Revision eingelegt (BFH VII R 56/13)

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Energiesteuer: Energiesteuerentlastung für Biokraftstoffe

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Auslegung des Begriffs thermochemische Umwandlung in § 50 Abs. 5 Nr. 1 EnergieStG 2007 (heute § 50 Abs. 4 Nr. 1 EnergieStG).

 

Normenkette

EnergieStG § 50 Abs. 1 Nr. 3; EnergieStG 2007 § 50 Abs. 5 Nr. 1; EnergieStG § 50 Abs. 4 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 12.04.2016; Aktenzeichen VII R 56/13)

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Erstattung von Energiesteuer.

Die Klägerin, eine Mineralölgesellschaft, vertreibt einen von einem ... Mineralölunternehmen erworben Biokraftstoff mit der Bezeichnung XY (...) durch anteilige Beimischung in von ihr vertriebene Dieselkraftstoffe. Das Herstellungsverfahren von XY beschreibt sie wie folgt:

"Ausgangsprodukt zur Herstellung von XY sind Pflanzenöle aus Ölsaaten, vor allem Palmöl sowie ein geringer Anteil tierischer Fette.

Pflanzenöle und tierische Fette bestehen zu über 90 % aus verschiedenen Triglyceriden, also aus Stoffverbindungen, die aus den Bestandteilen Fettsäure und Glycerol bestehen.

Da zur Herstellung von Biokraftstoff zunächst die Abtrennung der weiteren Bestandteile erforderlich ist, werden die Ausgangsprodukte in der Regel zunächst vorbehandelt.

Die vorhandenen Triglyceride werden dann durch eine katalytische Reaktion mit Wasserstoff (Hydrierung), die bei Temperaturen von 320 °C bis 360 °C und bis zu 80 bar Druck einsetzt, in Kohlenwasserstoffe umgewandelt, wobei in Abhängigkeit von der thermischen Belastung und von der Auswahl des Katalysators die Spaltung der ursprünglichen Kohlenstoffkette in Moleküle mit kürzerer Kettenlänge erfolgt. Neben der Spaltung des Fettsäureglycerids (Hydrocracking) in Propan und Fettsäuren erfolgt durch Isomerisierung (Umwandlung von Molekülen, wobei eine Änderung der Atomfolge in ein anderes Isomer erfolgt) ein Umbau der Kettenstruktur. Ungesättigte Kohlenstoffverbindungen sowie Heteroatome, d. h. Atome, die kein Kohlenstoff oder Wasserstoff sind, werden dabei durch Einlagerung von Wasserstoff eliminiert. Endprodukte des Umwandlungsprozesses ist XY (Biodieselkraftstoff- CnH2n+2) einerseits und sonstige Bioprodukte andererseits (flüchtige Kohlenwasserstoffe, Wasser, H2)."

Am 29.12.2008 beantragte die Klägerin eine Steuerentlastung gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. Abs. 5 Nr. 1 EnergieStG in Höhe von ... € für ... l XY, welches von ihr im Kalenderjahr 2007 als Anteil von versteuerten Energieerzeugnissen unter Versteuerung zu dem Steuersatz von 470,40 €/1.000 l in Verkehr gebracht worden war. Zur Begründung führte sie aus, in Abgrenzung zu biochemischen Verfahren erfolge im Verfahren zur Herstellung von XY die thermochemische Umsetzung von Pflanzenölen und/oder tierischen Fetten mittels Wasser in Diesel und Beiprodukte. Es entstehe ein Produkt, das mit dem Eingangsstoff nicht mehr identisch sei. Es handele sich damit um ein aus Biomasse thermochemisch hergestelltes Syntheseprodukt.

Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 14.07.2010 ab. Bei der im Herstellungsprozess des Produkts XY durchgeführten Hydrierung von Pflanzenölen handele es sich nicht um eine thermochemische Umwandlung i. S. v. § 50 Abs. 5 Nr. 1 EnergieStG. Vielmehr liege ein physikalisch-chemisches Verfahren vor. Der Begriff thermochemische Umwandlung setze zwingend eine Vergasung der Biomasse als einen wesentlichen Verfahrensschritt voraus. Ein solcher Verfahrensschritt werde jedoch nicht durchgeführt.

Am 04.08.2010 legte die Klägerin Einspruch ein. Die Auslegung von § 50 Abs. 5 Nr. 1 EnergieStG durch den Beklagten sei nicht nachvollziehbar. In der Gesetzesbegründung heiße es, Biomasse-to-liquid (BtL)-Kraftstoffe seien besonders förderungswürdig. Im Streitfall handele es sich um eine Flüssigkeit, die aus Biomasse unter Zuführung von Wärme hergestellt werde. Weshalb die Vergasung ein wesentlicher Verfahrensschritt sein solle, sei nicht nachvollziehbar.

Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 01.02.2011 zurück. Zur Begründung führte er aus, unstreitig seien die Tatbestandsmerkmale "Biomasse" und "synthetische Kohlenwasserstoffgemische" bei dem Produkt XY erfüllt. Das Produkt sei jedoch nicht durch thermochemische Umwandlung gewonnen worden. "Umwandlung" sei jede chemische Reaktion. Diese sei jedoch nicht thermochemisch erfolgt. So gut wie alle chemischen Reaktionen zeigten eine Wärmetönung, das heißt, es werde bei der Reaktion Wärme verbraucht oder freigesetzt. "Thermochemische Umwandlung" als eine Umwandlung zu deuten, bei der Wärme frei oder verbraucht werde, mache keinen Sinn, weil damit das gesetzgeberische Ziel einer Bevorzugung bestimmter Verfahren unterlaufen würde. Nach einem Aufsatz der Universität Karlsruhe aus dem Oktober 2007 (Sachakte B Bl. 20) würden als thermochemische Verfahren solche bezeichnet, die einen thermochemischen Schritt wie eine Vergasung enthielten. Auch die Pyrolyse, bei der die Gewinnung eines flüssigen Produkts im Vordergrund stehe, sei als thermochemische Umwandlung anzusehen,...

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