Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwendung von zu anderen Rechtsnormen ergangener Rechtsprechung auf § 3 InvZulG 1999. Entgeltliche Überlassung zu Wohnzwecken. Leerstand von mehr als einem Jahr während der fünfjährigen Bindungsfrist

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die vom BFH zu § 7c EStG 1990 entwickelten Grundsätze sind aufgrund des vergleichbaren Gesetzeszwecks beider Vorschriften auch bei § 3 InvZulG 1999 anwendbar. Dies gilt hingegen nicht für die Rechtsprechung zu § 4 InvZulG 1977 und §§ 14, 19 BerlinFG, da diese Vorschriften andere Zwecke verfolgten.

2. Ein Gebäude dient im Sinne von § 3 InvZulG 1999 der entgeltlichen Überlassung zu Wohnzwecken, wenn es zur dauernden Vermietung bestimmt ist und dafür verfügbar gehalten wird. Ein vorübergehender Leerstand ist unschädlich.

3. Ein Leerstand von mehr als einem Jahr während des fünfjährigen Bindungszeitraums ist nicht mehr vorübergehend in diesem Sinne und daher schädlich für den Anspruch auf Investitionszulage.

 

Normenkette

InvZulG 1999 § 3; InvZulG 1977 § 4; EStG 1990 § 7c; BerlinFG § 14 Abs. 2, § 19

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 07.07.2011; Aktenzeichen III R 91/08)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Investitionszulage nach § 3 Investitionszulagengesetz 1999InvZulG 1999 – erfüllt sind.

Die Klägerin erwarb am 26. März 1999 ein Mehrfamilienhaus in der …str. 17 in P mit einer Nutzfläche von insgesamt 1.373,59 qm. Sie führte an dem Gebäude Modernisierungsarbeiten durch, die am 1. Juli 2002 endeten. Die Kosten für die Modernisierungsmaßnahmen betrugen über EUR 614 pro qm.

Am 9. Juli 2003 beantragte die Klägerin eine Investitionszulage für das Jahr 2002 in Höhe von EUR 101.512,58 und ging dabei von einer zu fremden Wohnzwecken vermieteten Gesamtfläche von insgesamt 1.106,36 qm aus. Aufgrund des Verkaufs von zwei Wohnungen mit insgesamt 200,73 qm (97,21 qm plus 103,52 qm) reduzierte die Klägerin ihren Antrag auf Gewährung von Investitionszulage auf EUR 83.025,31.

In dem Betriebsprüfungsbericht vom 9. Februar 2004 wurde festgestellt, dass seit der Beendigung der Modernisierungsarbeiten weitere drei Wohnungen mit einer Wohnfläche von insgesamt 336,16 qm leer stünden. Diese Wohnungen würden zum Verkauf angeboten, so dass nur für insgesamt 569,47 qm ein Anspruch auf Investitionszulage bestehe.

Dementsprechend setzte der Beklagte die Investitionszulage für das Jahr 2002 mit Bescheid vom 7. Juni 2004 auf EUR 52.065 fest. Den von der Klägerin am 2. Juli 2004 eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit der Einspruchsentscheidung vom 25. August 2004 als unbegründet zurück. Der Beklagte führte hierzu aus, dass die Klägerin hinsichtlich der streitigen Wohnungen keinen Nachweis für ihre Absicht – und die Absicht eines etwaigen Erwerbers – zur Vermietung zu fremden Wohnzwecken erbracht habe. Nach einem Urteil des Finanzgerichts Berlin vom 15. Oktober 1986 (II 311/83) zu § 19 Abs. 2 Satz 4 Nr. 1 BerlinförderungsgesetzBerlinFG – sei hierfür erforderlich, dass die Klägerin diese Wohnungen ausschließlich für die Vermietung zu fremden Wohnzwecken bereitgehalten habe. Im Übrigen verwies der Beklagte auf die Urteile des Bundfinanzhofs – BFH – vom 23. März 1990 (III R 83/87, Bundessteuerblatt – BStBl – II 1990, 726) und vom 14. Januar 1992 (III R 24/89, BStBl II 1992, 427), wonach das Tatbestandsmerkmal „Dienen” mit einer tatsächlichen Nutzung gleichzusetzen sei.

Mit ihrer Klage vom 27. September 2004 macht die Klägerin geltend, dass das Tatbestandsmerkmal „Dienen” nicht mit „Verwenden” gleichzusetzen sei. Ausreichend sei eine Zweckbestimmung der Wohnungen zur Vermietung zu fremden Wohnzwecken, und zwar eine objektive Zweckbestimmung des Gebäudes. Die vom Beklagten angeführte Rechtsprechung zu § 19 BerlinFG sei im Streitfall nicht anwendbar, da diese Vorschrift im Gegensatz zu § 3 InvZulG 1999 ein unmittelbares Dienen fordere und keine Gleichstellung von „Dienen” und „Verwenden” enthalte. Außerdem könne ein vorübergehender Leerstand schon deshalb nicht schädlich sein, weil es durch ein Überangebot von renoviertem Wohnraum zwangsläufig zu Vermietungsproblemen gekommen sei. Im Streitfall habe zusätzlich die Schwierigkeit bestanden, dass die Wohnungen wegen Straßenbauarbeiten vom Frühjahr 2003 bis zum Sommer 2004 nicht vermietet werden konnten.

Bei den streitigen Wohnungen handelt es sich letztlich um die Wohnung im dritten Obergeschoss links (97,21 qm) und um die beiden Dachgeschosswohnungen (126,48 qm und 127,13 qm), d. h. insgesamt um eine Wohnfläche von 350,82 qm. Die Wohnung im dritten Obergeschoss links verkaufte die Klägerin im Jahr 2003 an Frau …R, die diese Wohnung seit dem 1. August 2003 langfristig zu fremden Wohnzwecken vermietet. Die beiden Dachgeschosswohnungen vermietet die Klägerin selbst langfristig zu fremden Wohnzwecken, und zwar das Dachgeschoss links (126,48 qm) seit dem 1. Oktober 2004 und das Dachgeschoss rechts (127,13 qm) seit dem 1. Juli 2005.

Die Kläger...

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