rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein ermäßigter Umsatzsteuersatz für behandelte Pferdestreu

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die Lieferung von Pferdestreu aus Flachs unterliegt nicht dem ermäßigten Umsatzsteuersatz gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG, da Flachs keine Getreidesorte i. S. der Zolltarif Position 1213 ist.
  2. Weiterhin stehen auch eine Beimischung ätherischer Öle und eine über ein bloßes Häckseln, Mahlen oder Pressen hinausgehende Behandlung der Steuerermäßigung entgegen.
 

Normenkette

UStG § 12 Abs. 2 Nr. 1

 

Streitjahr(e)

1996, 1997, 1998, 1999

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Lieferungen von Pferdestreu mit dem Regelsteuersatz oder ermäßigt zu besteuern sind.

Gegenstand des Unternehmens der Klägerin, die seit Beendigung der Liquidation im Oktober 2004 im Handelsregister gelöscht ist, war der Handel mit und der Vertrieb von Kunststofferzeugnissen für Verpackungen und andere Verwendungszwecke. Zu den vertriebenen Produkten gehören auch „Produkt A” und „Produkt A 2”, eine in Frankreich hergestellte Pferdestreu.

Die Klägerin nahm aus dem Bezug der Produkte einen Vorsteuerabzug von 7 % vor und berechnete die Lieferungen an inländische Kunden ebenfalls mit dem ermäßigten Steuersatz von 7 %.

Im Rahmen einer Betriebsprüfung – Bp – für die Streitjahre 1996 bis 1998 vertrat der Prüfer die Auffassung, die Umsätze der Klägerin mit den Produkten „Produkt A” und „Produkt A 2” unterlägen dem Regelsteuersatz. Steuerbegünstigt sei gem. § 12 Abs. 2 Nr. 1 des UmsatzsteuergesetzesUStG – i.V.m. Nr. 23 der Anlage 2 und dem Zolltarif Pos. 1213 „Stroh und Spreu von Getreide, roh, auch gehäckselt, gemahlen, gepresst oder in Form von Pellets”; diese Voraussetzungen seien hier nicht erfüllt. Bei Produkt A handele es sich nicht um Rohstroh, wie es beim Dreschen anfalle, d.h. der Trennung von Körnern und Stroh bei vollständigem Erhalt der Getreidestängel. Stattdessen entständen die A-Produkte durch eine Bearbeitung von Flachs in einer Schwinge. Auch dort würden zwar die Körner vom Stroh getrennt, dann aber außerdem die Flachsstängel gebrochen; der die Fasern umgebende Holzteil des Flachsstängels werde in seine einzelnen Bestandteile zerlegt, nämlich in kleinen Stücken abgespalten und von den Fasern getrennt. „Produkt A” sei somit eine Art Abfallprodukt der Leinenproduktion. Für das „Produkt A 2” scheide der Ansatz des ermäßigten Steuersatzes schon deshalb aus, weil ihm ätherische Öle zugesetzt würden; möglicherweise gelte das auch für das „Produkt A” selbst (s. Tz. 9 des Bp-Berichts vom 20.12.2000). Der Prüfer stützte seine Feststellungen zu Zusammensetzung und Herstellung der Pferdestreu auf entsprechende Auskünfte der LBp E-Stadt, der Fa. T-Landhandel und der Lehranstalt des Zolls, außerdem des französischen Herstellers, der Fa. „D-Group S.A.”.

Der Beklagte erließ auf der Grundlage des Bp-Berichtes geänderte Bescheide zur Umsatzsteuer 1996 bis 1998 (27.02.2001) und zur Umsatzsteuer 1999 (27.03.2001).

Die Klägerin legte gegen die Bescheide Einsprüche ein. Die Anwendung des Regelsteuersatzes möge für das „Produkt A 2” im Hinblick auf den Zusatz der Öle gerechtfertigt sein, nicht aber für das „Produkt A”; insoweit bestehe zwischen der Herstellung von Stroh und „Produkt A” kein wesentlicher Unterschied. Der Beklagte wies mit Verfügung vom 10.08.2001 darauf hin, dass der Hersteller in seinem Internet-Auftritt angebe, auch „Produkt A” mit natürlichen Ölen zu behandeln, dagegen mit Schreiben vom 15.11.2000 lediglich für das „Produkt A 2” einen Zusatz von Öl bestätigt habe. Die Klägerin möge daher die Inhaltsstoffe des „Produkt A” im Einzelnen nachweisen. Nach ergebnislosem Fristablauf wies der Beklagte die Einsprüche mit Entscheidung vom 31.10.2001 als unbegründet zurück. Im Hinblick auf die widersprüchlichen Angaben zur Zusammensetzung des „Produkt A” lasse sich nicht feststellen, dass das Produkt „roh”, ohne Behandlung mit ätherischen Ölen, verkauft werde. Die objektive Beweislast für die steuermindernde Tatsache trage die Klägerin. Seine – des Beklagten – Verpflichtung zur Sachverhaltsaufklärung sei begrenzt, weil die Klägerin ihren Mitwirkungspflichten nur unzureichend nachgekommen sei. Ob nach ausländischen Verwaltungsanweisungen der ermäßigte Steuersatz zu gewähren sei, könne dahinstehen.

Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage. Die Klägerin macht geltend, der Beklagte habe hinsichtlich der Zusammensetzung des „Produkt A” seiner Amtsermittlungspflicht nicht genügt. Auf den gerichtlichen Hinweis, dass Flachs, aus dem die Pferdestreu hier hergestellt werde, kein „Getreide” i.S. des Zolltarifes darstelle, hat die Klägerin ergänzt, die geringfügigen Unterschiede seien nicht entscheidungserheblich; beide Produkte könnten als Stroh in der Pferdehaltung verwendet werden. In Belgien und Frankreich werde – bei gleich lautendem Gesetzestext – „Produkt A” ermäßigt besteuert.

Die Klägerin beantragt,

die Umsatzsteuerbescheide 1996 bis 1998 vom 27.02.2001 und die Einspruchsentscheidung vom 31.10.2001 ersatzlos aufzuheben und die Umsatzsteuer 1999...

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