Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Leistet ein Angehöriger eines freien Berufs Beiträge zu Kapitalansammlungsverträgen im Sinne des § 10 Abs. 1 Ziff. 2d EStG 1953 aus Honorarvorschüssen, so liegt kein Sparen in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Aufnahme eines Kredits vor.
Bei einem Wirtschaftsprüfer und Steuerberater gehört ein Kapitalansammlungsvertrag im Sinne des § 10 Abs. 1 Ziff. 2d EStG 1953 zum notwendigen Privatvermögen. EStG 1953 §§ 4 Abs. 1, 10, Abs. 1
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1, § 10/1/2
Tatbestand
Der Bf. ist Wirtschaftsprüfer und Steuerberater. Er ermittelte seinen Gewinn aus freier Berufstätigkeit für das Streitjahr nach § 4 Abs. 1 EStG 1953 durch Bestandsvergleich. Bei der Veranlagung erkannte das Finanzamt nicht den Abzug von 10 000 DM, die der Bf. auf zwei Kapitalansammlungsverträge von je 5000 DM am 28. und 30. Dezember 1954 bei der Bank eingezahlt hatte, im Rahmen der Höchstbeträge nach § 10 Abs. 2 Ziff. 3 EStG 1953 als Sonderausgaben an, weil er die Sparkonten in seiner Vermögensübersicht auf den 31. Dezember 1954 als Betriebsvermögen ausgewiesen hatte.
Der Steuerausschuß hielt an der Ablehnung des begehrten Sonderausgabenabzugs fest und begründete sie, darin den Feststellungen des Betriebsprüfungsberichts folgend, zusätzlich für einen Betrag von 5000 DM unter Berufung auf § 10 Abs. 1 Ziff. 2 nach Buchstabe d EStG 1953 damit, daß der Bf. diesen Betrag in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Aufnahme eines Kredits bei der Firma M., einer Mandantin von ihm, geleistet habe.
Die Berufung blieb in der Sache erfolglos. Das Finanzgericht führte aus, ein Sparen im wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Aufnahme eines Kredits liege zwar nicht vor, jedoch habe der Bf. die Sparkonten als Betriebsvermögen ausgewiesen. Hierdurch seien die Beiträge nicht Sonderausgaben, sondern Betriebsausgaben.
Entscheidungsgründe
Die Prüfung der Rb. ergibt folgendes:
Nach § 10 Abs. 1 Ziff. 2 Buchstabe d in Verbindung mit § 51 Abs. 1 Ziff. 2 Buchstabe f EStG 1953, §§ 17 ff. EStDV 1953 sind Beiträge zu Kapitalansammlungsverträgen, zu denen insbesondere die vom Bf. abgeschlossenen allgemeinen Sparverträge im Sinne des § 18 EStDV 1953 gehören, nur dann als Sonderausgaben abzugsfähig, wenn sie weder unmittelbar noch mittelbar in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Aufnahme eines Kredits stehen (§ 10 Abs. 1 Ziff. 2 nach Buchstabe d EStG 1953). Dem Finanzgericht ist darin beizutreten, daß die in dem streitigen Veranlagungszeitraum geleisteten Beiträge des Bf. nicht in wirtschaftlichem Zusammenhang mit einer Kreditaufnahme stehen. Der Senat schließt sich der Rechtsauffassung des Finanzgerichts an, daß die Vorschüsse der Firma M. an den Bf. in Höhe von 9788 DM zum 31. Dezember 1954 nicht als Kreditaufnahme angesehen werden können. Die Verbindung zwischen der Beitragsleistung des Bf. zu dem einen der beiden Sparverträge und den Vorschüssen der Firma M. Steht allerdings fest. Denn der Bf. hat diesen Sparvertrag mit einem Scheck der Firma M. über 5000 DM valutiert. Die Vorschüsse der Firma M. sind aber Vorauszahlungen auf das Honorar des Bf. aus dessen Leistungen für die genannte Firma. Sie sind somit Leistungsentgelt, nicht Hingabe eines Darlehens. Hierbei ist es nach Ansicht des Senats ohne Bedeutung, ob der Bf. am Bilanzstichtag seine vertraglichen Leistungen der Firma M. gegenüber in Höhe der an ihn gezahlten Vorschüsse bereits ganz oder teilweise erbracht und ob der die daraus entstandenen Honorarforderungen bilanziert hat. Der Bf. hat die Vorschüsse auch umsatzsteuerlich als Betriebseinnahmen behandelt. Eine andere Beurteilung der Vorschüsse könnte am Platze sein, wenn der Weg einer Vorschußzahlung nur zum Schein gewählt worden wäre, um die in Wirklichkeit vorliegende Kreditaufnahme zu verdecken (§ 5 Abs. 1 des Steueranpassungsgesetzes). Im Streitfall hat das Finanzgericht in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, daß es sich um ernstgemeinte Vorschußleistungen der Firma M. gehandelt hat. An diese Feststellung, die keinen Irrtum des Finanzgerichts erkennen läßt, ist der Senat gebunden.
Dem Finanzgericht ist auch darin beizutreten, daß Ausgaben, die ein Steuerpflichtiger leistet, dann nicht als Sonderausgaben im Sinne des § 10 EStG 1953 beurteilt werden können, wenn sie Betriebsausgaben sind oder der Steuerpflichtige sie zulässigerweise im Rahmen der ihm gegebenen Möglichkeiten, Vorgänge als Betriebsvorgänge zu behandeln, als Betriebsausgaben verbucht (Urteil des Bundesfinanzhofs VI 153/55 U vom 18. Januar 1957, BStBl 1957 III S. 69, Slg. Bd. 64 S. 180). Auf Rechtsirrtum beruht aber die Feststellung des Finanzgerichts, die fraglichen Kapitalansammlungsverträge seien beim Bf. Betriebsvermögen. Sie sind nicht notwendiges Betriebsvermögen. Zu diesem gehören nur solche Wirtschaftsgüter und als notwendige Betriebsvorfällen können nur solche Vorfälle behandelt werden, die dem Betrieb tatsächlich dienen. Eine so enge betriebliche Beziehung ist für die hier in Frage stehenden Sparverträge des Bf. nicht anzunehmen. Sie sind aber auch kein sogenanntes gewillkürtes Betriebsvermögen. Der Senat braucht nicht zu der Frage Stellung zu nehmen, in welchem Umfang bei Steuerpflichtigen, die ihren Gewinn durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1, also nicht nach § 5 EStG 1953, ermitteln, gewillkürtes Betriebsvermögen angenommen werden könnte, wie das im Urteil des Bundesfinanzhofs IV 19/55 U vom 12. Mai 1955 (BStBl 1955 III S. 205, Slg. Bd. 61 S. 18) für den Personenkraftwagen eines Zahnarztes bejaht wurde. Die Annahme gewillkürten Betriebsvermögens setzt voraus, daß es sich nicht um Gegenstände des notwendigen Privatvermögens oder Vorgänge innerhalb desselben handelt. Als notwendiges Privatvermögen sind aber nach ständiger Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs insbesondere Geldgeschäfte (Darlehen, Bürgschaftsübernahme) der Angehörigen der freien Berufe angesehen worden (vgl. hierzu Urteil des Reichsfinanzhofs IV 128/38 vom 22. September 1938, RStBl 1939 S. 26, für einen Rechtsanwalt unter Bezugnahme auf das Urteil des Reichsfinanzhofs VI A 16/33 vom 20. Februar 1935, RStBl 1935 S. 870). Das gilt im wesentlichen auch für einen Wirtschaftsprüfer und Steuerberater. Hieran hält der Senat fest. Geldgeschäfte der genannten Art können bei Angehörigen der freien Berufe nur ausnahmsweise und nur dann zum Betriebsvermögen gezogen werden, wenn sie in deutlich erkennbarem Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit stehen und abgeschlossen worden sind, weil es die berufliche Tätigkeit erforderte. Dann sind sie insoweit notwendiges Betriebsvermögen. Hiervon kann beim Abschluß eines Sparvertrages mit einer Bank keine Rede sein, gleichgültig, ob es sich um die Begründung eines normalen Sparkontos oder um die eines steuerbegünstigten Sparkontos im Sinne des § 10 Abs. 1 Ziff. 2 Buchstabe d EStG 1953 handelt. Der Abschluß eines solchen Sparvertrages entspringt anderen Beweggründen als dem Zwang oder auch nur der Zweckmäßigkeit, der Berufsausübung zu dienen. Bei einem steuerbegünstigten Kapitalansammlungsvertrag wird das besonders deutlich. Er wird abgeschlossen, um in den Genuß der damit verbundenen Einkommensteuervergünstigung zu gelangen. Wenn der Bf. die fraglichen Sparkonten gleichwohl in seiner Vermögensübersicht nach § 4 Abs. 1 EStG 1953 ausgewiesen hat, so werden sie dadurch im Gegensatz zur Auffassung des Finanzgerichts nicht zum Betriebsvermögen. Sie sind das auch nicht dadurch geworden, daß der Bf. die Zinsen aus diesen Sparkonten tatsächlich als Betriebseinnahmen gebucht hat. Hierin liegt eine objektiv falsche Gewinnermittlung, die berichtigt werden muß. An dieser Beurteilung ändert auch nichts der Umstand, daß der Bf. für beide Sparverträge als verfügungsberechtigt im Falle seines Todes seine Bürovorsteherin bezeichnet hat.
Fundstellen
Haufe-Index 409609 |
BStBl III 1960, 172 |
BFHE 1960, 456 |
BFHE 70, 456 |
BB 1960, 543 |
DB 1960, 540 |