Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Bestimmtheitserfordernis eines Antrags nach § 171 Abs. 8 AO

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Antrag auf Stromsteuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG hemmt die Festsetzungsverjährung auch dann, wenn er die zu befreiende Strommenge nicht beziffert, sofern die betreffende Anlage benannt oder bestimmbar ist.

 

Normenkette

AO § 171 Abs. 8, § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. a; StromStG § 9 Abs. 1 Nr. 3

 

Tatbestand

Die Klägerin ist ein stromerzeugendes Unternehmen, das in diesem Rechtsstreit die Erstattung von Stromsteuer für das Jahr 2001 für Strom aus 6 Deponiegaskraftwerken (A, B, C, D, E, F) begehrt. Der dort erzeugte Strom wäre nach den insoweit übereinstimmenden Erklärungen der Beteiligten gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 Stromgesetz (StromStG) in Höhe von EUR 139.716,92 steuerbefreit, sofern - worüber die Beteiligten allein streiten - die Klägerin rechtzeitig vor Eintritt der Festsetzungsverjährung einen entsprechenden Antrag gestellt hat.

  1. Am 27. Mai 2002 ging beim Beklagten die Stromsteueranmeldung der Klägerin für das Streitjahr 2001 ein. Aufgrund seiner Prüfungsanordnung vom 16. Mai 2003 begann der Beklagte am 04. Juni 2003 eine Außenprüfung für Stromsteuer des Streitjahres 2001 und Mineralölsteuer 2002. Der Prüfungsbericht wurde am 02. Juni 2005 erstellt. Die Klägerin beantragte (unter Bezugnahme auf ein Schreiben der Beklagten vom 10. Dezember 2004) mit Schreiben vom 15. Juli 2005 für die Jahre 1999 bis 2004 die Erstattung von Stromsteuer nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG. In diesem Schreiben nimmt die Klägerin Bezug auf Anlagen zu diesem Schreiben mit Angaben (nur) zu einzelnen BHKW-Anlagen (Anm.: BHKW = Blockheizkraftwerk).

    4. Am 02. Dezember 2005 teilte die Klägerin dem Beklagten per E-Mail mit, dass sie "analog" zu den im Antrag vom 15. Juli 2005 aufgeführten Anlagen und Verfahren eine entsprechende Antragstellung auch für ihre sechs Deponiegaskraftwerke beabsichtige. Aus zeitlichen Gründen sei es ihr noch nicht möglich gewesen, das erforderliche Mengengerüst einschließlich der Verbrauchsmuster erstellen zu lassen. Zum Jahresbeginn 2006 solle dies nachgeholt und der Antrag dann beim Beklagten eingereicht werden. Am 08. Dezember 2005 erließ der Beklagte unter Bezugnahme auf die Außenprüfung einen mit Rechtsmittelbelehrung versehenden Bescheid. Dieser Bescheid betrifft in seinem ersten Teil die Stromsteuer 2001.Der letzte Absatz dieses Teils lautet wie folgt:

    "Zu Abschnitt 3.10.2: Stromsteuerbefreiung gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG.. Mit Schreiben vom 22. Dezember 2004 haben Sie für das Jahr 2002 einen Erstattungsantrag für den in den KWK-Anlagen hergestellten und im räumlichen Zusammenhang entnommenen Strom gestellt. Dieser Antrag wurde mit Schreiben vom 15. Juli 2005 auf den Zeitraum 1999 bis 2004 ausgeweitet. Hinsichtlich Ihres Antrags auf Stromsteuerbefreiung gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG erhalten Sie einen gesonderten Bescheid."

    Der Bescheid enthält folgenden Vorläufigkeitsvermerk: "Hinsichtlich der angemeldeten Strommengen und Steuersätze erkläre ich den vorliegenden Steuerbescheid für vorläufig. Grund hierfür sind u.a. die zu erwartenden Korrekturen, die sich aufgrund des rollierenden Systems sowie der verspäteten Vorlage von Erlaubnisscheinen seitens der Kunden ergeben können. Desweiteren können sich Korrekturen aufgrund Ihres eingereicht Antrages bezüglich der Stromsteuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG (Abschnitt 3.10.2) sowie einer gegebenenfalls noch ausstehenden Beantragung für nicht vereinnahmte Stromsteuer (Abschnitt 3.10.1) ergeben."

  2. Die Klägerin schrieb mit Datum 23. Dezember 2005, beim Beklagten eingegangen am 27. Dezember 2005, unter Bezugnahme auf ihr Schreiben vom 15. Juli 2005: "Ergänzend zu dem mit o.g. Schreiben gestellten Antrag bitten wir um entsprechende Aufnahme der von uns betriebenen 6 Deponiegastkraftwerke in das Antragsverfahren. Aus zeitlichen Gründen war es uns bisher nicht möglich gewesen, die jeweils erforderlichen Mengegerüste einschl. der Verbrauchmuster durch den hierfür zuständigen Fachbereich in unserem Hause erstellen zu lassen. Wir planen, diese Unterlagen Anfang 2006 abschließend zu erstellen und bei Ihnen einzureichen."

    Mit ihrem Schreiben vom 07. Februar 2006 übersandte die Klägerin eine nach Kalenderjahren getrennte Aufstellung der Angaben zu den einzelnen Anlagen der für die Erstattung nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG und errechnete sich einen Erstattungsbetrag von EUR 216.526 für das Streitjahr.

  3. Mit Bescheid vom 24. August 2007 lehnte der Beklagte den Antrag auf Änderung der Steueranmeldung für das Jahr 2001 ab. Die Steueranmeldung für das Jahr 2001 sei im Rahmen einer Außenprüfung geprüft und durch Steuerbescheid vom 08. Dezember 2005 geändert worden. Dieser Bescheid sei im Januar 2006 unanfechtbar geworden, § 171 Abs. 4 Satz 1 Abgabenordnung (AO), und damit sei auch die Festsetzungsfrist abgelaufen für Sachverhalte, die der Vorläufigkeitsvermerk nicht betroffen habe. Das Schreiben der Klägerin vom 23. Dezember 2005 habe den Ablauf der F...

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