Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Abzug von Unterhaltsleistungen bei nur gelegentlicher Zahlung

 

Leitsatz (NV)

1. Unterhaltsleistungen dürfen nur insoweit nach § 33 a Abs. 1 i. V. m. Abs. 4 abgezogen werden, als hierdurch der Lebensbedarf des Empfängers im Kalenderjahr der Zahlung sichergestellt werden soll.

2. Der Rückbeziehung von Unterhaltsleistungen auf Monate vor dem Zahlungsmonat steht die - im Einzelfall widerlegbare - Vermutung entgegen, daß ein Unterhaltsverpflichteter, der seine Angehörigen laufend unterstützt, seine Leistungen so einrichtet, daß sie zur Deckung des Lebensbedarfs des Empfängers bis zum Erhalt der nächsten Unterhaltsleistung dienen.

3. Bei Unterhaltsleistungen am Ende eines Kalenderjahrs bleibt die Deckung des Unterhaltsbedarfs für das Folgejahr steuerlich unberücksichtigt.

 

Normenkette

EStG 1979 § 33a Abs. 1, 4

 

Verfahrensgang

FG Köln

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) und seine mit ihm im Streitjahr 1979 zusammenveranlagte Ehefrau stammen aus Sierra Leone. Der Kläger bezog als . . . Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik). Seine Ehefrau zog mit der seinerzeit vierjährigen Tochter und dem zehnjährigen Sohn am 9. Mai 1979 nach Sierra Leone.

In seiner Einkommensteuererklärung 1979 gab der Kläger - soweit für das Revisionsverfahren entscheidungserheblich - an, Unterhaltsleistungen im Betrag von insgesamt . . . DM an seine Ehefrau und die beiden Kinder und im Betrag von insgesamt . . . DM an seinen Vater, seine Schwiegermutter und drei Brüder erbracht zu haben. Unter Hinweis auf das Schreiben des Bundesministers der Finanzen (BMF) vom 26. Oktober 1979 IV B 6 - S 2365 - 85/79 (BStBl I 1979, 622) beantragte er, von den Unterhaltsaufwendungen für die Ehefrau (. . . DM) den Betrag von 1 200 DM und von den Unterhaltsleistungen an seinen Vater, seine Schwiegermutter und die drei Brüder (. . . DM) den Betrag von 5 285 DM gemäß § 33 a Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Zum Nachweis der Unterhaltsaufwendungen legte der Kläger eine Unterhaltsbescheinigung der Botschaft von Sierra Leone und Bankbelege über Zahlungsaufträge an die unterstützten Angehörigen vom 31. August, 5. November und vom 29. November 1979 vor.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) versagte im Einspruchsverfahren den begehrten Abzug mit der Begründung, der Kläger habe trotz mehrfacher Aufforderung keine ordnungsgemäßen Unterhaltsbescheinigungen vorgelegt.

Das Finanzgericht (FG) lehnte es unter Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 22. Juni 1979 VI R 85/76 (BFHE 128, 236, BStBl II 1979, 660) ab, die Unterhaltsleistungen an die Ehefrau als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 a Abs. 1 EStG anzuerkennen. Die Unterhaltszahlungen des Klägers an seinen Vater und seine drei Brüder berücksichtigte das FG nach Maßgabe der sog. Ländergruppeneinteilung (BMF-Schreiben, a. a. O., BStBl I 1979, 622) mit 4 000 DM (4x1/3x3 000 DM). Den Abzug von Aufwendungen für den Unterhalt der Schwiegermutter des Klägers versagte das FG mit der Begründung, daß entsprechende Unterhaltsleistungen weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht worden seien.

Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt das FA einen Verstoß der Vorentscheidung gegen materielles Recht. Nach den vorgelegten Bankbescheinigungen vom 31. August und 28. November 1979 seien die Überweisungen des Klägers nur geeignet gewesen, den Lebensbedarf der unterstützten Angehörigen ab September 1979 zu sichern. Die Unterhaltshöchstbeträge des § 33 a Abs. 1 EStG seien daher nur für vier Monate zu gewähren (BFH-Urteil vom 22. Mai 1981 VI R 140/80, BFHE 133, 521, BStBl II 1981, 713). Tz. 2.6.2 des Schreibens des BMF vom 26. November 1981 IV B 6 - S 2352 - 31/81 (BStBl I 1981, 744) greife nicht ein, weil der Kläger seine Unterhaltsleistungen nicht in jedem Vierteljahr erbracht habe.

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und lediglich 1 334 DM gemäß § 33 a Abs. 1 EStG als außergewöhnliche Belastung abzuziehen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur anderweitigen Festsetzung der Einkommensteuerschuld.

1. Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig Aufwendungen für den Unterhalt und eine etwaige Berufsausbildung von Personen, für die im Veranlagungszeitraum weder er noch eine andere Person Anspruch auf Kindergeld oder andere Leistungen nach dem Bundeskindergeldgesetz (BKGG) haben, so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch nach § 33 a Abs. 1 EStG ermäßigt, daß die Aufwendungen, höchstens jedoch ein Betrag von 3 000 DM im Kalenderjahr für jede unterhaltene Person, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden. Der Höchstbetrag des § 33 a Abs. 1 EStG ermäßigt sich gemäß § 33 a Abs. 4 EStG um je 1/12 für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen des § 33 a Abs. 1 EStG nicht vorgelegen haben. Bei der Bemessung der abziehbaren Aufwendungen ist nach der Rechtsprechung des BFH die im Schreiben des BMF vom 26. Oktober 1979 (a. a. O., BStBl I 1979, 622) getroffene sog. Ländergruppeneinteilung zu beachten, soweit sie nicht im Einzelfall zu einem offensichtlich falschen Ergebnis führt (BFH-Urteil vom 30. Juli 1982 VI R 257/80, BFHE 136, 399, BStBl II 1982, 779).

2. Die Vorinstanz ist zutreffend von diesen Grundsätzen ausgegangen. Das FG hat jedoch bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt, daß nach der Rechtsprechung des BFH Unterhaltsleistungen regelmäßig nicht auf Monate vor dem Zahlungsmonat zurückbezogen werden dürfen (zuletzt BFH-Urteil vom 13. Februar 1987 III R 196/82, BFHE 149, 61, BStBl II 1987, 341). Denn nach der Lebenserfahrung spricht, wie bereits der VI. Senat in dem Urteil vom 22. Mai 1981 VI R 140/80 (BFHE 133, 521, BStBl II 1981, 713) entschieden hat, eine tatsächliche Vermutung dafür, daß ein Unterhaltsverpflichteter, der seine Angehörigen laufend unterstützt, seine Leistungen so einrichtet, daß sie zur Deckung des Lebensbedarfs des Empfängers bis zum Erhalt der nächsten Unterhaltsleistungen dienen. Diese - im Einzelfall widerlegbare - Vermutung steht regelmäßig einer Rückbeziehung von Unterhaltsleistungen auf Monate vor dem Zahlungsmonat entgegen (vgl. die Senatsentscheidung in BFHE 149, 61, BStBl II 1987, 341).

Die Kläger haben nichts vorgetragen, was zur Widerlegung der tatsächlichen Vermutung geeignet wäre. Da bei Unterhaltsleistungen am Ende eines Kalenderjahres die Deckung des Unterhaltsbedarfs auch für das folgende Jahr nicht berücksichtigt werden darf (vgl. Senatsentscheidung in BFHE 149, 61, BStBl II 1987, 341), sind im Streitfall nur die anteilig auf die Monate September mit Dezember entfallenden Unterhaltsleistungen abziehbar.

3. Die Vorentscheidung war aufzuheben, da sie auf einer abweichenden Rechtsauffassung beruht. Die Sache ist entscheidungsreif. Nach den vorstehenden Ausführungen sind entsprechend dem Antrag des FA im Revisionsverfahren 1 334 DM gemäß § 33 a Abs. 1 EStG als außergewöhnliche Belastung abzuziehen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 416112

BFH/NV 1990, 83

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