Entscheidungsstichwort (Thema)

Anrechnung der schweizerischen Erbschaftsteuer auf die deutsche Schenkungsteuer – Auslegung der Entsprechungsklausel – Zeitliche Reihenfolge der Steuerentstehung

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die auf eine in den letzten fünf Jahren vor dem Tode des Erblassers erfolgte Schenkung festgesetzte und gezahlte schweizerische Erbschaftsteuer, mit der die Vorschenkung bei der Ermittlung der erbschaftsteuerpflichtigen Bemessungsgrundlage als Hinzurechnungsposition erfasst worden ist, ist auf die in Deutschland für den identischen Lebenssachverhalt festgesetzte Schenkungsteuer anzurechnen.
  2. Die Entsprechungsklausel in § 21 Abs. 1 Satz 1 ErbStG ist dahin auszulegen, dass die unterschiedliche rechtliche Einordnung als Schenkungsvorgang bzw. Erbschaft nach dem Sinn und Zweck des § 21 ErbStG der Anrechnung der ausländischen Steuer dann nicht entgegensteht, wenn sich die Besteuerung in beiden Staaten sich auf den gleichen Steuergegenstand bezieht.
  3. Die Anrechnung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die deutsche Steuer vor der ausländischen Steuer entsteht (Anschluss an Urteil des FG Köln vom 29.6.2011 - 9 K 2690/09, EFG 2012, 152).
 

Normenkette

ErbStG § 1 Abs. 2, § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 21 Abs. 1 Sätze 1, 4, Abs. 2 Nr. 2

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Anrechnung einer in der Schweiz gezahlten Steuer auf die deutsche Erbschaftsteuer.

Die Klägerin ist für einen Schweizer Arbeitgeber tätig und unterhält Wohnsitze sowohl in H-Stadt (Schweiz) als auch in G-Stadt . Am 15.1.2021 erhielt sie von A (Schenker), wohnhaft in H-Stadt (Schweiz) , eine Schenkung i.H.v. 500.000 CHF. Die Klägerin reichte am 17.2.2021 eine Schenkungsteuererklärung ein. Mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehendem Bescheid vom 22.2.2021 setzte der Beklagte Schenkungsteuer i.H.v. 132.840 € gegen die Klägerin fest. Der Schenker verstarb am 00.3.2021.

Die Klägerin legte am 15.3.2021 Einspruch ein und begehrte die Anrechnung der in der Schweiz festzusetzenden Steuer nach § 21 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG). Diese werde die deutsche Steuerlast übersteigen, so dass die deutsche Steuer auf null Euro zu reduzieren sei.

Mit Schreiben vom 22.3.2021 teilte der Beklagte mit, dass die Anrechnung zunächst voraussetze, dass die Steuer in der Schweiz festgesetzt und gezahlt worden sei. Im Übrigen könne aber auch keine Anrechnung erfolgen, da es sich um zwei unterschiedliche Vorgänge handele. Der aktuelle Vorgang vom 15.1.2021 befasse sich mit einer Schenkung. Bei der in der Schweiz vorgenommenen Hinzurechnung von Schenkungen zum zu versteuernden Erbteil handele es sich um einen Erbschaftsteuervorgang. Die Zuwendung werde dem erbschaftssteuerpflichtigen Vermögen hinzugerechnet. Eine Anrechnung auf die deutsche Schenkungsteuer sei daher nicht möglich.

Mit Bescheid vom 29.3.2021 führte die H-Stadt (Schweiz) die Steuerveranlagung der Klägerin durch und setzte eine Erbschaftsteuer i.H.v. 200.000 CHF gegen die Klägerin fest. Mit Bescheid vom 1.4.2021 reduzierte die Stadt H ((Schweiz) die Erbschaftsteuer auf 190.000 CHF.

Mit Einspruchsentscheidung vom 7.10.2021 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufrechterhalten. Zur Begründung führte der Beklagte an: § 21 Abs. 1 Satz 1 ErbStG setze vorliegend voraus, dass es sich bei der ausländischen Steuer um eine der deutschen Schenkungsteuer entsprechende Steuer handele. Der deutschen Schenkungsteuer stehe hier jedoch eine schweizerische Erbschaftsteuer gegenüber. Zudem seien die Steuern durch zwei unterschiedliche Sachverhalte ausgelöst worden. Die deutsche Schenkungsteuer sei durch die Schenkung am 15.1.2021 begründet worden, während die schweizerische Erbschaftsteuer erst durch den Tod des Schenkers entstanden sei.

Hiergegen hat die Klägerin am 8.11.2021 Klage erhoben. Sie führt zur Begründung unter anderem an: Der Beklagte verkenne, dass es in den schweizerischen Bescheiden ausdrücklich heiße: „Die vorliegende Veranlagung besteuert nur die Schenkung an B , welche am 15.1.2021 erfolgt ist.“ Es werde also keine Erbschaft besteuert, sondern exakt die Schenkung, die bereits der Besteuerung des Beklagten zugrunde gelegen habe. Unerheblich sei, dass die Rechtsgrundlage hierfür das dortige Erbschaftsteuergesetz sei, das entsprechende Schenkungen bei der Festsetzung des erbschaftsteuerlichen Vermögens mit einberechne. Auf den Entstehungszeitpunkt der Steuer komme es insoweit überhaupt nicht an. Ebenso wenig könne es auf Begrifflichkeiten der Steuergesetzgebung im Kanton H-Stadt ankommen. Denn es genüge, wenn es sich im Sinne des § 21 Abs. 1 Satz 1 ErbStG um eine entsprechende Steuer handele. Unabhängig davon, ob die Steuer dort als Erbschaftsteuer bezeichnet werde, ergebe sich aus dem Bescheid selbst, dass es sich um eine Besteuerung einer Schenkung handele, welche mit der vom Beklagten besteuerten Schenkung identisch sei.

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,

den Schenkungsteuerbescheid vom 22.2.2021 in der Gestalt der Einspruchsent...

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