Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuer auf Vorauszahlungen im Bestellerkonkurs

 

Leitsatz (NV)

Stellt ein Bauunternehmer wegen Zahlungsunfähigkeit und anschließendem Konkurs seines Auftraggebers seine Bauleistungen vor Beendigung des Werkvertrages ein, so hat er zwar das seinem Auftraggeber versprochene Werk nicht vollendet, aber im Verhältnis zu diesem seine Leistung beendet, auch wenn er eine Erklärung des Konkursverwalters gemäß § 17 Abs. 2 KO nicht herbeigeführt hat (Fortführung der Grundsätze des Urteils vom 28. 2. 1980 V R 90/75, BFHE 130, 430, BStBl II 1980, 535 und des Beschlusses vom 24. 4. 1980 V S 14/79, BFHE 130, 470, BStBl II 1980, 514).

Bemessungsgrundlage der auf das abgebrochene Werk entfallenden Umsatzsteuer ist der Betrag, der zuzüglich der Umsatzsteuer dem Betrag entspricht, den der Bauunternehmer als Vorauszahlung auf die Vergütung für das versprochene Werk erhalten hat.

 

Normenkette

UStG 1967 § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, § 10 Abs. 1 Sätze 1-2; KO § 17; BGB § 632

 

Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches FG

 

Tatbestand

Der Kläger ist Bauunternehmer. Im Oktober 1973 hatte ihn die A-KG beauftragt, entsprechend seinem Angebot die Erd-, Kanalisations-, Beton-, Stahlbeton- und Maurerarbeiten für den Neubau eines Wohnhauses der Eheleute B zu übernehmen. Diese hatten die KG beauftragt, das Wohnhaus als Generalunternehmer zu erstellen; sie waren seinerzeit bereits Eigentümer des Baugrundstücks.

Der Kläger erteilte der Kommanditgesellschaft im November 1973 zwei Abschlagsrechnungen über insgesamt 50 794,48 DM (jeweils ohne Umsatzsteuer). Diese hat dem Kläger lediglich 30 000 DM überwiesen. Sie geriet Anfang 1974 in Zahlungsschwierigkeiten und stellte Vergleichsantrag. Im März 1974 ist über ihr Vermögen das Anschlußkonkursverfahren eröffnet worden.

Der Kläger hatte bereits zuvor einen Vollstreckungsbefehl über 22 259,60 DM erwirkt (Summe der beiden Abschlagsrechnungen abzüglich Zahlung 30 000 DM zuzüglich Anwaltskosten und Zinsen 1 465,12 DM). Diese Forderung ist im Konkursverfahren angemeldet und anerkannt worden.

Schon vor der Konkurseröffnung hatte sich die Kommanditgesellschaft nicht mehr um den halbfertigen Bau gekümmert; dieser lag mehrere Wochen lang still. Die Eheleute B haben den Generalunternehmervertrag Ende Januar 1974 gemäß § 8 Nr. 2 VOB Teil B gekündigt. Sie und die Kläger kamen überein, der Kläger solle die restlichen Arbeiten zu Ende führen; dieser Auftrag ging über den Umfang des bisherigen Subunternehmervertrags des Klägers mit der Kommanditgesellschaft hinaus.

Das Haus ist im Sommer 1974 fertiggestellt worden. Der Kläger hat den Eheleuten B 41 218,04 DM (ohne Umsatzsteuer) berechnet.

Das Finanzamt (Beklagter) vertrat die Auffassung, die vom Kläger für das Bauvorhaben in Rechnung gestellten, aber bisher nicht versteuerten Beträge von 93 477,64 DM (einschließlich des als Konkursforderung angemeldeten Betrags von 22 259,60 DM) seien zur Umsatzsteuer zu erfassen. Es hat deshalb im Umsatzsteuerbescheid für 1974 vom Februar 1976 diese Bauleistungen mit einem Steuerbetrag von 9 263,55 DM der Umsatzsteuer unterworfen.

Der Kläger hat nach erfolglosem Einspruch Anfechtungsklage erhoben.

Das Finanzamt hat in dem berichtigten Bescheid vom September 1976 die angemeldete Konkursforderung als uneinbringlich anerkannt und Umsatzsteuer für die erwähnten Leistungen nur noch aus einem Bruttoumsatz von 71 218,04 DM (93 477,64 DM ./. 22 259,60 DM) mit 7 057,65 DM gefordert.

Der Kläger hat den Berichtigungsbescheid zum Gegenstand des Verfahrens gemacht und seinen Klageantrag mit Schriftsatz vom 10. August 1978 eingeschränkt. Er erklärt sich mit einer Versteuerung der unmittelbar den Eheleuten B in Rechnung gestellten Beträge von 41 218,04 DM einverstanden; entfallen müsse jedoch die Besteuerung der Zahlungen der Kommanditgesellschaft in Höhe von 30 000 DM. Er meint: Die Steuerschuld entstehe erst mit Ausführung der Leistung. Seine Leistung aus dem Vertrag mit der Kommanditgesellschaft vom Oktober 1973 sei nicht erbracht worden. Die gegenseitigen Erfüllungsansprüche seien gemäß § 17 KO erloschen. Er habe die Anzahlung von 30 000 DM als Schadensersatz behalten dürfen. Der Bestellerkonkurs sei anders zu beurteilen als der Bauunternehmerkonkurs.

Das Finanzgericht hat die Klage abgewiesen und die Revision zugelassen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist unbegründet.

Der Kläger hatte sich als Bauunternehmer der Kommanditgesellschaft gegenüber verpflichtet, für diese auf dem Grundstück der Eheleute B Bauleistungen zu erbringen. Er hat zwar das der Kommanditgesellschaft versprochene Werk (§ 631 BGB) nicht vollendet, aber im Verhältnis zu dieser seine Leistung beendet (BFH-Urteil vom 28. Februar 1980 V R 90/75, BFHE 130, 430, BStBl II 1980, 535). Diese zum Zwecke der Entgeltserzielung erbrachte Leistung (BFH-Urteil vom 7. Mai 1981 V R 47/76, BFHE 133, 133, BStBl II 1981, 495) unterliegt damit der Umsatzsteuer (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 1973) aus dem ohne Umsatzsteueranteil anzusetzenden (§ 10 Abs. 1 Satz 2 UStG 1973) Entgelt für diese (§ 10 Abs. 1 Satz 1 UStG 1973).

Hinsichtlich der tatsächlichen Beendigung des Werks stimmt der vorliegende Sachverhalt überein mit dem des Urteils vom 2. Februar 1978 V R 128/76 (BFHE 125, 314, BStBl II 1978, 483) und dem des Beschlusses vom 24. April 1980 V S 14/79 (BFHE 130, 470; BStBl II 1980, 541).

Vom Finanzgericht nicht festgestellt ist hier eine Ablehnung weiterer Vertragserfüllung durch den Konkursverwalter über das Vermögen der Kommanditgesellschaft. Ersichtlich hat dieser aber nicht im Sinne des § 17 Abs. 1 KO die Erfüllung des Vertrags verlangt. Er hätte das um so weniger tun können, als die Eheleute B den Werkvertrag mit der Kommanditgesellschaft bereits vor Eröffnung des Konkurses gekündigt hatten (vgl. die Rechtsfolgen der §§ 57, 59 Abs. 1 Nr. 2 KO) und diese Kündigung in jedem Falle wirksam war (§ 649 Satz 1 BGB).

Darauf kommt es jedoch letztlich nicht an. Denn der Kläger hat den Werkauftrag der Eheleute B angenommen und unmittelbar für diese das weitere Werk ausgeführt. Damit hat er selbst die Beendigung des von der Kommanditgesellschaft übernommenen Werkauftrags herbeigeführt. Ob er zuvor gemäß § 17 Abs. 2 KO eine Erklärung des Konkursverwalters herbeigeführt hatte, bleibt sich gleich. Denn das Gebäude der Eheleute ist im Sommer 1974 fertiggestellt worden. Die Kommanditgesellschaft könnte somit auch nach Beendigung des Konkurses nicht mehr die (weitere) Erfüllung des Vertrags verlangen (§§ 323 ff. BGB).

Bemessungsgrundlage der auf das abgebrochene Werk entfallenden Umsatzsteuer ist der Betrag von 27 027 DM, welcher zuzüglich der Umsatzsteuerbelastung von damals 11 vom Hundert (§ 12 Abs. 1 UStG 1973) den Betrag von 30 000 DM ergibt. Diesen Betrag von 30 000 DM hat der Kläger wegen der erbrachten Leistungen erhalten und behalten. Es war zwar nicht Vergütung für das versprochene Werk (§ 632 BGB), sondern Vorauszahlung auf dieses. Im Verhältnis zum Konkursverwalter über das Vermögen der Kommanditgesellschaft war er aber deshalb berechtigt, diesen Betrag zu behalten, weil das bereits erbrachte Werk mindestens diesen Wert hatte. Infolgedessen ist der Betrag von 30 000 DM zur Vergütung für dieses Werk geworden (BFHE 125, 314). Da sich die Forderungen des Klägers darüber hinausgehend auf insgesamt mehr als 50 000 DM beliefen, kann in dem Betrag von 30 000 DM keine zusätzliche Entschädigung für den durch das Abbrechen des Werkes entgangenen Gewinn enthalten sein. Der Betrag von 30 000 DM ist somit in vollem Umfang Gegenleistung für das erbrachte Werk.

Ohne Bedeutung ist, ob in der Vorauszahlung von 30 000 DM gemäß der Verdingungsordnung für Bauleistungen kein für die Umsatzsteuer bestimmter Betrag enthalten war. Die Verdingungsordnung für Bauleistungen betrifft nur die Berechnungsgrundlage für die Höhe der vertraglich geschuldeten Vorauszahlung, nicht aber den Rechtsgrund, aus dem heraus der Kläger den Betrag von 30 000 DM erhalten hat und behalten kann (vgl. Urteil vom 10. November 1983 V R 91/80, BFHE 139, 319, BStBl II 1984, 120). Denn in dem allein bürgerlich-rechtlichen Verhältnis zwischen dem Besteller und dem Werkunternehmer (§ 631 BGB) schuldet der Besteller dem Werkunternehmer nicht eine Netto-Vergütung und einen Umsatzsteuerbetrag (vgl. zur Haftung Urteil vom 26. April 1984 V R 128/79, BFHE 141, 443, BStBl II 1984, 776), sondern nur den Brutto-Werklohn (vgl. zum Grundstückskauf Urteil vom 18. Oktober 1972 II R 124/69, BFHE 107, 399, BStBl II 1973, 126), also die Vergütung im Sinne des § 632 BGB, und das unabhängig davon, ob die von dem Werkunternehmer geschuldete Steuer (§ 13 Abs. 2 UStG) in dessen Rechnung an den Besteller gesondert ausgewiesen ist (§ 14 Abs. 1 UStG) oder nicht, und ob die Umsatzsteuer in die Kalkulationsgrundlagen der Preisvereinbarung eingeschlossen war oder nicht. Aus der Gegenleistung des Bestellers läßt sich daher ein Umsatzsteueranteil nicht ausscheiden (BFHE 107, 399); nur aus der Bemessungsgrundlage der von dem Unternehmer geschuldeten (§ 13 Abs. 2 UStG 1973) und gegebenenfalls von dem Leistungsempfänger abziehbaren (§ 15 UStG 1973) Steuer scheidet sie zufolge des letzten Satzteiles des § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG 1973 aus. Nicht anders ist es dann, wenn eine Vorauszahlung auf ein abgebrochenes Werk wie eine Vergütung eines vollendeten Werks (BFHE 125, 314) die von einem Unternehmer bereits erbrachte Leistung abgilt (BFHE 139, 319, BStBl II 1984, 120).

 

Fundstellen

BFH/NV 1985, 56

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