In § 19a ErbStG ist beim Übergang von begünstigtem Vermögen i. S. d. § 13b ErbStG für einen bestimmten Personenkreis eine Tarifbegrenzung vorgesehen. Die Vorgängervorschrift hierzu war § 19a ErbStG 2008, der die neue Vorschrift nachgebildet ist. Anwendung findet sie bei Erwerbern, welche in die Steuerklassen II und III einzuordnen sind. Hierunter fallen z. B. Neffen, Nichten, Cousinen , Cousins, Geschwister, Onkel und Tanten und fremde Dritte (zur eingetragenen Lebenspartnerschaft siehe Tz. 12.8). Aber auch der geschiedene Ehegatte zählt hier dazu, da dieser in die Steuerklasse II einzuordnen ist (§ 15 Abs. 1 StKl. II Nr. 7 ErbStG). Dagegen können juristische Personen die Tarifbegrenzung nicht in Anspruch nehmen.[1]

Mit der Vorschrift des § 19a ErbStG will der Gesetzgeber erreichen, dass begünstigtes Vermögen (i. S. d. § 13b ErbStG) nur mit dem Tarif der Steuerklasse I der Besteuerung unterliegt – unabhängig davon, welcher Steuerklasse der Erwerber tatsächlich angehört. Die Vorschrift greift grundsätzlich nur, wenn sich der Erwerber für die Regelverschonung (85 %iger Verschonungsabschlag; § 13a Abs. 1 ErbStG) entschieden hat. Im Fall der Optionsverschonung (Verschonungsabschlag von 100 %; § 13a Abs. 8 ErbStG) kann sie naturgemäß keine Anwendung finden (R E 19a.1 Abs. 2 Satz 2 ErbStR 2011), denn hier wird das begünstigte Vermögen aufgrund des 100 %igen Verschonungsabschlags mit 0 EUR angesetzt.

Das Verwaltungsvermögen darf für die Inanspruchnahme des § 19a ErbStG ebenfalls nicht höher als 50 % sein. Ist dies der Fall, werden die Verschonungsmaßnahmen versagt (R 19a.1 Abs. 2 Satz 3 ErbStR 2011).

 
Praxis-Beispiel

Optionsverschonung

Die Tante T schenkt ihrem Neffen N im Januar 2016 einen Mitunternehmeranteil. Das Verwaltungsvermögen dieser Gesellschaft beträgt 5 %. Der Ertragswert des Mitunternehmeranteils beläuft sich auf 2.400.000 EUR.

Lösung

Entscheidet sich N für die Steuerbefreiung nach § 13a Abs. 8 ErbStG (Voraussetzungen liegen vor), wird ein 100 %iger Verschonungsabschlag berücksichtigt.

 
Mitunternehmeranteil (Ertragswert) 2.400.000 EUR
./. 100 %iger Verschonungsabschlag ./. 2.400.000 EUR
Verbleiben 0 EUR

Die Tarifermäßigung des § 19a ErbStG findet keine Anwendung (R E 19a.1 Abs. 1 Satz 2 ErbStR 2011).

Auch kommt § 19a ErbStG nur dann zur Anwendung, wenn sich der Abzugsbetrag des § 13a Abs. 2 ErbStG nicht auswirkt.

 
Praxis-Beispiel

Regelverschonung

Die Tante T schenkt im November 2015 ihrem Neffen N einen Mitunternehmeranteil. Das Verwaltungsvermögen dieser Gesellschaft beträgt 30 %. Der Ertragswert des Mitunternehmeranteils beträgt 800.000 EUR.

Lösung

N kann aufgrund der Höhe des Verwaltungsvermögens von 30 % nur den 85 %igen Verschonungsabschlag nach § 13a Abs. 1 ErbStG in Anspruch nehmen.

Zunächst ist das Betriebsvermögen unter Berücksichtigung des Verschonungsabschlags zu errechnen (§ 13a Abs. 1 ErbStG i. V. m. § 13b Abs. 4 ErbStG).

 
Nach § 13b Abs. 1 ErbStG begünstigtes Betriebsvermögen 800.000 EUR
./. 85 %iger Verschonungsabschlag ./. 680.000 EUR
Verbleibendes begünstigtes Betriebsvermögen 120.000 EUR
Nunmehr ist der Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG zu ermitteln.  
Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG   150.000 EUR  
Verbleibendes begünstigtes Betriebsvermögen 120.000 EUR   120.000 EUR
./. Abzugsbetrag ./. 150.000 EUR    
Übersteigender Betrag 0 EUR    
Hiervon 50 % (abgerundeter Wert) 0 EUR ./. 0 EUR  
Verbleibender Abzugsbetrag   150.000 EUR ./. 150.000 EUR
Begünstigtes Betriebsvermögen nach Abzugsbetrag     0 EUR

Da sich im vorliegenden Beispiel der Abzugsbetrag des § 13a Abs. 2 ErbStG in voller Höhe auswirkt, kommt die Tarifbegrenzung nicht zur Anwendung.

Für den Entlastungsbetrag gibt es beim Abzug keine Einschränkung, d. h. er wird in voller Höhe abgezogen. Umfasst das auf einen Erwerber übertragene begünstigte Vermögen mehrere selbstständig zu bewertende wirtschaftliche Einheiten einer Vermögensart oder mehrere Arten begünstigten Vermögens, so sind deren Werte vor der Anwendung des § 19a ErbStG zusammenzurechnen. Hierbei wird die Tarifbegrenzung dann nicht gewährt, wenn der Steuerwert des gesamten tarifbegünstigten Vermögens insgesamt nicht positiv ist.[2]

 
Praxis-Beispiel

Mehrere wirtschaftliche Einheiten

Erblasser E verstirbt am 31.12.2015 und hinterlässt seiner Nichte N einen Betrieb mit einem Steuerwert von 2.000.000 EUR und einen Mitunternehmeranteil mit einem Steuerwert von 2.300.000 EUR. Das Verwaltungsvermögen beider wirtschaftlichen Einheiten beläuft sich auf 30 %.

Lösung

Beide wirtschaftliche Einheiten sind vor der Anwendung des § 19a ErbStG zusammenzufassen. Hierdurch ergibt sich ein negativer Wert (./. 300.000 EUR). Infolgedessen kann Nichte N die Tarifbegrenzung des § 19a ErbStG nicht in Anspruch nehmen.

[1] Vgl. auch § 19 Abs. 1 ErbStG; R E 19a.1 Abs. 1 Satz 2 ErbStR 2011.
[2] R 19a.1 Abs. 1 Satz 5 ErbStR 2011.

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