Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtmäßigkeit einer Prüfungsanordnung
Leitsatz (NV)
1. Eine Prüfungsanordnung ist nicht rechtswidrig, weil sie vom Sachgebietsleiter der Betriebsprüfungsstelle unterschrieben worden ist.
2. Bei Routineprüfungen reicht zur Begründung der Prüfungsanordnung die Bezugnahme auf § 193 AO 1977 aus.
3. Die Rechtswidrigkeit einer Prüfungsanordnung kann nicht damit begründet werden, daß die Steuerfestsetzungen der zu prüfenden Jahre nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen sind.
Normenkette
AO 1977 § 121 Abs. 1, § 193
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) betreibt eine Bau- und Möbeltischlerei. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) ordnete durch eine auf ,,§§ 193 und 194 Abgabenordnung" gestützte Verfügung vom 19. Februar 1982 eine Betriebsprüfung betreffend die Einkommensteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer für die Jahre 1977 bis 1979 an. Der Kläger ist der Meinung, die Prüfungsanordnung sei rechtswidrig, weil sie keine Begründung enthalte und von einem sachlich nicht zuständigen Beamten, nämlich dem Sachgebietsleiter der Betriebsprüfungsstelle, unterschrieben worden sei. Die Beschwerde hatte keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Es hob die Prüfungsanordnung auf, weil in ihr die Gründe für die Auswahl des Steuerpflichtigen zur Durchführung der Betriebsprüfung nicht dargelegt worden seien.
Mit der Revision rügt das FA die fehlerhafte Anwendung der §§ 121 und 193 der Abgabenordnung (AO 1977) durch das FG.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage. Die Prüfungsanordnung ist nicht rechtsfehlerhaft.
1. Die Prüfungsanordnung ist nicht deswegen rechtswidrig, weil sie vom Leiter der Betriebsprüfungsstelle und nicht vom zuständigen Veranlagungsbeamten unterzeichnet worden ist. Der Leiter der Betriebsprüfungsstelle ist für die Entscheidungen über den Ablauf der Außenprüfung zuständig; damit steht ihm auch die Befugnis über die Einleitung der Außenprüfung zu (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 12. Januar 1983 IV R 211/82, BFHE 137, 542, BStBl II 1983, 360).
2. Nach § 121 Abs. 1 AO 1977 muß ein schriftlicher Verwaltungsakt schriftlich begründet werden, soweit dies zu seinem Verständnis erforderlich ist. Im Streitfall ist eine Außenprüfung beim Kläger gemäß § 193 Abs. 1 AO 1977 (Betriebsprüfung) schon aufgrund seiner gewerblichen Tätigkeit zulässig. Die Prüfungsanordnung hängt - anders als bei den in § 193 Abs. 2 AO 1977 genannten Steuerpflichtigen - in einem solchen Fall nicht von weiteren Voraussetzungen ab; um den sachkundig vertretenen Kläger über diese Rechtsgrundlage zu orientieren, genügt ein Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift. Dabei ist unschädlich, daß das FA uneingeschränkt auf § 193 AO 1977 Bezug genommen hat; bei Durchsicht dieser Bestimmung mußte sich ergeben, daß für den Kläger eine Prüfung nur aufgrund des § 193 Abs. 1 AO 1977 in Betracht kam (vgl. BFH-Urteil vom 28. April 1983 IV R 255/82, BFHE 138, 407, BStBl II 1983, 621).
Der Auffassung des FG, daß das FA hätte begründen müssen, warum es gerade den Kläger zu einer Betriebsprüfung heranzog, kann nicht gefolgt werden. Die Auswahl der zu prüfenden Steuerpflichtigen ist zwar eine Ermessensentscheidung des FA, die es in der Regel begründen muß; es kann jedoch von einer Begründung abgesehen werden, wenn dem Adressaten des Verwaltungsakts die Auffassung der Finanzbehörde über die Sach- und Rechtslage bekannt oder doch ohne weiteres erkennbar ist (§ 121 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977). Den von § 193 Abs. 1 AO 1977 betroffenen Steuerpflichtigen ist bekannt, daß bei ihnen routinemäßig Prüfungen durchgeführt werden; deshalb braucht eine aus diesen Gründen erlassene Prüfungsanordnung nicht näher begründet zu werden (BFH-Urteile vom 10. Februar 1983 IV R 104/79, BFHE 137, 404, BStBl II 1983, 286, sowie in BFHE 138, 407, BStBl II 1983, 621). Da es sich im Streitfall um eine Routineprüfung handelte, ist die Prüfungsanordnung durch den Hinweis auf die gesetzliche Bestimmung, auf der sie beruht, in ausreichendem Maße begründet worden.
3. Entgegen der vom Kläger mit der Revision vorgetragenen Auffassung kann die Fehlerhaftigkeit der Prüfungsanordnung auch nicht darauf gestützt werden, daß die Steuerfestsetzungen für die Streitjahre ohne Vorbehalt der Nachprüfung ergangen sind. Die Außenprüfung kann sich auch auf Zeiträume erstrecken, für die die Steuerfestsetzungen ohne Vorbehalt der Nachprüfung erfolgt und unanfechtbar geworden sind (BFH-Urteil vom 28. März 1985 IV R 224/83, BFHE 143, 400, BStBl II 1985, 700).
Fundstellen
Haufe-Index 414498 |
BFH/NV 1986, 445 |