Rn 1

Die Vorschrift regelt den Fall der Abweisung eines Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse. Neben der Möglichkeit der Abweisung wegen Unzulässigkeit oder Unbegründetheit des Antrags, etwa weil der Antrag beim unzuständigen Gericht gestellt wurde und trotz Hinweises keine Verweisung beantragt wurde, der antragstellende Gläubiger seine Forderung nicht glaubhaft machen konnte oder ein Insolvenzgrund nicht gegeben ist, folgt die Abweisung des Eröffnungsantrags trotz seiner Zulässigkeit und Begründetheit dann, wenn das Schuldnervermögen voraussichtlich nicht ausreichen wird, um die Kosten des Insolvenzverfahrens zu decken.

 

Rn 2

Die Abweisung unterbleibt in diesem Fall, wenn durch den Antragsteller oder von einer dritten Person ein ausreichender Geldbetrag bereitgestellt wird, der die Deckung der voraussichtlichen Verfahrenskosten gewährleistet. Steht für das Gericht die fehlende Massekostendeckung fest und unterbleibt ein Massekostenvorschuss, ist der Antrag auf Eröffnung des Verfahrens zwingend zurückzuweisen, ein Ermessen des Insolvenzgerichtes besteht insoweit nicht mehr.

Durch das Gesetz zur Änderung der Insolvenzordnung und anderer Gesetze (InsO-ÄndG)[1] wurde Abs. 1 Satz 2 um einen weiteren Halbsatz ergänzt. Die Abweisung des Eröffnungsantrags mangels Masse unterbleibt demgemäß auch dann, wenn die Kosten des Insolvenzverfahrens gem. § 4a gestundet werden.

Eine weitere Ergänzung des Absatz 1 durch einen neuen Satz 3 gilt für alle Abweisungsbeschlüsse zu Insolvenzanträgen, die seit dem 1.7.2007 gestellt worden sind. Durch das Gesetz zur Vereinfachung des Insolvenzverfahrens,[2] dass bis auf wenige Vorschriften, die bereits mit Verkündung in Kraft getreten sind, mit Wirkung ab dem 1.7.2007 gilt (Art. 103c Abs. 1 EGInsO), ist nunmehr verbindlich geregelt, dass auch der Beschluss, mit dem ein Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen wird, unverzüglich öffentlich bekannt zu machen ist (§ 9).

 

Rn 3

Die Ermöglichung einer frühzeitigen und erleichterten Eröffnung von Insolvenzverfahren war ein erklärtes Ziel des Gesetzgebers. Mit der Einführung der Insolvenzordnung sollte die Zahl der Eröffnungsanträge, die mangels Masse abgewiesen werden mussten, gegenüber der bislang herrschenden Praxis reduziert werden.[3] Während die Abweisung der Eröffnungsanträge mangels Masse sowohl nach der KO als auch nach der GesO zum Regelfall und die Verfahrenseröffnung zur Ausnahme geworden war, sollte die Eröffnung des Verfahrens aufgrund der Vorschriften der InsO wieder zum Regelfall werden. Die Erwartungen des Gesetzgebers haben sich nach Maßgabe der Daten des statistischen Bundesamtes zwischenzeitlich erfüllt.

Bei den Unternehmensinsolvenzen belief sich die Eröffnungsquote in den Jahren 1999 bis 2001 noch unter 50% mit steigender Tendenz, seit dem Jahr 2002 führt mehr als die Hälfte der Insolvenzanträge zu einer Verfahrenseröffnung, für das Jahr 2005 liegt die Eröffnungsquote bei 63,1%.

Bei den Insolvenzverfahren für die übrigen Schuldner, hier maßgeblich die Insolvenzverfahren über das Vermögen natürlicher Personen, war die Eröffnungsquote im Jahr 1999 noch mit derjenigen für Unternehmensinsolvenzverfahren vergleichbar (ca. 1/3), seit dem Jahr 2002 infolge der Einführung der Verfahrenskostenstundung gemäß § 4a beläuft sich die Eröffnungsquote auf zunächst 88% (2002) und hat 2005 einen Wert von 94,2% erreicht.

 

Rn 4

Das Erfordernis der Deckung der Verfahrenskosten durch das Schuldnervermögen dient auch der Vermeidung der Durchführung zweckloser Verfahren, die lediglich die letzten vorhandenen Schuldnermittel aufzehren und die verbliebenen Chancen der Gläubiger auf eine zumindest teilweise Befriedigung ihrer Forderung endgültig beseitigen.[4]

 

Rn 5

Gegenüber den bisherigen gesetzlichen Regelungen unterscheidet sich Abs. 1 Satz 1 nicht signifikant. Auch bislang sollte die Eröffnung eines Konkurs- bzw. Gesamtvollstreckungsverfahrens unterbleiben, wenn voraussichtlich nicht einmal die Kosten des Verfahrens gedeckt werden konnten.

Die Vorschrift hat indes durch die klare Definition der zu berücksichtigenden Verfahrenskosten gem. § 54 eine neue inhaltliche Bedeutung, da in der Vergangenheit zu den zu berücksichtigenden Kosten u.a. auch solche für die Ermittlung, Einziehung und Verwertung der Aktivmasse ebenso gezählt wurden wie öffentliche Abgaben auf Grundstücke des Gemeinschuldners, Umsatzsteuern für die Umsatzgeschäfte nach Verfahrenseröffnung etc.[5]

 

Rn 6

Diese weite Definition der Verfahrenskosten beruhte auch auf der Vorschrift des § 60 KO, wonach bei einer Masseunzulänglichkeit vor den Verfahrenskosten diejenigen Masseschulden des § 59 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 KO zu bedienen waren. Mit der InsO ist bei Masselosigkeit des Verfahrens gem. § 207 nunmehr eine andere Reihenfolge festgelegt, in jedem Fall sind die Verfahrenskosten vor allen anderen Masseverbindlichkeiten zu berücksichtigen. Indes geht diese Änderung mit einer Verschärfung der persönlichen Haftung des Insolvenzverwalters einher, § 61.

[1] BGBl. I 2001, S. 2710.
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