Entscheidungsstichwort (Thema)
Gestaltungsmissbrauch bei Arbeitszimmervermietung an Arbeitgeber; Mietzins als Arbeitslohn
Leitsatz (redaktionell)
- Vermieten der Geschäftsführer einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und seine Ehefrau einen im Keller ihres gemeinsamen Wohnhauses befindlichen Büroraum an den Arbeitgeber des Ehemannes, der den Raum nach entsprechender Ausstattung seinem Geschäftsführer wiederum zur Betreuung ortsansässiger Mandanten sowie für Arbeiten an Abenden und Wochenenden überlässt, so liegt hierin wegen des von den Mietvertragsparteien zumindest auch verfolgten vernünftigen wirtschaftlichen Zwecks keine rechtsmissbräuchliche Gestaltung.
- Die von dem Arbeitnehmer erzielten Mieteinnahmen können diesfalls nicht wegen der Subsidiarität der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung als Arbeitslohn behandelt werden, weil der zugrundeliegende Vertrag unabhängig vom Bestehen eines Dienstverhältnisses unter gleichen Bedingungen auch mit fremden Dritten hätte geschlossen werden können.
Normenkette
EStG §§ 19, 21 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3; AO § 42
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die steuerliche Behandlung der Vermietung eines im Wohnhaus der Kläger gelegenen Arbeitszimmers an den Arbeitgeber des Klägers.
Der mit seiner Ehefrau zusammenveranlagte Kläger ist von Beruf Steuerberater und Wirtschaftsprüfer. Im Vorjahr war der Kläger Geschäftsführer einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (GmbH) in A; daneben betreute er - von seinem Wohnhaus aus oder in seinem Büro beim Arbeitgeber in A - einige wenige Mandate (lt. Kläger 2 - 5) aus seinem Bekanntenkreis in B. Gegen Ende 1995 wurde der Kläger zugleich Mitgesellschafter der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (Beteiligung zu einem Drittel), die nach Angaben des Klägers rund 80 Mitarbeiter hat; davon sind dem Bereich des Klägers vier Steuerberater unterstellt. Der Kläger war ist seitdem in der GmbH für einen bestimmten ihm zugeordneten Mandantenkreis mit eigener Umsatz- und Kostenverantwortung zuständig (sog. Profit Center). In dieser Zeit übertrug der Kläger auch die Mandate aus der bisherigen Einzeltätigkeit auf die GmbH.
Im Rahmen dieser Übertragung und Neuorganisation mietete die GmbH zum 01.01.1996 (schriftlicher Vertrag vom 19.06.1996) den im Keller des Zweifamilienhauses der Kläger (Eigentum je 50%) befindlichen Büroraum (35 qm) zu einem Mietzins von monatlich 400,-- DM zuzüglich Mehrwertsteuer; zudem stattete die Gesellschaft den Raum auf ihre Kosten mit Bürotechnik (z.B. Telefon, Telefax, Computer) und Fachliteratur (u.a. mehrere Fachzeitschriften aus mehreren Jahrgängen) aus. Der Kläger nutzt diesen Raum, um von dort aus die in oder nahe B ansässigen Mandanten der GmbH zu betreuen, teilweise auch zur Durchführung von Besprechungsterminen. Außerdem erledigt der Kläger dort insbesondere nach Abschluss von Dienstreisen außerhalb von A bzw. abends oder an Wochenenden Post; diese wird ihm während seiner Abwesenheit auf Dienstreisen teilweise von in der Nähe wohnenden Mitarbeitern der GmbH dorthin gebracht. Gelegentlich halten sich die Mitarbeiter auch kurzzeitig in dem Büro auf, etwa um dort Daten in den Computer einzugeben.
Der Kläger gab in den Einkommensteuererklärungen der Streitjahre in der Anlage V mit der Bezeichnung „C-weg , B (Büro)” Mieteinnahmen von monatlich 400,-- DM (zuzüglich Mehrwertsteuer), abzüglich Schuldzinsen, AfA und sonstigen Werbungskosten, insgesamt Verluste aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 4.532,-- DM (1996), 1.691,-- DM (1997), 1.615,-- DM (1998) und 1.699,-- DM (1999) an. Der Beklagte erließ die Bescheide 1996 und 1997 insoweit zunächst erklärungsgemäß; sie wurden bestandskräftig.
Am 23.12.1998 erhielt der Beklagte eine Kontrollmitteilung der Lohnsteueraußenprüfung mit der Eintragung „der Arbeitnehmer X hat steuerpflichtigen Arbeitslohn erhalten, der vom Arbeitgeber nicht versteuert worden ist: Überprüfung des Mietvertrages bezüglich Behandlung als Arbeitszimmer. Einkünfte wurden bisher bei V + V erklärt. Hinweis auf BStBl 1998 I 863. Herr X ist Arbeitnehmer des Mieters ab 01.01.1996”.
Der Beklagte vertrat nach Überprüfung die Ansicht, die Nutzungsüberlassung des Büroraums könne nicht den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zugerechnet werden. Nach dem Subsidiaritätsgedanken des § 21 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes - EStG - seien die Einkünfte hier primär solchen aus nichtselbstständiger Arbeit nach § 19 EStG zuzuordnen. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung könnten nur angenommen werden, wenn ein Mietverhältnis vorliege, das unter den gleichen Bedingungen auch unabhängig vom Bestehen des Dienstverhältnisses mit fremden Dritten abgeschlossen worden wäre. Außerdem setze die Annahme eines Mietverhältnisses voraus, dass die Vertragsparteien ihre jeweiligen Hauptpflichten erfüllten. Dies sei hier nicht der Fall, da die Mietsache mit der Maßgabe überlassen worden sei, sie dem Vermieter zu dessen ausschließlicher Nutzung...