Leitsatz

1. Die unentgeltliche Überlassung eines in Bruchteilsgemeinschaft erworbenen Gegenstands (Mähdrescher) an einen der Gemeinschafter begründet weder eine eigene Rechtspersönlichkeit noch eine wirtschaftliche Tätigkeit der Gemeinschaft, sodass die einzelnen Gemeinschafter als Leistungsempfänger anzusehen sind (entgegen Abschn. 15.2 Abs. 16 Sätze 6 und 7 UStAE).

2. Sind die Gemeinschafter als Leistungsempfänger anzusehen, können sie über ihren Anteil am Gegenstand (Mähdrescher) ohne Zwischenerwerb durch die Gemeinschaft verfügen.

3. Wird der Steuerbetrag für eine steuerpflichtige Leistung zu niedrig ausgewiesen, ist der ausgewiesene Betrag als Vorsteuer abzugsfähig.

 

Normenkette

§ 3 Abs. 1b, § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG, Art. 4 Abs. 1 und 2, Art. 5 Abs. 6 der 6. EG-RL, Art. 9 Abs. 1, Art. 16 MwStSystRL, § 705, § 743 Abs. 2, § 747 BGB

 

Sachverhalt

Der Kläger hatte in 2004 für seinen landwirtschaftlichen Betrieb zusammen mit K einen Mähdrescher erworben (Anteil Kläger: 20 %, Anteil K: 80 %). Am 7.2.2008 erwarb der Kläger den Miteigentumsanteil des K und machte die von K gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend. Er veräußerte den Mähdrescher am 12.12.2008 steuerfrei an einen Abnehmer nach Österreich. Demgegenüber erhöhte das FA die steuerpflichtigen Umsätze wegen einer Entnahme des Miteigentumsanteils von 20 % und kürzte den Vorsteuerabzug aus dem Erwerb des Miteigentumsanteils. Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte Erfolg. Nach dem Urteil des FG (FG München, Urteil vom 24.1.2013, 14 K 2068/11, Haufe-Index 3701730, EFG 2013, 893) sei für eine Lieferung durch den Kläger an den österreichischen Abnehmer weder eine Entnahme seines Miteigentumsanteils noch eine anschließende Lieferung des Mähdreschers von der Bruchteilsgemeinschaft an den Kläger erforderlich gewesen, sondern nur die Übertragung des 80 %-Anteils von K auf den Kläger. Entgegen der Verwaltungsauffassung seien der Kläger und K durch den gemeinsam angeschafften Mähdrescher nicht als Gemeinschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit unternehmerisch tätig geworden. Da jeder Gemeinschafter ein originäres Nutzungsrecht habe, bedürfte es keines Leistungsaustausches mit der Gemeinschaft.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz.

 

Hinweis

1. Leistungsempfänger ist grundsätzlich derjenige, der aus dem der Leistung zugrunde liegenden Schuldverhältnis als Auftraggeber berechtigt und verpflichtet wird. Im Falle der gemeinschaftlichen Bestellung durch eine Bruchteilsgemeinschaft, die keine Rechtspersönlichkeit besitzt und die selbst keine unternehmerische (wirtschaftliche) Tätigkeit ausübt, sind die Miteigentümer Leistungsempfänger.

2. Soweit die Finanzverwaltung demgegenüber in Abschn. 15.2 Abs. 16 Sätze 6 und 7 UStAE davon ausgeht, dass es bei gemeinschaftlicher Auftragserteilung durch mehrere Personen für die Annahme eines Leistungsbezugs durch die Gemeinschaft ausreicht, dass die Gemeinschaft einem Gemeinschafter den Gegenstand oder Teile des Gegenstands unentgeltlich überlässt, folgt der BFH dem nicht. Denn die unentgeltliche Nutzungsüberlassung z.B. eines Mähdreschers an einen Gemeinschafter begründet keine unternehmerische (wirtschaftliche) Tätigkeit der Gemeinschaft.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 28.8.2014 – V R 49/13

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