Gesetzestext

 

Bestellt das nach Artikel 3 Absatz 1 zuständige Gericht eines Mitgliedstaats zur Sicherung des Schuldnervermögens einen vorläufigen Verwalter, so ist dieser berechtigt, zur Sicherung und Erhaltung des Schuldnervermögens, das sich in einem anderen Mitgliedstaat befindet, jede Maßnahme zu beantragen, die nach dem Recht dieses Staates für die Zeit zwischen dem Antrag auf Eröffnung eines Liquidationsverfahrens und dessen Eröffnung vorgesehen ist.

1. Allgemeines

 

Rn 1

Durch die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters soll verhindert werden, dass sich die Vermögenslage des Schuldners zwischen dem Insolvenzeröffnungsantrag und der Entscheidung über die Eröffnung zu Lasten der Gläubiger verändert. Ein vorläufiger Insolvenzverwalter kann im Gegensatz zum Hauptinsolvenzverwalter nicht gemäß Art. 29 die Eröffnung eines Sekundärinsolvenzverfahrens beantragen.[1]

 

Rn 2

Art. 38 erlaubt jedoch im Vorfeld der Eröffnung eines Sekundärinsolvenzverfahrens einem vorläufigen Hauptinsolvenzverwalter, in dem Staat, in dem der Schuldner eine Niederlassung[2] hat, Sicherungsmaßnahmen zu beantragen.

 

Rn 3

Ein ausländischer vorläufiger Hauptinsolvenzverwalter kann beispielsweise hinsichtlich der in Deutschland belegenen Gegenstände der Insolvenzmasse die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen gemäß § 21 InsO verlangen.

[1] Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht, 32 (120); Balz, ZIP 1996, 948 (954 f.). Der Hintergrund ist darin zu sehen, dass dem vorläufigen Insolvenzverwalter Maßnahmen der Massesicherung gewährt werden sollen, die seiner eigenen begrenzten und vorläufigen Stellung entsprechen. Es soll kein Sekundärinsolvenzverfahren initiiert werden, ehe das Hauptinsolvenzverfahren eröffnet wurde.
[2] Aus dem Wortlaut des Art. 38 ergibt sich nicht eindeutig das Erfordernis einer Niederlassung, vgl. FK-Wimmer Anhang 1 Rn. 172.

2. Umfang der Sicherungsrechte

 

Rn 4

Diskutiert wird, ob die in Art. 38 betonte Beschränkung auf Sicherung und Erhaltung des Schuldnervermögens einen Verkauf der Niederlassung in der Eröffnungsphase ausschließt.[3]

 

Rn 5

Hierfür sei primär auf die Rechtsansicht des Niederlassungsstaates abzustellen.[4] Die deutsche Fassung spreche darüber hinaus dafür, dass ein derartiger Verkauf zulässig sein müsse: Danach geht es allein um den Erhalt des schuldnerischen Vermögens, nicht aber dessen einzelner Gegenstände. Anders sieht es aus, wenn man die englische Fassung zu Grunde legt. Hier heißt es: "debtor's assets situated in another member state". Es ist also von Vermögensgegenständen die Rede.

[3] Paulus, NZI 2001, 505 (509).
[4] Paulus, a.a.O.

3. Aufsatzliteratur

 

Rn 6

Paulus, Die europäische Insolvenzverordnung und der deutsche Insolvenzverwalter, NZI 2001, 505

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