Leitsatz

1. Ein Gesellschafter verliert seine Stellung als (Alt-)Ge­sellschafter einer Personengesellschaft i.S.d. § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG, wenn sein Mitgliedschaftsrecht zivilrechtlich wirksam auf ein neues Mitglied der Personengesellschaft übergeht.

2. Die mit dem Ausscheiden des Gesellschafters verbundenen Rechtsfolgen können nur nach Maßgabe des § 16 Abs. 2 GrEStG durch Anteilsrückübertragung auf den vormaligen (Alt-)Gesellschafter beseitigt werden.

3. Erwirbt der zuvor ausgeschiedene (Alt-)Gesellschafter erneut einen Anteil an der Personengesellschaft, ist er neuer Gesellschafter i.S.d. § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG. Dies gilt auch dann, wenn das Ausscheiden aus der Personengesellschaft und der Wiedereintritt innerhalb der Fünfjahresfrist des § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG erfolgen.

 

Normenkette

§ 1 Abs. 2a, § 16 Abs. 2 GrEStG

 

Sachverhalt

An der Klägerin, einer GbR, waren zunächst A zu 1/3 und B zu 2/3 beteiligt. Mit Einbringungsvertrag vom 27.12.2001 übertrug A seinen Anteil an der Kl. auf die A‐GmbH. Mit Übertragungsvertrag vom 15.12.2006 übertrug B seinen 2/3-Anteil an der Kl. zur Hälfte an A und zur anderen Hälfte an die A‐GmbH, sodass an der Klägerin nunmehr A zu 1/3 und die A‐GmbH zu 2/3 beteiligt waren. Das FA sah durch die Anteilsübertragungen den Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG als erfüllt an und setzte gegen die Klägerin im Hinblick auf ihr gehörende Eigentumswohnungen Grunderwerbsteuer fest. Der Einspruch blieb im Wesentlichen erfolglos. Die Klage hatte Erfolg. Das FG Düsseldorf (Urteil vom 27.10.2010, 7 K 3319/08 GE, Haufe-Index 2648366, EFG 2011, 1180) führte zur Begründung aus, A habe seine Eigenschaft als Altgesellschafter nicht dadurch verloren, dass er im maßgeblichen Fünfjahreszeitraum des § 1 Abs. 2a GrEStG zunächst aus der Gesellschaft ausgeschieden sei und sodann wiederum Anteile an dieser Gesellschaft erworben habe.

 

Entscheidung

Dem ist der BFH nicht gefolgt. Er hat die Vorentscheidung aus den in den Praxis-Hinweisen erläuterten Gründen aufgehoben und die Klage abgewiesen.

 

Hinweis

§ 1 Abs. 2a GrEStG unterwirft die Änderung des Gesellschafterbestands einer grundstücksbesitzenden Personengesellschaft der Grunderwerbsteuer. Voraussetzung ist, dass unmittelbar oder mittelbar 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen. Dieser Übergang muss "innerhalb von fünf Jahren" erfolgen, wobei die Änderung des Gesellschafterbestands auch sukzessive durch mehrere Teilakte erfolgen kann. Vor diesem Hintergrund steht die Fragestellung, ob der Austritt eines unmittelbar beteiligten Gesellschafters aus der Gesellschaft trotz seines späteren Wiedereintritts innerhalb des Fünfjahreszeitraums als Änderung des Gesellschafterbestands zu behandeln ist. Dies hat der BFH bejaht.

1. Eine unmittelbare Änderung des Gesellschafterbestands i.S.d. § 1 Abs. 2a GrEStG liegt vor, wenn ein Mitgliedschaftsrecht an der grundstücksbesitzenden Personengesellschaft zivilrechtlich wirksam auf ein neues Mitglied der Personengesellschaft übergeht. Eine solche unmittelbare Änderung liegt vor, wenn ein Gesellschafter infolge Ausscheiden aus der Gesellschaft sein Mitgliedschaftsrecht und die ihm anhaftende Mitberechtigung am Gesellschaftsvermögen zivilrechtlich wirksam auf ein neues Mitglied der Personengesellschaft überträgt. Erwirbt der ausgeschiedene Gesellschafter sodann erneut einen Anteil an dieser Gesellschaft, ist er neuer Gesellschafter i.S.d. § 1 Abs. 2a GrEStG. Der erneute Anteilserwerb ist damit als Änderung des Gesellschafterbestands i.S.d. § 1 Abs. 2a GrEStG zu behandeln.

2. Ausscheiden und späterer Wiedereintritt eines unmittelbar beteiligten Gesellschafters können nicht aufgrund der Fünfjahresfrist des § 1 Abs. 2a GrEStG als ein steuerunschädliches "Wiederaufleben" der vormaligen Altgesellschafterstellung beurteilt werden. Eine "Fortgeltung" der vormaligen Altgesellschafterstellung bis zum erneuten Erwerb eines Anteils an der Personengesellschaft ist sowohl nach dem Wortlaut des § 1 Abs. 2a GrEStG als auch bei zivilrechtlicher Beurteilung ausge­schlossen.

3. Diese mit dem Ausscheiden und späteren Wiedereintritt eines unmittelbar beteiligten Gesellschafters verbundenen Rechtsfolgen lassen sich nur vermeiden, wenn nach Maßgabe des § 16 Abs. 2 GrEStG eine Rückübertragung der Anteile vom neuen Gesellschafter auf den vormaligen (Alt-)Gesellschafter erfolgt. Geschieht dies, hat die vorherige Anteilsübertragung für § 1 Abs. 2a GrEStG keine Bedeutung.

4. Klarstellend ist darauf hinzuweisen, dass die vorstehend aufgezeigten Grundsätze nur gelten, wenn ein (Alt-)Gesellschafter sein Mitgliedschaftsrecht an der Personengesellschaft aufgrund seines Austritts vollständig verliert. Bloße Anteilsverschiebungen im Kreis der in der Gesellschaft verbleibenden (Alt-)Gesellschafter lösen hingegen keine Steuer aus § 1 Abs. 2a GrEStG aus, weil es hier zu keinem Übergang von Anteilen auf "neue Gesellschafter" kommt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 16.5.2013 – II R 3/11

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