Entscheidungsstichwort (Thema)

Entgelt für den Verzicht auf eine Nießbrauchsberechtigung an einem Mitunternehmeranteil als Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Mitunternehmerstellung des Nießbrauchsberechtigten

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine Zahlung für die Aufgabe bzw. den Verzicht auf einen Nießbrauch an einem Kommanditanteil gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb, wenn der Nießbrauchsberechtigte als Mitunternehmer anzusehen ist.

2. Eine Beteiligung des Nießbrauchsberechtigten am laufenden Gewinn und Verlust reicht für ein erforderliches Mitunternehmerrisiko aus.

3. Bei einem (Vorbehalts-)Nießbrauch an einer KG-Beteiligung liegt eine „besonders stark ausgeprägte” Mitunternehmerinitiative des Nießbrauchsberechtigten vor, wenn er kraft der vollumfänglich vorbehaltenen Stimm- und Verwaltungsrechte sogenannte Grundlagengeschäfte wie z. B. den Erwerb und die Veräußerung von Grundstücken blockieren kann und dies auch im Gesellschaftsvertrag der KG verankert ist.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 2

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Zahlung für den Verzicht auf einen Nießbrauch der Einkommensteuer unterliegt.

Der Kläger war ursprünglich mit (…) Gesellschafter der B GbR (GbR) mit einer Beteiligung in Höhe von X %. Mit Schenkungs- und Übertragungsvertrag vom XX.XX.XXXX (SchenkV) übertrug er –neben einer weiteren hier nicht streitgegenständlichen Gesellschaftsbeteiligung– seine GbR-Beteiligung auf (…), den Beigeladenen. In § 3 SchenkV war Folgendes vereinbart:

„Nießbrauch

Herr XY (Anm.: der Kläger) behält sich den Nießbrauch an den geschenkten Anteilen der Grundstückgesellschaften zu Lebzeiten vor. Die Stimmen und Verwaltungsrechte verbleiben bei dem Schenker. Der Beschenkte hat dem Nießbraucher erforderlichenfalls eine entsprechende Vollmacht zu erteilen.

Der Nießbrauchberechtigte ist, soweit gesetzlich zulässig, an keine Weisung gebunden. Sämtliche Gewinn- und Verlustanteile an den Anteilen stehen Herrn XY (Anm.: dem Kläger) zu, soweit sie nicht bereits vorher zu Gunsten Dritter belastet waren.

Die auf die Gewinn- und Verlustanteile entfallenden Steuern, insbesondere Vermögens- und Ertragssteuern, trägt der Schenker.

Bei einer steuerlich abweichenden Veranlagung erfolgt der Ausgleich der hieraus gegebenenfalls resultierenden Mehrbelastung im Innenverhältnis.

Zur Kündigung oder Übertragung oder Belastung der nießbrauchbelasteten Anteile oder Teile hiervon ist die vorherige schriftliche Zustimmung des Schenkers notwendig.

Ist der nießbrauchbelastete Kapitalanteil nach dem Gesellschaftsvertrag der GbR ganz oder teilweise abzufinden, wird er veräußert oder tritt die GbR in Liquidation, so besteht der Nießbrauch an dem auf die nießbrauchbelasteten Kapitalanteile entfallenden Abfindungsguthaben, Kaufpreis bzw. Abfindungserlös nach Abzug der beim Beschenkten anfallenden Ertragsteuern aus einem Veräußerungs- oder Aufgabegewinn weiter fort.”

Im Übrigen wird vollumfänglich auf die Regelungen des SchenkV verwiesen (…).

Am XX.XX.XXXX wurde die GbR identitätswahrend in die B mbH& Co. KG –später: C mbH & Co. KG– (KG) umgewandelt. Komplementärin –ohne vermögensmäßige Beteiligung an der KG– war die B GmbH (Komplementär-GmbH). Der Beigeladene war weiterhin an der KG –und an der Komplementär-GmbH– in der gleichen Höhe wie zuvor an der GbR, mithin in Höhe von X %, beteiligt. Der Nießbrauch des Klägers setzte sich unverändert an der KG-Beteiligung des Beigeladenen fort. Zudem war der Kläger –neben (…) D– bis XX.XX.XXXX einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Komplementär-GmbH. Fortan wurden die Einkünfte aus dem Nießbrauch an der GbR- bzw. an der KG-Beteiligung im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung bei der GbR bzw. bei der KG als gewerbliche Einkünfte festgestellt und dem Kläger zugerechnet.

Mit notariellem Vertrag vom XX.XX.2017 verzichtete der Kläger mit Wirkung zum XX.XX.2016 gegen eine Zahlung in Höhe von XXX EUR auf den Nießbrauch an der KG-Beteiligung (…). Daraufhin verkaufte und veräußerte der Beigeladene –zusammen mit den übrigen KG-Gesellschaftern– seine KG- und GmbH-Beteiligung mit Anteilskauf- und Übertragungsvertrag vom XX.XX.2017 an einen Dritten. Hierbei verpflichtete sich der Erwerber von dem Kaufpreis an den Beigeladenen einen Teilbetrag in Höhe von XXX EUR im abgekürzten Zahlungsweg direkt an den Kläger zu überweisen. Der Erwerber beendete die erworbenen Gesellschaften vollständig und gründete diese daraufhin neu unter anderem Sitz und anderer Firma.

Mit Bescheid vom 21.08.2020 für 2017 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen stellte der Beklagte (das Finanzamt –FA–) u.a. einen Veräußerungsgewinn i.S. der §§ 16, 34 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von XXX EUR als gewerbliche Einkünfte fest und rechnete diesen dem Kläger zu. Gegen diese Feststellung legte der Kläger Einspruch ein mit der Begründung...

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