Übernahme von Verbindlichkeiten

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Die Einbringung von Verbindlichkeiten in eine GbR, die allein dem Zweck dient, bislang nicht abzugsfähige Ausgaben in den steuerlich relevanten Bereich zu verlagern, ist rechtsmissbräuchlich i.S. des § 42 AO.

2) Aufwendungen im Zusammenhang mit diesen Verbindlichkeiten bleiben steuerlich unberücksichtigt.

 

Normenkette

AO § 42; EStG § 9 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 18.10.2011; Aktenzeichen IX R 15/11)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob im Zusammenhang mit der Übertragung von Grundbesitz die Übernahme von privat veranlassten Darlehensverbindlichkeiten durch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu Anschaffungskosten führt und hieraus berechnete Absetzungen für Abnutzung (Afa) sowie damit zusammenhängende Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abzugsfähig sind.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Sie wurde mit notarieller Urkunde vom 19.02.2003 gegründet. Beteiligt an ihr sind Herr D. A. mit 10 % und Frau B. C.-A. mit 90 %. Zweck der Gesellschaft ist die Fremdvermietung des Mehrfamilienhauses E.-Str. 02 in F.. Das Grundstück stand zuvor im Alleineigentum des Gesellschafters D. A.. Der Einbringungsvertrag vom 19.02.2003 bestimmt, dass das Grundstück E.-Str. 02 mit den darauf lastenden Grundschulden und Hypotheken in die Gesellschaft zur gesamten Hand eingebracht wird.

Mit dem notariellen Einbringungsvertrag vom 19.02.2003 brachte der Gesellschafter D. A. folgende Darlehen in die Klägerin ein:

  1. Sparkasse F. Darlehens-Nr. 000000001 über ursprünglich 20.000 DM (10.255,84 EUR) mit einer Darlehensvaluta von 7.973,70 EUR zum 19.02.2003,
  2. Sparkasse F. Darlehens-Nr. 000000002 über ursprünglich 12.000 DM (6.135 EUR) mit einer Darlehensvaluta von 4.832,30 EUR zum 19.02.2003,
  3. Sparkasse F. Darlehens-Nr. 000000003 über ursprünglich 40.000 DM (20.451,68 EUR) mit einer Darlehensvaluta von 18.761,72 EUR zum 19.02.2003,
  4. Sparkasse F., Darlehens-Nr. 000000004 über ursprünglich 140.000 DM (71.580,86 EUR) mit einer Darlehensvaluta von 66.369,78 EUR zum 19.02.2003,
  5. G. Darlehens-Nr. D 00000005/0005 in Höhe von 30.000 DM (15.338,75 EUR),
  6. G. Darlehens-Nr. D 00000006/0006 in Höhe von 75.000 DM (38.346,89 EUR).

Das Darlehen bei der Sparkasse F., Darlehens-Nr. 000000004 über ursprünglich 140.000 DM (71.580,86 EUR) und das Darlehen bei der G. Darlehens-Nr. D 00000006/0006 in Höhe von 75.000 DM (38.346,89 EUR) waren 1999 von dem Gesellschafter D. A. zur Finanzierung der selbst genutzten Immobilie E.-Str. 01 in F. aufgenommen worden. Das Einfamilienhaus E.-Str. 01 steht weiterhin im Alleineigentum des Gesellschafters D. A.. Die Darlehen, die im Zusammenhang mit dem privat genutzten Einfamilienhaus standen, wurden auf die Klägerin umgeschrieben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Einbringungsvertrags vom 19.02.2003 und auf die Kopien zur Umschreibung der Darlehen verwiesen, die sich in den beigezogenen Verwaltungsvorgängen befinden.

Im Rahmen der Steuererklärung 2003 wurde der Verkehrswert des bebauten Grundstücks E.-Str. 02 mit 300.000 EUR angegeben, wovon 87.300 EUR (29,1 %) auf den Grund und Boden und 212.700 EUR (70,9 %) auf das Gebäude entfallen. Auf Grund der Darle-henseinbringung lt. Einbringungsvertrag in Höhe von 151.623,14 EUR zuzüglich Notarkosten von 986,30 EUR und Grundbucheintragung von 193,50 EUR also insgesamt 152.802,94 EUR wurde für die Gesellschafterin B. C.-A. in Höhe von 50,94 % (152.802 EUR zu 300.000 EUR) ein entgeltlicher und zu 49,06 % ein unentgeltlicher Erwerb steuerlich erklärt.

Auf dieser Basis wurde die Afa berechnet und zwar für 2003 mit 1.779 EUR (10 Monate) und für 2004 mit 2.136 EUR. Wegen der weiteren Einzelheiten werden auf die Anlagen zu den Steuererklärungen verwiesen, die sich in den beigezogenen Verwaltungsvorgängen befinden. Die Schuldzinsen ab dem 19.02.2003 wurden in der Steuererklärung 2003 wie folgt als Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung erklärt:

G. 00000005/0005

703,00 EUR

G. 00000006/0006

1.757,60 EUR

Sparkasse Konto 000000001

414,89 EUR

Sparkasse Konto 000000002

251,84 EUR

Sparkasse Konto 000000003

943,54 EUR

Sparkasse Konto 000000004

3.339,35 EUR

gesamt

7.409,92 EUR.

In der Steuererklärung 2004 wurden folgende Schuldzinsen erklärt:

G. 00000005/0005

843,60 EUR

G. 00000006/0006

2.109,12 EUR

Sparkasse Konto 000000001

439,14 EUR

Sparkasse Konto 000000002

266,36 EUR

Sparkasse Konto 000000003

955,61 EUR

Sparkasse Konto 000000004

3.387,68 EUR

gesamt

8.001,51 EUR.

Der Beklagte sah teilweise in der Darlehensübernahme keinen Anschaffungsvorgang und ließ in den Feststellungsbescheiden für 2003 vom 18.03.2005 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 15.06.2005 und für 2004 vom 18.11.2005 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 06.07.2006 weder die Schuldzinsen der Darlehen bei der Sparkasse F. Nr. 000000004 und der G. Nr. 00000006/0006 noch die höheren Afa-Beträge für 2003 als Werbungskosten zum Abzug zu,...

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