Entscheidungsstichwort (Thema)
Begriff der Wohnung
Leitsatz (NV)
§21 Abs. 2 Satz 2 EStG 1991 ist jedenfalls beim teilentgeltlichen Überlassen von solchen Wohnungen anwendbar, die den von der Rechtsprechung zu §21 Abs. 2 Alternative 2 EStG a. F. (jetzt: §21 Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 EStG) entwickelten Wohnungsbegriff erfüllen.
Normenkette
EStG § 21 Abs. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist Eigentümerin eines Einfamilienhauses. Im Streitjahr 1991 vermietete sie im -- über eine Wendeltreppe zu erreichenden, vom Wohnbereich im Erdgeschoß nicht baulich abgeschlossenen -- Obergeschoß dieses Hauses an Frau X zu einer Monatsmiete von 400 DM ein Schlafzimmer, ein Wohnzimmer sowie Küche, Korridor und Toilette und Bad.
In ihrer Einkommensteuererklärung des Streitjahres machte die Klägerin bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung einen Werbungskostenüberschuß in Höhe von 21 439 DM geltend, den der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) nicht zum Abzug zuließ, weil dem Mietverhältnis die steuerrechtliche Anerkennung zu versagen sei. Im sich anschließenden Einspruchsverfahren ging das FA zwar von einem steuerrechtlich anzuerkennenden Mietverhältnis aus. Es vertrat jedoch die Auffassung, die von der Klägerin geforderte Miete betrage nur 31,73 v. H. der ortsüblichen Marktmiete. Gemäß §21 Abs. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) seien die geltend gemachten Werbungskosten im entsprechenden Umfang zu kürzen.
Der hiergegen gerichteten Klage gab das Finanzgericht (FG) durch sein in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1997, 73 veröffentlichtes Urteil statt.
Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts. §21 Abs. 2 Satz 2 EStG sei auch beim teilentgeltlichen Überlassen einzelner Räume zu Wohnzwecken anwendbar.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, §21 Abs. 2 Satz 2 EStG sei im Streitfall nicht anzuwenden.
1. Gemäß §21 Abs. 2 Satz 2 EStG ist die Nutzungsüberlassung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen, wenn das Entgelt für die Überlassung einer Wohnung zu Wohnzwecken weniger als 50 v. H. der ortsüblichen Marktmiete beträgt. Der Senat kann offen lassen, ob -- was die Vorinstanz ablehnt -- auch das teilentgeltliche Überlassen einzelner Räume zu Wohnzwecken als Überlassen einer Wohnung i. S. von §21 Abs. 2 Satz 2 EStG anzusehen ist. Nach dem Gesetzeswortlaut ist davon auszugehen, daß die Vorschrift zumindest beim teilentgeltlichen Überlassen von solchen Wohnungen anwendbar ist, die den von der Rechtsprechung zu §21 Abs. 2 Alternative 2 EStG a. F. (jetzt: §21 Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 EStG) entwickelten Wohnungsbegriff erfüllen. Dieser Auffassung ist auch die Vorinstanz. Zu Unrecht nimmt sie jedoch an, im EStG gelte ein einheitlicher Wohnungsbegriff, der in jedem Falle auch die bauliche Abgeschlossenheit der als Wohnung anzusehenden Räume voraussetze. Der Senat hat dies grundsätzlich nur gefordert, wenn (z. B. bei der Inanspruchnahme erhöhter Absetzungen nach §7 b EStG für ein Zweifamilienhaus) das Vorhandensein von mehr als einer Wohnung im Gebäude zu den gesetzlichen Tatbestandsmerkmalen gehört (vgl. Senatsurteil vom 14. Februar 1995 IX R 35/93, BFH/NV 1995, 774).
Nach der zu §21 Abs. 2 Alternative 2 EStG a. F. ergangenen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) setzt der Begriff der Wohnung eine Zusammenfassung von Räumen voraus, die das Führen eines selbständigen Haushaltes ermöglicht. Dazu genügt es, wenn eine Küche oder Kochgelegenheit, ein Bad oder eine Dusche und eine Toilette vorhanden sind; eine Abgeschlossenheit der Räume ist nicht erforderlich (BFH-Urteile vom 23. August 1993 IX R 151/89, BFH/NV 1994, 537, und vom 27. Juni 1996 IV R 82/95, BFH/NV 1997, 101). Auch das vom FG zitierte Urteil des BFH vom 25. Juli 1991 XI R 4/89 (BFH/NV 1992, 31) geht von diesem Wohnungsbegriff aus.
Nach den den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des FG (vgl. §118 Abs. 2 FGO) hat die Klägerin im Obergeschoß ihres Einfamilienhauses an Frau X zwei Räume (Schlafzimmer und Wohnzimmer) mit Küche, Korridor, Bad und Toilette und damit eine Wohnung im Sinne der zuvor genannten Rechtsprechung vermietet. Das FG nimmt zu Unrecht an, wegen der fehlenden Abgeschlossenheit seien nur einzelne Räume überlassen worden.
2. Da das FG von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen ist, ist die Vorentscheidung aufzuheben. Die nicht spruchreife Sache ist an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Das FG hat -- von seinem Rechtsstandpunkt aus zu Recht -- nicht geprüft, ob eine teilentgeltliche Überlassung i. S. des §21 Abs. 2 Satz 2 EStG vorlag. Die dazu notwendigen Feststellungen wird es nachzuholen haben.
Fundstellen
Haufe-Index 67279 |
BFH/NV 1998, 848 |