Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Veräußert ein Kaufmann den zu seinem Betriebsvermögen gehörenden Kraftwagen, der zum Teil auch privat genutzt wurde, so ist der gesamte Unterschiedsbetrag zwischen Buchwert und Veräußerungserlös Gewinn aus Gewerbebetrieb. EStG 1955 § 5, § 4 Abs. 1 und 3.
Normenkette
EStG §§ 5, 4/1, § 4 Abs. 3
Tatbestand
Der Bf. ist im Handelsregister eingetragener Schmuckwareneinzelhändler. Zu seinem Betriebsvermögen gehörte im Streitjahr ein Personenkraftwagen, der in der Bilanz mit einem Erinnerungswert von 1 DM zu Buche stand. Im Jahre 1955 verkaufte der Bf. den Wagen für 2550 DM. Den Veräußerungsgewinn von 2549 DM kürzte er um den Betrag von 1/7 = 364,14 DM, nämlich um einen nach seiner Ansicht als privat zu behandelnden Gewinnanteil, da stets 1/7 der gesamten Autokosten einschließlich der Absetzung für Abnutzung (AfA) als Privatentnahme behandelt worden sei. Dadurch seien stille Rücklagen entstanden, die beim Verkauf des Wirtschaftsguts aufgelöst worden seien. Der Buchgewinn müsse daher selbstverständlich in einen Betriebs- und einen Privatanteil aufgeteilt werden. Das Finanzamt erkannte die Aufteilung nicht an, sondern behandelte den gesamten Veräußerungsgewinn als steuerpflichtig.
Einspruch und Berufung blieben erfolglos. Das Finanzgericht führte aus, daß aus der unstreitigen Entscheidung des Bf., den Personenkraftwagen als Betriebsvermögen zu behandeln, auch alle steuerlichen Folgerungen bei dem Verkauf des Wagens gezogen werden müßten. Der auf die private Nutzung fallende Teil der Kosten einschließlich der AfA sei als Privatentnahme zu behandeln. Beim Verkauf des Personenkraftwagens erfolge jedoch keine Einlage oder Wiederzuführung der Entnahme. Der Buchwert des Kraftwagens könne daher nicht um den privaten Anteil der AfA erhöht werden, da sonst eine unzulässige Rückgängigmachung der Aufteilung der AfA für die private Nutzung erfolgen würde. Wenn die Anschaffung des Wagens ein betrieblicher Vorgang gewesen sei, so gelte das auch für die Veräußerung, da der Wagen in vollem Umfang Gegenstand des Betriebsvermögens gewesen sei.
Mit der Rechtsbeschwerde führt der Bf. aus, nach der Rechtsprechung sei die Aufteilung eines einheitlichen Wirtschaftsguts nicht möglich, wenn es auch zu unterschiedlichen Zwecken genutzt werde. Im Falle der Benutzung des Personenkraftwagens zu betrieblichen und privaten Zwecken werde bezüglich der Kosten der privaten Nutzung einschließlich der AfA eine Privatentnahme angenommen. Die AfA könne nur geschätzt werden. Werde sie jedoch, wie hier, zu hoch bemessen, so bilde sich eine stille Rücklage, bei deren Auflösung demgemäß der Buchgewinn um die in der Entnahme enthaltene zu hoch bemessene AfA gekürzt werden müsse. Es sei wirtschaftlich betrachtet nichts anderes als die notwendige Berichtigung eines scheinbaren Buchgewinns, auch wenn der Wagen selbst in vollem Umfange zum Betriebsvermögen gehört habe. Man könne dem auch nicht entgegenhalten, daß in dem Buchgewinn ein echter Gewinn enthalten sei, da gebrauchte Wagen in der Regel nicht mit Gewinn verkauft würden. Der Gewinn ergebe sich vielmehr aus der zu hoch bemessenen AfA und müsse daher aufgeteilt werden.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde ist im Streitpunkt nicht begründet.
Die streitige Rechtsfrage ist bislang höchstrichterlich noch nicht entschieden worden. In der Literatur sind die Ansichten darüber geteilt, ob der Veräußerungserlös aus dem Verkauf eines gemischtgenutzten Personenkraftwagens voll steuerpflichtig ist oder ob der Bucherlös nur entsprechend dem Umfang des betrieblichen Nutzungsanteils zu versteuern ist (so z. B. Hartmann-Böttcher, Anm. 27b zu den §§ 4, 5 EStG; Gercke, Deutsche Steuer-Rundschau 1955 S. 487; Müller, Deutsche Steuer-Rundschau 1956 S. 153; Niepoth, Der Betriebs-Berater 1955 S. 825, und Weich, Steuerwarte 1955 S. 12). Zur Begründung dieser Ansicht wird dazu im wesentlichen angeführt, die AfA sei, wie sich durch den Verkauf des Wagens gezeigt habe, höher als der tatsächliche Wertverzehr angesetzt worden. Dadurch sei die Bildung einer stillen Reserve ermöglicht worden, die in Höhe des prozentualen Nutzungsanteils hinsichtlich der privaten Nutzung erfolgsneutral behandelt werden müsse. Entweder sei eine Einlage in Höhe des Betrags der stillen Reserve in das Betriebsvermögen anzunehmen, oder es müsse eine Berichtigung der Berechnung des als Entnahme behandelten AfA- Anteils erfolgen.
Die Rechtsprechung der Finanzgerichte und ein Teil der Literatur haben demgegenüber die Steuerpflicht des vollen Bucherlöses angenommen (so Finanzgericht Hamburg, Deutsche Steuer-Zeitung, Ausgabe B 1958 S. 261; Finanzgericht München, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1957 S. 361; Finanzgericht Rheinland-Pfalz, EFG 1957 S. 402; Finanzgericht Stuttgart, EFG 1958 S. 231; Littmann, Einkommensteuerrecht, 6. Auflage, §§ 4, 5 EStG Textziffern 346 und 347; Barske, Deutsche Steuer-Zeitung, Ausgabe A 1955 S. 91; Theis-Schmitz, Der Betrieb, Beilage Nr. 11 zu Heft Nr. 27/55 und Beilage Nr. 13 zu Heft Nr. 41/53; Lademann-Lenski- Brockhoff, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, Anm. 20 1, k zu §§ 4 - 7 EStG; Herrmann-Heuer, Anm. 62 zu § 4 EStG, S. E 195, und andere). Der Senat tritt dieser Ansicht bei. Der Bf. hat den Personenkraftwagen zulässigerweise als Gegenstand des Betriebsvermögens in seiner Buchführung behandelt. Damit ist dieser, wie auch der Bf. nicht bestreitet, in vollem Umfange Gegenstand des Betriebsvermögens geworden. Eine nur anteilige Zuführung zum Betriebsvermögen ist beim Personenkraftwagen, anders als etwa bei einem Gebäude, nicht denkbar, so daß auch nicht ein dem Privatvermögen zuzurechnender privatgenutzter Teil des Personenkraftwagens erfolgsneutral veräußert werden kann. Die Veräußerung stellt somit auch in vollem Umfange einen Geschäftsvorgang und der Bucherlös somit gewerblichen Gewinn dar. Dem steht nicht entgegen, daß die Notwendigkeit der Aufteilung der gesamten durch den Betrieb des Personenkraftwagens verursachten Kosten einschließlich der AfA sich aus der Tatsache ergibt, daß die private Nutzung des zum Betriebsvermögen gehörenden Personenkraftwagens eine Privatentnahme darstellt, die mit dem Teilwert anzusetzen ist (§ 6 Abs. 1 Ziff. 4 EStG). Der Ansatz der anteiligen AfA ist letztlich nichts anderes als der Ansatz eines Rechnungspostens für die Bemessung der an die Privatsphäre erfolgenden Wertabgabe. Zutreffend hat Barske (a. a. O.) bereits darauf hingewiesen, daß es sich um zwei verschiedene Sachverhalte bei der Erfassung der dem Betrieb entzogenen Nutzung des Personenkraftwagens einerseits und des erzielten buchmäßigen Verkaufsgewinns andererseits handelt, die nicht miteinander verquickt werden können. Schließlich ist, jedenfalls theoretisch, die Ansicht nicht zwingend, worauf der Bf. selbst hinweist, daß der Buchgewinn stets durch Vornahme zu hoher AfA in den Jahren vor dem Verkauf des Wagens entstanden sei, da er auch unter Umständen durch konjunkturelle Wertsteigerung und andere Umstände bedingt sein kann. Es kann auch nicht eingewandt werden, daß in Höhe des unter Umständen unrichtig berechneten AfA-Anteils innerhalb der Entnahmen eine Einlage in dieser Höhe in das Betriebsvermögen des Bf. erfolgt wäre, da diesem tatsächlich Werte, die als Einlage angesehen werden könnten , nicht zugeführt werden. Eine etwaige Berichtigung der früheren Entnahmen zu Lasten des Gewinns und der Steuer des Streitjahres ist ebenfalls nicht möglich, weil, worauf bereits Theis-Schmitz (a. a. O. Beilage 13) hingewiesen haben, einmal getätigte Privatentnahmen nicht zurückgerechnet werden können (so auch Tipke, Das Kraftfahrzeug, Fachverlag für Wirtschafts- und Steuerrecht, Schäffer & Co. GmbH, Stuttgart, S. 56/57). Dem würde schließlich auch der Grundsatz entgegenstehen, daß tatsächliche Vorgänge jeweils in dem Steuerabschnitt, in dem sie anfallen, sich steuerlich auswirken und eine Verrechnung durch mehrere Jahre nicht möglich ist (Ausnahme siehe Verlustvortrag).
Danach muß davon ausgegangen werden, daß der Verkauf des Personenkraftwagens als Betriebsvorgang in vollem Umfang zu einem betrieblichen Gewinn geführt hat. Im Streitfall hat der Bf. als eingetragener Kaufmann seinen Gewinn nach § 5 EStG ermittelt. Der Senat weist darauf hin, daß auch bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG, obwohl hierbei Entnahmen nicht in Betracht kommen, der volle Bucherlös zu versteuern ist (siehe dazu auch Entscheidung des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 20. September 1957, EFG 1957 S. 402).
Fundstellen
Haufe-Index 424123 |
BStBl III 1959, 466 |
BFHE 1960, 550 |
BFHE 69, 550 |
DB 1959, 1242 |