Rn 15

Die Erforderlichkeit einer Anzeige an das Insolvenzgericht hat den Zweck und damit weiterhin den Vorteil, dass hierdurch der Zeitpunkt des Eintritts der Masseunzulänglichkeit für alle Betroffenen transparent gemacht wird. Maßgeblich ist der Zugang der Anzeige des Verwalters beim Insolvenzgericht,[25] wobei § 130 BGB analog anzuwenden ist. Von der Anzeige an – und nicht erst ab deren Veröffentlichung – greifen die Rechtsfolgen der Masseunzulänglichkeit ein. Durch diese klare Grenzziehung wird vermieden, dass über die Einordnung eines Gläubigers als "Neu- oder Altmassegläubiger" Streit entstehen kann. Die Feststellung der Masseunzulänglichkeit wirkt unmittelbar für und gegen alle Beteiligten (inter-omnes-Wirkung). Hierdurch bleibt es dem Insolvenzverwalter erspart, die Einrede der Unzulänglichkeit in jedem Prozess zu erheben.[26]

 

Rn 16

Ein Zeitpunkt für die Feststellung der Unzulänglichkeit und damit die Vornahme der Anzeige lässt sich angesichts der vom Verwalter vorzunehmenden Prognose (Rn. 12) nicht festlegen. Vielmehr besteht ein Anzeigezeitraum von der ersten Erkennbarkeit bis zum tatsächlichen Eintritt der Unzulänglichkeit im weiteren Sinne.[27] Allerdings wird die Ermessensentscheidung des Insolvenzverwalters durch seine Haftung aus § 61 eingeschränkt, so dass er nur so lange mit der Anzeige warten kann, wie er aufgrund der ihm vorliegenden finanziellen Daten davon ausgehen darf, dass eine Unzulänglichkeit ausbleiben wird. Wegen der Beweislastumkehr des § 61 Satz 2 sollte sichergestellt werden, dass sich diese Einschätzung anhand schriftlicher Unterlagen auch später (im Haftungsprozess) nachvollziehen lässt.

 

Rn 17

Gerade um den Altmassegläubigern einen Einblick in die finanzielle Lage zu geben, sollte der Verwalter seiner Anzeige einen aktuellen Insolvenzstatus beifügen,[28] allein eine Mitteilung über die verfügbaren liquiden Mittel reicht nicht aus[29]. Dieser ist sodann den Massegläubigern zusammen mit der Anzeige nach § 208 Abs. 2 Satz 2 zuzustellen (Rn. 31). Nur so kann sich einerseits der Verwalter vor einem Haftungsprozess ausreichend schützen und wird andererseits den berechtigten Interessen der Altmassegläubiger angemessen Rechnung getragen.[30]

[25] Runkel/Schnurbusch, NZI 2000, 49 (51); Nerlich/Römermann-Westphal, § 208 Rn. 22.
[26] Kübler, in: Kölner Schrift, S. 967 (973 f.), Rn. 21 bis 24. Bisher galt nur eine Inter-partes-Wirkung; siehe z. B. Kilger/K. Schmidt, KO § 60 Anm. 1.
[27] Haarmeyer/Wutzke/Förster, Kap. 8 Rn. 139.
[28] BayObLG ZInsO 2000, 410 (LS); Hess/Pape, Rn. 778; a. A. Kübler/Prütting/Bork-Pape, § 208 Rn. 11, der zu diesem Zeitpunkt bereits die anteilige Schlussrechnung des Verwalters verlangt.
[29] BayObLG NZI 2000, 366 (366 f.) = ZInsO 2000, 410 (LS).
[30] Auf diese Weise wird den Massegläubigern auch eine Kontrolle über die Anzeige des Verwalters ermöglicht, so dass die von Kübler/Prütting/Bork-Pape, § 208 Rn. 5, und Nerlich/Römermann-Westphal, § 208 Rn. 16, geäußerten Bedenken zu entkräften sind.

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