Entscheidungsstichwort (Thema)

Zusammenschluß eines Steuerberaters mit einem Diplomfinanzwirt zu einer Zoll-Unternehmensberatung unzulässig

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Beratung im Zusammenhang mit Zöllen und Verbrauchsteuern sowie Eingangsabgaben oder Abschöpfungen – auch soweit diese durch das Recht der europäischen Gemeinschaften geregelt werden (§§ 1, 3 AO) – gehört zum beruflichen Tätigkeitsfeld des Steuerberaters im Sinne von § 1 Abs. 1 StBerG. Eine Aufteilung in einen steuerrechtlichen Teil und einen unternehmensberatenden „zollfachlichen” Teil ist nicht möglich.

2. Ein Steuerberater, der sich zusätzlich zu einer bestehenden Sozietät mit einem Unternehmensberater zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammenschließt und gegen Versprechen einer Vertragsstrafe zusagt, seine laufenden Zollmandate in die Gesellschaft einzubringen und die Zollberatung zukünftig ausschließlich im Rahmen der GbR auszuüben, verstößt gegen § 57 Abs. 1 StBerG. Durch diesen Vertrag ist eine umfassende steuerliche Hilfeleistung im Rahmen der Sozietät nicht mehr gewährleistet und damit die Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit der dort tätigen Berufsangehörigen in Frage gestellt.

3. Einem Steuerberater ist ein Zusammenschluß mit anderen als im Gesetz genannten partnerschaftsfähigen Berufen nicht gestattet, da andere Berufe keiner Berufskammer angehören und damit keinen Berufspflichten und keiner Berufsaufsicht unterliegen. Ein Diplomfinanzwirt gehört unter keinem denkbaren Gesichtspunkt zu den partnerschaftsfähigen Berufen.

 

Normenkette

StBerG § 1 Abs. 1, § 56 Abs. 1, § 57 Abs. 1

 

Verfahrensgang

OLG Celle (Urteil vom 04.06.1996; Aktenzeichen StO 1/92)

LG Hannover (Entscheidung vom 22.01.1996; Aktenzeichen 44 StL 27/92)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Berufsangehörigen dagegen, daß im Urteil des Oberlandesgerichts Celle vom 4. Juni 1996 die Revision nicht zugelassen worden ist, wird zurückgewiesen.

2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

 

Tatbestand

Der Berufsangehörige ist durch die Kammer für Steuerberater- und Steuerbevollmächtigtensachen des Landgerichts Hannover mit Urteil vom 22. Januar 1996 einer Berufspflichtverletzung für schuldig erachtet worden; gegen ihn wurde ein Verweis und eine Geldbuße von 5.000,– DM verhängt. Seine hiergegen gerichtete Berufung hat das Oberlandesgericht Celle durch den zuständigen Senat für Steuerberater- und Steuerbevollmächtigtensachen mit Urteil vom 4. Juni 1996 verworfen. Die Revision hat das Oberlandesgericht nicht zugelassen.

Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich der Berufsangehörige mit seiner (fristgemäßen) Beschwerde vom 13. August 1996. Der Senat des Oberlandesgerichts hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Beschluß vom 30. August 1996), so daß nunmehr der Bundesgerichtshof zur Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision nach § 129 Abs. 3, 5 StBerG berufen ist. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

I.

In der Sache geht es um folgendes:

1. Der Berufsangehörige, ein ehemaliger Zollinspektor bei der OFD H. und als solcher Dipl.-Finanzwirt, ist seit Jahren als Steuerberater tätig (Steuerbevollmächtigter 1971, Steuerberater 1978), und zwar in Sozietät mit zwei weiteren Steuerberatern; die Sozietät C. und Partner unterhält zwei Büros in Ha. (N.) und H. sowie eine auswärtige Beratungsstelle in L.. Der Berufsangehörige hat sich als Steuerberater auf Fragen des Zoll- und Verbrauchsteuerrechts sowie des EG-Rechts spezialisiert.

Mitte 1989 schloß der Berufsangehörige mit dem ehemaligen Zollreferenten der T. AG, dem Dipl.-Finanzwirt Har., einen Gesellschaftsvertrag zur Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts unter der Bezeichnung CHC C. und Har. Consulting (im Folgenden GbR), deren Zweck die gemeinsame freiberufliche Ausübung der „Zoll-Unternehmensberatung” sein sollte. Der Berufsangehörige verpflichtete sich, seine laufenden Zollmandate in die Gesellschaft einzubringen und die Zollberatung ausschließlich im Rahmen der GbR und nicht mehr im Rahmen der Steuerberatersozietät auszuüben; zugleich unterwarf er sich einem Wettbewerbsverbot hinsichtlich des Tätigkeitsbereichs der GbR sowie bei Verstoß einer Vertragsstrafe von jeweils 10.000,– DM.

Die veränderten Rechtsverhältnisse zeigte der Berufsangehörige der niedersächsischen Steuerberaterkammer nicht an. Diese wurde erst 1991 auf die GbR und ihr Tätigkeitsfeld aufmerksam. Nachdem der Berufsangehörige sich gegenüber der Steuerberaterkammer auf den Standpunkt gestellt hatte, die von ihm gewählten Formen der Berufsausübung seien standesrechtlich unbedenklich und er darauf beharrte, die Zollberatung im Rahmen der GbR weiter fortzuführen, wurde das berufsgerichtliche Verfahren eingeleitet.

Sowohl das Landgericht Hannover als auch das Oberlandesgericht Celle sehen in dem Abschluß des Gesellschaftsvertrages und der daraus folgenden Verpflichtung zur Aufteilung der Mandate in einen steuerrechtlichen Teil, der von der Steuerberatersozietät abgedeckt wird, und einen zollrechtlichen Teil, welcher der GbR „zusteht”, einen Verstoß gegen § 57 Abs. 1 StBerG. Denn das Wettbewerbsverbot zugunsten der GbR und die Unterwerfung unter die Vertragsstrafe im Falle der Zuwiderhandlung widerstreite einer eigenverantwortlichen und unabhängigen Berufsausübung als Steuerberater. Zum anderen verstoße der Zusammenschluß mit einem Nichtberufsangehörigen in der GbR gegen § 56 Abs. 1 StBerG. Dessen ungeachtet betreibt der Berufsangehörige seine Tätigkeit im Rahmen der GbR weiter.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die hier zu entscheidenden Rechtsfragen sind auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen vom Tatrichter zutreffend und umfassend behandelt worden. Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Einwendungen zeigen keine Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf, die eine Zulassung der Revision rechtfertigen würden.

1. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß die Beratung im Zusammenhang mit Zöllen und Verbrauchsteuern sowie Eingangsabgaben oder Abschöpfungen – auch soweit diese durch das Recht der europäischen Gemeinschaften geregelt werden (vgl. §§ 1, 3 AO) – zum beruflichen Tätigkeitsfeld des Steuerberaters im Sinne von § 1 Abs. 1 StBerG gehört. Eine Aufteilung in einen steuerrechtlichen Teil und einen unternehmensberatenden „zollfachlichen” Teil ist nicht möglich.

Daß tatsächlich viele Steuerberater sich mit dem Verbrauchsteuerrecht und dem EG-Recht als einer speziellen Materie nicht befassen, steht dem nicht entgegen. Insbesondere folgt daraus – entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers – kein Sonderrecht für „freiberufliche Zollberater” außerhalb der standesrechtlichen Regelungen des Steuerberatungsgesetzes. Der in diesem Bereich spezialisierte Steuerberater oder Rechtsanwalt ist vielmehr gehalten, seine berufliche Tätigkeit im Rahmen des ihm vorgegebenen Standesrechts zu gestalten, will er nicht den Status des freien Berufes und damit im Ergebnis seine Zulassung gefährden.

2. Zu Recht hat das Oberlandesgericht einen Verstoß gegen § 57 Abs. 1 StBerG in der Wettbewerbsregelung des Gesellschaftsvertrages bejaht. Denn durch das Wettbewerbsverbot und die Vertragsstrafe wird die umfassende Hilfeleistung in Steuersachen für Mandanten der Steuerberatersozietät C. und Partner durch den Beschwerdeführer nicht mehr gewährleistet. Sie müssen sich bei zoll- und EG-rechtlichen Angelegenheiten auf die GbR verweisen lassen. Dadurch wird die Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit des Berufsangehörigen in der Steuerberatersozietät in Frage gestellt.

a) Unabhängigkeit im Sinne von § 57 Abs. 1 StBerG bedeutet, daß der Steuerberater seinen Beruf frei von sachfremden Einflüssen ausüben muß, insbesondere in keinem Interessenkonflikt stehen darf (vgl. Kuhls/Maxl, StBerG, § 57 Rdn. 39). Das Eigeninteresse des Beschwerdeführers wegen der selbst eingegangenen vertraglichen Verpflichtung in der GbR und der drohenden relativ hohen Vertragsstrafe im Einzelfall bei standesgemäßem Verhalten in der Sozietät rufen die konkrete und begründete Gefahr hervor, daß der Beschwerdeführer nicht aus sachgerechten Erwägungen, sondern aufgrund seiner eigenen wirtschaftlichen Interessen nur eine begrenzte Beratung in der Sozietät erbringt. Die wirtschaftlichen Verpflichtungen zwischen seiner Berufstätigkeit als Steuerberater in der Sozietät und der Tätigkeit in der GbR, die er mit einem Berufsangehörigen zusammen betreibt, gefährden daher seine Unabhängigkeit als Steuerberater insgesamt (vgl. dazu Gehre, StBerG, 3. Aufl., § 57 Rdn. 25).

b) Eigenverantwortlichkeit im Sinne von § 57 Abs. 1 StBerG erfordert die Freiheit zu pflichtgemäßem Handeln (Kuhls/Maxl, aaO, Rdn. 108). Dieser Freiheit hat der Beschwerdeführer sich durch die Verpflichtung zur Übergabe des jeweiligen „Zollmandats” an die GbR begeben.

c) Diesen, dem Standesrecht eigenen Grundsätzen kann vom Beschwerdeführer nicht entgegengehalten werden, die „Zollmandate” seien ohnehin persönliche Mandate; seinen Mandanten komme es nicht darauf an, unter welchem Briefkopf er persönlich sie betreue. Das mag im Einzelfall so sein; es ändert jedoch nichts an den aufgezeigten Grundsätzen. Insbesondere werden dadurch keine Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen, die eine Zulassung der Revision rechtfertigen könnten.

3. Auch den Verstoß gegen § 56 Abs. 1 StBerG hat der Tatrichter zu Recht bejaht.

Der vom Gesetz aufgezählte Kreis partnerschaftsfähiger Berufe (Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Angehörige rechts- und wirtschaftsberatender Berufe) ist abschließend geregelt; ein Zusammenschluß mit anderen Berufen, die keiner Berufskammer angehören und damit keinen Berufspflichten und keiner Berufsaufsicht unterliegen, ist danach nicht zulässig. Dies gilt auch für eine Zusammenarbeit mit „Unternehmensberatern” im weitesten Sinne, mögen sie auch Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG erzielen. Entscheidend für die berufsrechtliche Beurteilung ist, daß sie keinen speziellen Berufspflichten unterliegen und keine Berufsordnungen haben. Durch eine solche Zusammenarbeit würden im Hinblick auf den Berufsangehörigen die Grenzen zur unerlaubten gewerblichen Tätigkeit verwischt (vgl. Gehre, aaO, § 56 Rdn. 3; Kuhls/Maxl, aaO, § 56 Rdn. 56).

a) Die Zulässigkeit von Zusammenschlüssen zwischen „verkammerten” Berufen hat ihren Niederschlag in der Neufassung des § 56 Abs. 1 StBerG gefunden. Der Dipl.-Finanzwirt gehört jedoch unter keinem denkbaren Gesichtspunkt zu den partnerschaftsfähigen Berufen im Sinne von § 56 StBerG. Das Diplom weist seinen Inhaber lediglich als einen Absolventen einer (verwaltungsinternen) Fachhochschule aus, der die Ausbildung für Finanzbeamte des gehobenen Dienstes zum Inspektor durchlaufen hat. Dies berechtigt ihn dazu, gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 2 StBerG nach vierjähriger praktischer Tätigkeit die Zulassung zur Steuerberaterprüfung zu beantragen, d.h. er hat die Vorbildungsvoraussetzung damit erfüllt; ob er als Steuerberater tätig werden kann, bedarf grundsätzlich des Bestehens der Steuerberaterprüfung und der Zulassung als Steuerberater. Diese Voraussetzungen liegen bei dem Mitgesellschafter Har. ersichtlich nicht vor.

b) Auch dessen praktische Erfahrung als Zollreferent eines Wirtschaftsunternehmens ändert daran nichts. Die hiergegen vom Beschwerdeführer unter Hinweis auf Kuhls/Meurers, StBerG, § 4 Rdn. 115 bis 119 geltend gemachten Einwendungen, das Oberlandesgericht habe die Besonderheiten der freiberuflichen Zollberatung ignoriert, trifft nicht zu. Vielmehr hat das Oberlandesgericht die Regelungen nach § 4 Nr. 9 a und b StBerG bedacht und zutreffend als Ausnahmetatbestände behandelt, deren Voraussetzungen hier eindeutig nicht vorliegen. Zu Recht hat das Oberlandesgericht aus diesen Ausnahmeregelungen nicht den vom Beschwerdeführer gewünschten Schluß gezogen, daß es einer erweiterten Auslegung zur Schaffung des Berufsbildes eines „Helfers in Eingangsabgabensachen” bedarf, der aufgrund seiner praktischen Erfahrung ohne weitere Zulassung zum Berufsangehörigen im Sinne des Steuerberatungsgesetzes wird. Der Beschwerdeführer begehrt hier etwas, was der Gesetzgeber gerade nicht gewollt hat; die Regelung in § 4 Nr. 9 StBerG folgt lediglich der praktischen Notwendigkeit einer schnellen und praxisnahen Zollbehandlung, ohne die bezeichneten Berufe der Spediteure und Zolldeklaranten in den Stand der Steuerberater zu erheben. Es steht jedem Steuerberater frei, diesen Beratungsbereich für sich zu nutzen; umgekehrt aber kann die Regelung nicht dafür herangezogen werden, einen Dipl.-Finanzwirt aufgrund seiner praktischen Erfahrung im Zollrecht zum Steuerberater zu machen. Dies kann auch nicht über den Umweg einer GbR mit einem Berufsangehörigen geschehen, zumal es den Berufsangehörigen auch in anderen in § 4 StBerG genannten Ausnahmefällen untersagt ist, eine Sozietät zu bilden wie z.B. mit Lohnsteuerhilfevereinen (§ 4 Nr. 11 StBerG).

4. Auch im übrigen ist dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Schriftsatz vom 13. August 1996 nichts zu entnehmen, was über seinen Einzelfall hinaus von grundsätzlicher Bedeutung sein könnte.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1974784

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