Gesetzestext

 

(1) 1Das Stimmrecht der Anteilsinhaber des Schuldners bestimmt sich allein nach deren Beteiligung am gezeichneten Kapital oder Vermögen des Schuldners. 2Stimmrechtsbeschränkungen, Sonder- oder Mehrheitsrechte bleiben außer Betracht.

(2) § 237 Absatz 2 gilt entsprechend.

1. Bestimmung des Umfangs der Stimmberechtigung

 

Rn 1

Auch Anteilsrechte am Schuldner können in den Plan einbezogen werden (§ 217 Satz 2). Deshalb bedarf es insofern einer Festlegung der Stimmberechtigung der Anteilsrechtinhaber. Die Vorschrift wurde durch das ESUG eingeführt. Der Umfang des Abstimmungsrechts richtet sich ausschließlich nach dem Kapitalanteil bei Kapitalgesellschaften und dem Vermögensanteil bei Personengesellschaften zum Zeitpunkt der Abstimmung.[1] Entscheidend ist bei Kapitalgesellschaften der Anteil am eingetragenen Haftkapital.[2] Bei fehlender Beeinträchtigung der Rechte der Anteilsinhaber haben sie kein Stimmrecht. Im Einzelnen:

  • Bei Personengesellschaften bestimmt sich das Stimmrecht der Gesellschafter allein nach deren Beteiligung am Vermögen der Gesellschaft, was sich regelmäßig aus dem Gesellschaftsvertrag ergibt. Bleiben Zweifel oder gibt es hierzu keine Regelung, sind die Gesellschafter zu gleichen Anteilen berechtigt.[3]
  • Bei der GmbH richten sich die Stimmrechte nach dem Anteil am Stammkapital. Jeder Euro eines Geschäftsanteils gewährt damit gemäß § 47 Abs. 2 GmbHG eine Stimme.[4] Hierfür wird in der Regel ein Blick in das Handelsregisters genügen.
  • Bei der AG ist auf das eingetragene Haftkapital abzustellen.[5] Je nachdem, ob Nennbetrags- oder Stückaktien (§ 8 Abs. 1 AktG) ausgegeben wurden, ist jeweils auf den Nennbetrag oder die Stückzahl abzustellen (§ 134 Abs. 1 Satz 1 AktG).
  • Bei Genossenschaften ist auf den Nennbetrag des Genossenschaftsanteils abzustellen.[6] Dies ergibt sich aus der Satzung und der Mitgliederliste.
  • Für Vereine fehlt es an einer Regelung. Es ist daher in Anlehnung an § 32 BGB jedem Mitglied ein Stimmrecht zu gewähren.[7]
[1] Spahlinger, NZI-Beilage 2019, 69 (70); HK-Haas, 9. Aufl. 2018, § 238a Rn. 2.; HambKomm-Thies/Lieder, § 238a Rn. 4; vgl. hierzu im Einzelnen für jede Rechtsform K.SchmidtSpliedt, 19. Aufl. 2016, § 238a Rn. 5 ff.; HambKomm-Thies, 7. Auf. 2019, § 238a Rn. 6 ff.
[2] BT-Drs. 17/5712, S. 33.
[3] MünchKomm-Madaus, 3. Aufl. 2014, § 238a Rn. 6; Kübler/Prütting/Bork-Pleister, 68. Lfg. 2016, § 238a Rn. 11; HambKomm-Thies, 7. Aufl. 2019, § 238a Rn. 19 ff.
[4] Kübler/Prütting/Bork-Pleister, 68. Lfg. 2016, § 238a Rn. 7; K.Schmidt-Spliedt, 19. Aufl. 2016, § 238a Rn. 5.
[5] BT-Drs. 17/5712, S. 33.
[6] Jaeger-Kern, 1. Aufl. 2019, § 238a Rn. 10; MünchKomm-Madaus, 3. Aufl. 2014, § 238a Rn. 11; Kübler/Prütting/Bork-Pleister, 68. Lfg. 2016, § 238a Rn. 12.
[7] Uhlenbruck-Hirte, 15. Aufl. 2019, § 238a Rn. 17; Jaeger-Kern, 1. Aufl. 2019, § 238a Rn. 9; MünchKomm-Madaus, 3. Aufl. 2014, § 238a Rn. 12; Kübler/Prütting/Bork-Pleister, 68. Lfg. 2016, § 238a Rn. 13; HambKomm-Thies, 7. Aufl. 2019, § 238a Rn. 27.

2. Stimmrechtsbeschränkungen (§ 238a Abs. 1 Satz 2)

 

Rn 2

Stimmrechtsbindungen oder -beschränkungen, die sich etwa aus dem Gesellschaftsrecht ergeben könnten, werden von § 238a Abs. 1 Satz 2 überlagert. Demnach bleiben neben eventuell bestehenden Stimmrechtsbeschränkungen auch gesellschaftsrechtliche Sonder- oder Mehrstimmrechte außer Betracht.[8] Das Insolvenzrecht genießt insoweit Vorrang.[9]

 

Rn 3

Im Einzelnen:

  • Wegen der Unwirksamkeit von Stimmrechtsbeschränkungen sind auch Inhaber von (gesellschaftsrechtlich) stimmrechtslosen Vorzugsaktien an der Abstimmung über den Insolvenzplan zu beteiligen.[10]
  • Es kommt sowohl bei der AG als auch bei der GmbH nicht darauf an, dass der Gesellschafter seine Einlage vollständig geleistet hat. § 134 Abs. 2 S. 5 AktG findet keine Anwendung. Auch bei der GmbH ist es nicht notwendig, die Stimmrechtsbeschränkung anzuwenden, weil der Insolvenzverwalter die Einlage ohnehin einfordern wird.[11]
  • Auch Begrenzungen auf Höchststimmrechte nach § 134 Abs. 1 Satz 2 AktG sind unbeachtlich.[12]
  • Zu beachten ist allerdings, wenn Stimmrechte nach § 44 AktG i.V.m. §§ 33, 38, 39 AktG ruhen, weil es sich hierbei um Sanktionen handelt, die sonst leer laufen würden.[13] Kein Stimmrecht gewähren sowohl bei der GmbH als auch bei der AktG (vgl. § 71b AktG) vom Schuldner selbst gehaltene Anteile, da in diesem Fall die Mitgliedschaftsrechte generell ausgeschlossen sind.[14]
  • Sonder- und Mehrheitsstimmrechte sind unerheblich. Sonderstimmrechte sind zum Beispiel Stimmrechte von Personen, die überhaupt nicht am Kapital beteiligt sind.[15] Mehrheitsstimmrechte können bei verschiedenen Gesellschaftsformen auftreten z.B. § 5 Abs. 1 EGAktG; § 45 Abs. 1 GmbHG; § 43 Abs. 2 Satz 2 ff. GenG.
  • Schuldrechtliche Stimmrechtsregelungen sind für die Abstimmung nicht entscheidend; weder kann die pflichtgemäße Stimmabgabe erzwungen werden noch hängt die Wirksamkeit der Stimmabgabe von der Befolgung dieser schuldrechtlichen Pflicht ab.[16]
 

Rn 4

Da ein Verweis auf § 77 Abs. 2 Satz 2 – anders als bei den §§ 237, 238 – fehlt, ist unklar, wie bei Unstimmigkeiten über das Stimmrecht zu verfahren ist. Eine analoge Anwendung...

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