OFD Hannover, Verfügung v. 7.8.2003, EZ 1230 - 3 - StO 222/EZ 1230 - 4 - StH 223
Nach der früheren Rechtsprechung des BFH (vgl. u.a. Urteil vom 14.4.1999, X R 11/97, BStBl 1999 II S. 594) galt ein Kind nur dann als zum Haushalt eines Steuerpflichtigen gehörig, wenn das Kind bei einheitlicher Wirtschaftsführung unter dessen Leitung dessen Wohnung teilte, oder sich mit dessen Einwilligung vorübergehend außerhalb der Wohnung aufhielt. In seiner neuen Rechtsprechung (vgl. BFH vom 14.11.2001, X R 24/99, BStBl 2002 II S. 244) ist der BFH jedoch von dem Gesichtspunkt der einheitlichen Wirtschaftsführung unter Leitung des Steuerpflichtigen abgerückt und hat sich der sozialrechtlichen Definition des Begriffs „Haushaltszugehörigkeit” angeschlossen. Dies geht davon aus, dass Haushaltszugehörigkeit aus dem Zusammenwirken örtlicher Gegebenheiten sowie materieller und immaterieller Faktoren entstehe. So verlange Haushaltszugehörigkeit eine Familienwohnung, die vom Steuerpflichtigen und der Person, die zu seinem Haushalt gehört, genutzt werde. Haushaltszugehörigkeit erfordere ferner, dass der Steuerpflichtige Verantwortung für das materielle Wohl des Haushaltsangehörigen trägt und das zwischen den Personen familiäre Bindungen bestehen und unterhalten werden, was sich auch in der Fürsorge für den Haushaltsangehörigen niederschlage.
Danach gehört ein Kind dann zum Haushalt eines Elternteils, wenn es dort wohnt und betreut wird, sodass es sich in der Obhut des Elternteils befindet. Formale Gesichtspunkte, z.B. die Sorgerechtsregelung oder die Eintragung in ein Melderegister, können bei der Beurteilung, in welchem Haushalt das Kind aufgenommen ist, allenfalls unterstützend herangezogen werden. Ein Obhutsverhältnis besteht allerdings dann nicht, wenn sich das Kind nur für einen von vornherein begrenzten, kurzfristigen Zeitraum bei einem Elternteil befindet, etwa zu Besuchszwecken oder in den Ferien (vgl. BFH vom 20.6.2001, VI R 224/98, BStBl 2001 II S. 713).
Eine gleichzeitige Zugehörigkeit zu den Haushalten beider Elternteile kann dann anzunehmen sein, wenn das Kind grundsätzlich jederzeit sowohl beim Vater als auch bei der Mutter wohnen kann und es tatsächlich zeitweise beim Vater und zeitweise bei der Mutter lebt.
Beispiel:
Das Sorgerecht für die Kinder üben die (geschiedenen) Eltern gemeinsam aus. Die Kinder halten sich etwa zu 2/3 bei der Mutter und zu 1/3 beim Vater auf. Die Kinder sind mit 1. Wohnsitz bei der Mutter und mit 2. Wohnsitz beim Vater gemeldet. Die Wohnung des Vaters enthält ein Kinderschlaf- und Kinderspielzimmer. Die Kinder können sich somit ohne Weiteres auch längerfristig bei ihm aufhalten.
Im Streitfall kann im Hinblick auf den erheblichen zeitlichen Umfang, in dem sich die Kinder beim Vater aufhalten, auch bei ihm eine Haushaltszugehörigkeit der Kinder angenommen werden, vgl. auch Urteil des FG Münster vom 15.3.2002, 11 K 7343/00 EZ, EFG 2002 S. 895.
Liegt eine doppelte Haushaltszugehörigkeit des Kindes vor, so sind bei der weiteren Prüfung folgende Fallgruppen zu unterscheiden:
(1) Nur ein Elternteil erhält die Steuerbegünstigung nach § 10e EStG bzw. einen Fördergrundbetrag nach dem EigZulG:
Baukindergeld bzw. Kinderzulage sind – soweit die übrigen Voraussetzungen vorliegen – für diesen Elternteil in voller Höhe zu gewähren.
(2) Beide Elternteile erhalten die Steuerbegünstigung nach § 10e EStG gleichzeitig für jeweils eigene Objekte (Alleineigentum oder Miteigentum):
Das Baukindergeld ist jedem Elternteil in vollem Umfang zu gewähren. Nach § 34f Abs. 4 Satz 2 EStG ist die doppelte Gewährung dieser Steuerermäßigung nur in Bezug auf dasselbe Objekt, nicht aber hinsichtlich desselben Kindes ausgeschlossen. Nach R 213 Abs. 4 Satz 3 EStR kann im Fall der besonderen Veranlagung nach § 26c EStG jeder Ehegatte die Steuerermäßigung nach § 34f EStG in Anspruch nehmen, wenn die Voraussetzungen dafür in seiner Person erfüllt sind. Bei der besonderen Veranlagung nach § 26c EStG werden Ehegatten so behandelt, als sie diese Ehe nicht geschlossen hätten. Deshalb ist R 213 Abs. 4 Satz 3 EStR auf nicht verheiratete, geschiedene oder dauernd getrennt lebende Eltern analog anzuwenden.
(3) Beide Elternteile erhalten Fördergrundbeträge nach dem EigZulG gleichzeitig für jeweils eigene Objekte (keine Miteigentumsanteile an derselben Wohnung).
Jeder der zusammenlebenden Ehegatten erhält die volle Kinderzulage, wenn die Ehegatten jeweils Alleineigentümer eines Objekts sind. Insoweit sind Ehegatten unverheiratet zusammenlebenden, dauernd getrennt lebenden oder geschiedenen Eltern gleichgestellt.
(4) Ein Elternteil erhält für ein eigenes Objekt die Steuerbegünstigung nach § 10e EStG und der andere erhält gleichzeitig für ein eigenes Objekt einen Fördergrundbetrag nach dem EigZulG (keine Miteigentumsanteile an derselben Wohnung):
Sowohl das Baukindergeld als auch die Kinderzulage sind jeweils in voller Höhe zu gewähren. Denn nach § 9 Abs. 5 Satz 5 EigZulG steht der Kinderzulage die Steuerermäßigung nach § 34f EStG gleich. Einer Halbteilung bedar...