Entscheidungsstichwort (Thema)

Beförderungsabsicht beim Beladen für das Vorliegen eines EU-Binnentransports entscheidend. Anwendung der Zollvorschriften auf die Einfuhrumsatzsteuer. Kabotage. Zoll. Einfuhrumsatzsteuer. Beschlagnahme eines Lkw-Gespanns

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Für die Beurteilung, ob ein EU-Binnentransport vorliegt, kommt es grundsätzlich auf die im Zeitpunkt der Beladung des LKW beabsichtigte Güterbeförderung an. Eine Beendigung gegen den Willen des Beförderers – hier durch Beschlagnahme des LKW-Gespanns – ist insoweit ohne Bedeutung.

2. Die Zollvorschriften sind auf die Einfuhrumsatzsteuer (EUSt) sinngemäß mit der Maßgabe anzuwenden, dass der zollrechtliche Begriff „Zollgebiet der Gemeinschaft” jeweils dem EUSt-rechtlichen Begriff „Inland und österreichische Gebiete Jungholz und Mittelberg” entspricht.

 

Normenkette

EWGV 2913/92 Art. 87 Abs. 2, Art. 204 Abs. 1 Buchst. a; ZK Art. 87 Abs. 2, Art. 204 Abs. 1 Buchst. a; EWGV 2454/93 Art. 558 Abs. 1 Buchst. c; ZKDV Art. 558 Abs. 1 Buchst. c; UStG 1999 § 1 Abs. 1 Nr. 4

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 23.05.2006; Aktenzeichen VII R 49/05)

BFH (Beschluss vom 23.05.2006; Aktenzeichen VII B 226/05)

 

Tenor

1. Unter Änderung des Steuerbescheids vom 11. März 2004 und der Einspruchsentscheidung werden die Einfuhrabgaben auf 5.870 EUR Zoll herabgesetzt. Im Übrigen wird die Klage gegen den Steuerbescheid abgewiesen.

2. Die Beschlagnahmebescheide vom 11. März 2004 betr. die Sattelzugmaschine DAF werden aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage gegen die Beschlagnahmebescheide abgewiesen.

3. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte zu ¾ und die Klägerin zu ¼.

4. Die Revision wird hinsichtlich der streitgegenständlichen Einfuhrumsatzsteuer und der insoweit erfolgten Beschlagnahme zugelassen.

5. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob mit einem bulgarischen Lkw-Gespann ein unzulässiger Binnentransport durchgeführt wurde.

Anlässlich einer Kontrolle des Bundesamt für Güterkraftverkehr am 10. März 2004 auf der Ausfuhrseite des Zollamts-Autobahn wurde festgestellt, dass das in Bulgarien auf die Klägerin zugelassene Lkw-Gespann (Kennzeichen: …) in … eine elektronisch gesteuerte Werkzeugmaschine geladen hatte, um sie mit Carnet TIR ohne CEMT-Genehmigung zu einer Messe nach, Athen, zu befördern. Der Fahrer legte eine Einzelfahrtgenehmigung Nr. … und einen CMR-Frachtbrief vor.

Daraufhin forderte das Zollamt-Autobahn (ZA) mit Steuerbescheid vom 11. März 2004 für dieses Lkw-Gespann 5.870 EUR Zoll und 8.139,20 EUR Einfuhrumsatzsteuer (EUSt) von der Klägerin an. Mit Bescheiden vom 11. März 2004 beschlagnahmte das ZA die Sattelzugmaschine, den Auflieger, die Kfz-Schlüssel, die Fahrzeugpapiere sowie die Kennzeichen.

Nach erfolglosem Einspruch gegen diese Maßnahmen erhob die Klägerin gegen die Einspruchsentscheidung vom 16. August 2004 zum Steuerbescheid sowie gegen die Beschlagnahme Klage, mit der sie im Wesentlichen Folgendes geltend macht: Der str. Transport habe Messegut betroffen, für das nach Art. 9 Abs. 1 Nr. 4 des Staatsvertrags zwischen Deutschland und Bulgarien eine CEMT-Genehmigung nicht erforderlich sei. Die Konferenz der Europäischen Transportministerien sehe in der Resolution CEMT/CM 2000 vor, dass nichtkommerzielle Transporte und Kunstobjekte und Objekte für Messen und Ausstellungen liberalisiert seien. Dahinter stünde der Gedanke, dass der Transport von Messegut, der nicht zu Verkaufszwecken erfolge, von der Genehmigungspflicht befreit sei. Dies würde durch den vorgelegten E-Mail-Verkehr mit der OECD bestätigt, wonach für Messegut eine CEMT-Genehmigung nicht erforderlich sei. Das vorgelegte Carnet-TIR sei als Nachweis für die vorübergehende Ausfuhr von Messe- und Ausstellungsgut mit der Begründung nicht anerkannt worden, dass die Wiedereinfuhr des Ausstellungsguts nicht gesichert und überwacht werden könne. Die Klägerin legte eine Bestätigung der Firma K GmbH vom 24. November 2004 vor, dass das str. Transportgut wieder zurückgebracht und am 29. März 2004 auf der Messe Holzhandwerk in eingetroffen sei. Der deutsche und der bulgarische Verkehrsminister hätten mit Schreiben vom 13. Juli 2004 anerkannt, dass für die Fahrt in Deutschland jedenfalls eine gültige Genehmigung vorgelegen hätte. Daher bestünde keine Rechtsgrundlage für die Beschlagnahme des Lkws.

Die Klägerin beantragt,

den Steuerbescheid vom 11. März 2004 und die Einspruchsentscheidung (EE) sowie die Beschlagnahme des Lkw-Gespanns aufzuheben.

Das Hauptzollamt beantragt

Klageabweisung

und bezieht sich im Wesentlichen auf die Ausführungen in der EE. Die CEMT-Genehmigung sei erforderlich zur Durchführung von Beförderungen im gewerblichen Straßengüterverkehr, bei denen Be- und Entladeort in zwei unterschiedlichen der dem Abkommen angeschlossenen europäischen Staaten liegen. Der vor...

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