Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen für Steuerfreiheit von innergemeinschaftlichen Kraftfahrzeuglieferungen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Nachweis der innergemeinschaftlichen Lieferung nach § 6a Abs. 3 UStG 1999 i. V. m. § 17c Abs. 1 UStDV ist als geführt anzusehen, wenn sich aus der Gesamtheit der Buchführungsvorgänge die jeweilige innergemeinschaftliche Lieferung eindeutig und leicht ergibt.

2. Legt der Unternehmer in Zusammenhang mit einer innergemeinschaftliche Kfz-Lieferung Kaufvertrag, Verbringungserklärung, Vollmacht mit Briefkopf der erwerbenden Firma und Ausweiskopien vor, so dass sich die Berechtigung des Abholenden eindeutig nachvollziehen lässt, genügt dies den Anforderungen an den Buchnachweis nach § 6a UStG i. V. m. § 17c UStDV 1999.

3. Enthält die bei einer innergemeinschaftlichen Kfz-Lieferung vom Abholenden vorgelegte Bevollmächtigung kein Datum, wird dem Erfordernis des Buchnachweises gleichwohl genügt, wenn in der mit dem Briefkopf der Firma sowie mit einem Firmenstempel versehenen Vollmacht die Fahrgestellnummer des abzuholenden Pkw aufgenommen ist.

4. Ist die Nichtübereinstimmung der Unterschriften auf Kaufvertrag, Verbringungserklärung und der Ausweiskopie so offensichtlich, dass Zweifel an der Identität und der Berechtigung des Abholers bestehen, ist die Voraussetzung für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 1 Buchst. b i. V. m. § 6a UStG nicht nachgewiesen. Eine Berufung auf den Gutglaubensschutz nach § 6a Abs. 4 UStG scheidet im Falle der Nichterbringung der Nachweispflichten aus.

 

Normenkette

UStG 1999 § 6a Abs. 4, 1, 3, § 4 Nr. 1 Buchst. b; UStDV 1999 §§ 17a, 17c

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 03.08.2009; Aktenzeichen XI B 79/08)

 

Tenor

1. Unter Änderung der Umsatzsteuerbescheide 2000 und 2001 jeweils vom 18. Februar 2003, geändert durch Änderungsbescheide jeweils vom 12. Mai 2004 und 22. Juni 2004 (2000) und 25. August 2005 (2001) wird die Umsatzsteuer für 2000 auf einen Negativbetrag von 95.422,44 EUR, die Umsatzsteuer für 2001 auf einen negativen Betrag von 107.870,86 EUR festgesetzt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 17 %, der Beklagte zu 83 %.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Koste des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist die Steuerfreiheit von innergemeinschaftlichen Kraftfahrzeuglieferungen.

Der Kläger betreibt im Inland einen Kfz-Handel. Im Rahmen einer beim Kläger durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung wurden für Kfz-Lieferungen im Jahre 2000 (10 Kfz, Umsätze in Höhe von 648.734 DM) an die Firmen A (Belgien), B (England), C (England), D (Frankreich), E (Barcelona), F (Italien), G (Schweden), H (Schweden) und I (Luxemburg) sowie im Jahre 2001 (2 Kfz; Umsätze in Höhe von 154.000 DM) an die Firmen J (Belgien) und H (Schweden) die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit nach den Vorschriften der §§ 4 Nr. 1 b i. V. m 6 a UStG nicht anerkannt, weil es am erforderlichen Buchnachweis fehle. Zwar konnte der Prüfer, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist, in allen Fällen feststellen, dass der Kläger qualifizierte Abfragen beim Bundesamt der Finanzen (BfF) durchführte und positive Antworten darauf erhielt. Die Prüfungsermittlungen ergaben auch, dass hinsichtlich aller Autoverkäufe die entsprechenden Kaufverträge, Verbringungserklärungen und – im Falle der Abholung durch einen Dritten – Vollmachten zu den Buchhaltungsunterlagen genommen wurden. Der Kläger habe es aber – nach den Feststellungen des Prüfers – insbesondere unterlassen, in der Buchhaltung festzuhalten, dass die Erwerber laut Kaufvertrag, bei denen es sich nach den Ermittlungen zum Teil um Scheinunternehmen handelte, die tatsächlichen Abnehmer waren, und die erteilten Vollmachten tatsächlich Wirksamkeit hatten. Hinsichtlich der Einzelheiten der Prüfungsfeststellungen wird insbesondere auf die Anlage zum Prüfungsbericht vom 7. April 2004 verwiesen.

Gegen die, aufgrund des zunächst ergangenen Zwischenberichts vom 29. Januar 2003, geänderten Bescheide vom 18. Februar 2003 über Umsatzsteuer 2000 und 2001 erhob der Prozessbevollmächtigte des Klägers Einspruch. Er wandte sich gegen die Versagung der Steuerfreiheit für die innergemeinschaftlichen Lieferungen und machte insoweit die Anwendung der Vertrauensschutzregelung des § 6 a Abs. 4 UStG geltend. Die Einsprüche gegen die, aufgrund des endgültigen Berichts, wiederholt geänderten Umsatzsteuerbescheide vom 12. Mai 2004 (2000) und 22. Juni 2004 (2001) blieben ohne Erfolg. Der Kläger habe es – nach Ansicht des Finanzamts – insbesondere unterlassen, sich unter Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns im erforderlichen Umfang über die zur Geschäftsführung befugten Personen seiner Geschäftspartner bzw. über die Gültigkeit von an die Abholer der Kfz erteilten Vollmachten zu informieren und damit die bei Abholl...

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