Entscheidungsstichwort (Thema)

Qualifizierung der Einkünfte nach Beendigung der Betriebsaufspaltung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Endet die Betriebsaufspaltung wegen Wegfall der sachlichen Verflechtung, hat dies grundsätzlich die Aufgabe des Gewerbebetriebs des bisherigen Besitzunternehmens und die Versteuerung der stillen Reserven zur Folge. Dies gilt jedoch nicht, wenn bei dem bisherigen Besitzunternehmen die Voraussetzungen einer Betriebsverpachtung im Ganzen oder einer vorübergehenden Betriebsunterbrechung (Ruhenlassen des Betriebs) vorliegen und der Betriebsinhaber in dieser Situation keine Betriebsaufgabe erklärt.

2. Die Annahme einer Betriebsverpachtung setzt die einheitliche Verpachtung sämtlicher wesentlicher Betriebsgrundlagen; eine Betriebsunterbrechung die Identität des früheren mit dem etwa zukünftig fortzusetzenden Betrieb voraus.

3. Erklärt der Steuerpflichtige nach Beendigung der Betriebsaufspaltung die Betriebsaufgabe zwar nicht wörtlich, aber der Steuerberater wiederholt, dass die gewerbliche Tätigkeit mit der Beendigung der Betriebsaufspaltung ebenfalls endet und werden in der Steuererklärung konsequent Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung anstelle der bisher erklärten gewerblichen Einkünfte angeführt, ein Gewinn aus der Auflösung der Betriebsaufspaltung erklärt und äußert der Steuerpflichtige telefonisch gegenüber dem FA, dass er zu einer bloßen Vermietungstätigkeit übergeht und die Bilanz im Jahr der Beendigung der Betriebsaufspaltung als Aufgabebilanz anzusehen ist, nach dem sämtliche stille Reserven aufgedeckt wurden, besteht der durch Auslegung gem. § 133 BGB zu ermittelnde wirkliche Wille des Steuerpflichtige in der Betriebsaufgabe.

 

Normenkette

EStG § 16 Abs. 3, § 15 Abs. 2, § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 4 Abs. 1; BGB §§ 133, 157

 

Tenor

Die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2007 vom 7. Januar 2009 sowie für 2008 und 2009, jeweils vom 3. Januar 2011, sämtlich in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. Juni 2011, werden mit der Maßgabe geändert, dass anstelle von Einkünften aus Gewerbebetrieb Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung festgestellt werden.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, in der sich mehrere natürliche Personen zur gemeinschaftlichen Erzielung von Einkünften zusammengeschlossen haben. Die Beteiligten streiten über die steuerliche Qualifizierung dieser Einkünfte in den Jahren 2007 bis 2009 (den Streitjahren) als solche aus Gewerbebetrieb oder aus Vermietung und Verpachtung.

Die Klägerin ist mit Wirkung ab dem 01. Januar 1994 aus der vormaligen B. GmbH & Co. KG hervorgegangen, nachdem diese ihr Handelsgewerbe eingestellt hatte. In der Folgezeit fungierte die Klägerin als Besitzgesellschaft im Rahmen einer Betriebsaufspaltung; ihre Gesellschafter erzielten insoweit (unstreitig) weiterhin gewerbliche Einkünfte. Betriebsgesellschaft war die (gesellschafteridentische) C. GmbH, die von der Klägerin Gewerberäume und Freiflächen angemietet hatte. Im Jahr 1999 beschloss die Gesellschafterversammlung der C. GmbH deren Auflösung zum 1. Januar 2000. Ab diesem Zeitpunkt befand sich die GmbH in Liquidation, die im Sommer 2011 mit der Löschung der GmbH im Handelsregister ihren Abschluss fand.

Im Laufe des Jahres 2000 veräußerte die Klägerin aus ihrem Grundvermögen Objekte mit einem Buchwert in Höhe von 259.111 DM (bebaute Grundstücke im Buchwert von 198.100 DM und Wohnbauten im Buchwert von 61.011 DM) zu Kaufpreisen in Höhe von insgesamt 505.400 DM an Dritte. Im Jahr 2001 veräußerte sie ein weiteres Grundstück, das sie mit einem Restbuchwert von 121.258 EUR bilanziert hatte, für einen Betrag von 194.290,91 EUR. Den verbleibenden Grundbesitz (Restbuchwert: rund 690.000 EUR) vermietete die Klägerin in Teilflächen an diverse fremde Unternehmen. Nach einer von der Klägerin vorgelegten und vom Beklagten nicht in Zweifel gezogenen Aufstellung, auf die der Senat wegen der Einzelheiten Bezug nimmt, bestanden in den Jahren 2000 und 2001 gleichzeitig sieben und in den Streitjahren gleichzeitig dreizehn verschiedene Mietverhältnisse mit fremden, d.h. mit der Klägerin nicht verbundenen Unternehmen. Lediglich ein kleiner Lagerraum wurde in der Liquidationsphase noch von der D. GmbH i. L. genutzt.

Nachdem der Beklagte mit dem Gewerbesteuerbescheid für 1999 vom 12. Februar 2001 zugleich Vorauszahlungen der Klägerin auf die Gewerbesteuer ab 2001 festgesetzt hatte, beantragte der damalige steuerliche Berater der Klägerin mit Schreiben vom 8. März 2001 die Rücknahme dieser Vorauszahlungen. Zur Begründung wies er darauf hin, dass infolge der Auflösung der ...

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