Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsausgabenabzug für im laufenden Wirtschaftsjahr vor dem 20.12. fällig gewordene und erst im Folgejahr bis zum 10. Januar bezahlte Umsatzsteuervoranmeldungen bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Umsatzsteuervorauszahlungen für das laufende Wirtschaftsjahr, die zwar im Folgejahr innerhalb des 10-Tages-Zeitraums des § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG in Verbindung mit § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG bezahlt worden, aber im laufenden Wirtschaftsjahr außerhalb des 10-Tageszeitraums fällig geworden sind, sind bei Gewinnermittlung durch Einnahme-Überschuss-Rechnung erst im Folgejahr, und nicht schon im laufenden Wirtschaftsjahr als Betriebsausgabe anzuerkennen (im Streitfall: Umsatzsteuervoranmeldungen für einzelne Monate, die im laufenden Jahr bereits vor dem 20.12. fällig waren und im Folgejahr bis zum 10. Januar beglichen worden sind).

2. Eine Fälligkeit kurz vor Beginn oder nach Ende des Kalenderjahres der wirtschaftlichen Zugehörigkeit der Ausgaben wird in der Rechtsprechung als einschränkende Voraussetzung für eine vom tatsächlichen Zahlungsjahr abweichende Zuordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG in Verbindung mit § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG erachtet. Insoweit sind bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG Nachzahlungen zum Jahreswechsel, die nicht kurz vorher oder nachher fällig sind, im Jahr der Zahlung zu berücksichtigen.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 3 S. 1, Abs. 4, § 11 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 Sätze 1-2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 16.02.2022; Aktenzeichen X R 2/21)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, inwieweit die Umsatzsteuervorauszahlungen für die Monate Mai, Juni und Juli 2017 (05 bis 07/2017) in Höhe von EUR, die am 09.01.2018 an das Finanzamt (FA) bezahlt wurden, noch im Veranlagungsjahr 2017 als Betriebsausgaben zum Abzug zu bringen sind.

Der Kläger betrieb im Jahr 2017 ein Einzelunternehmen. Hieraus erzielte der Kläger Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 15 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) und unterlag mit diesem Gewerbebetrieb der Gewerbesteuer nach § 2 Abs. 1 Gewerbesteuergesetz (GewStG).

Mit der am 05.10.2018 an das FA übermittelten Steuererklärung erklärte der Kläger einen steuerlichen Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 94.567,91 EUR. In der eingereichten Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG zum 31. Dezember 2017 waren als Betriebsausgaben Umsatzsteuerzahlungen in Höhe von 25.375,97 EUR enthalten. Nach den beim FA gespeicherten Erhebungsdaten konnten als Betriebsausgaben nur 21.375,97 EUR für 2017 berücksichtigt werden. Der Gewinn aus Gewerbebetrieb wurde dementsprechend um die Differenz in Höhe von 4.000 EUR – von 94.567,01 EUR auf 98.567,91 EUR – erhöht.

Die insoweit abweichenden Bescheide über Einkommensteuer für 2017 gegen die Kläger und über den Gewerbesteuermessbetrag gegen den Kläger ergingen am 26.02.2019. .

Nachdem das FA jeweils am 17.04.2019 Teilabhilfebescheide hinsichtlich nicht weiter streitbefangener Punkte erlassen hatte, wies das FA jeweils mit Einspruchsentscheidung vom 30.09.2019 die Einsprüche als unbegründet zurück. Mit Schreiben jeweils vom 30.10.2019 erklärten die Kläger, dass sie nur noch die Umsatzsteuervorauszahlungen 05 bis 07/17 in Höhe von 3.047 EUR weiterverfolgen.

Die am 31.10.2019 erhobenen Klagen gegen den Einkommensteuerbescheid 2017 und den Gewerbesteuermessbetragsbescheid wurden mit Beschluss vom 23.Juli 2020 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und unter dem Az.: 15 K 2604/19 fortgeführt. Zur Begründung ihrer Klage tragen die Kläger vor, dass Betriebsausgaben grundsätzlich in dem Kalenderjahr abzusetzen seien, in dem sie geleistet worden seien (§ 11 Abs. 2 Satz 1 EStG). Ausnahmsweise könnten regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, die kurze Zeit (bis zu 10 Tage) vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres anfallen, in dem Jahr berücksichtigt werden, in dem sie wirtschaftlich entstanden sind. Umsatzsteuervorauszahlungen seien unstrittig solche regelmäßig wiederkehrenden Ausgaben. Allerdings komme die Vorschrift des § 11 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG nur zur Anwendung, wenn die Fälligkeit und die Zahlung innerhalb kurzer Zeit liegen. Unstreitig sei, dass die streitigen Umsatzsteuervorauszahlungen innerhalb kurzer Zeit geleistet worden seien (Zahlungszeitpunkt 09.01.2018). Bei den noch strittigen Umsatzsteuervorauszahlungen für Mai 2017, Juni 2017 und Juli 2017 in Höhe von insgesamt 3.047 EUR liege – was nicht weiter streitig sei – die Fälligkeit nicht innerhalb kurzer Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres.

Allerdings habe es der Bundesfinanzhof – BFH – in seinem Urteil vom 27.06.2018 (Az.: X R 44/16 Rz. 12) ausdrücklich offengelassen, ob auch die Fälligkeit der Zahlung innerhalb kurzer Zeit, d.h. innerhalb von 10 Tagen nach Ablauf des Kalenderjahres liegen müsse. Das Finanzgericht Köln habe in seinem Urteil vom 24.09.2015 Az.: 15 K 3676/13 (EFG 2016, 230 zu Nr. 3) die Fälligkeit ...

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