Entscheidungsstichwort (Thema)

Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes

 

Leitsatz (NV)

Zur Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes müssen Tatsachen dargelegt werden, denen zu entnehmen ist, daß der Anordnungsgrund im Zeitpunkt der Entscheidung über das Anordnungsbegehren fortbesteht. Das gilt vor allem dann, wenn das Anordnungsbegehren gegen die Vollstreckung gerichtet und dem Vorbringen der Beteiligten zu entnehmen ist, daß der der Vollstreckung zugrunde liegende Leistungsanspruch inzwischen erloschen ist.

 

Normenkette

FGO § 114; ZPO § 920 Abs. 2; AO 1977 § 257 Abs. 1 Nr. 3

 

Tatbestand

Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Beschwerdeführer) beantragte beim Finanzgericht (FG), die Vollstreckung aus der Pfändungs- und Überweisungsverfügung . . . einstweilen einzustellen. Das FG sah darin einen Antrag auf einstweilige Anordnung und lehnte ihn mit der Begründung ab, der Beschwerdeführer schulde dem Antragsgegner und Beschwerdegegner (Finanzamt - FA -) noch . . . DM. Der Beschwerdeführer habe keine Tatsachen für eine Unbilligkeit . . . vorgetragen. Außerdem fehle es an der Glaubhaftmachung.

Zur Begründung seiner Beschwerde führt der Beschwerdeführer aus:

Die Voraussetzungen des § 257 der Abgabenordnung (AO 1977) seien erfüllt. Durch Verkauf von Wertpapieren zur Abdeckung der nach Ansicht des FA bestehenden Steuerschulden wäre ein Mindererlös zu beklagen gewesen. Aufgrund . . . sei erkennbar geworden, daß nur das unbillige Verhalten des für den Beschwerdeführer zuständigen Sachbearbeiters zu dem Vollstreckungsverfahren geführt habe.

Das FA hält die Beschwerde für unbegründet. Es führt u. a. aus: Die Pfändungs- und Einziehungsverfügung sei entsprechend dem nach Aktenlage bis zum . . . offenen Betrag von . . . DM beschränkt worden. Der Prozeßbevollmächtigte des Beschwerdeführers habe mitgeteilt, daß dieser den noch offenen Rückstandsbetrag am . . . überwiesen habe.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist nicht begründet.

Auch wenn der Senat davon ausgeht, daß als Maßnahme des vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes im Streitfall die einstweilige Anordnung nach § 114 der Finanzgerichtsordnung (FGO) und nicht die Aussetzung der Vollziehung in Betracht kommt (vgl. § 114 Abs. 5 FGO), kann das Begehren des Beschwerdeführers um vorläufigen Rechtsschutz zumindest deshalb keinen Erfolg haben, weil der Beschwerdeführer einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht hat (§ 114 Abs. 3 FGO, § 920 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung - ZPO -). Dazu wäre erforderlich gewesen, daß der Beschwerdeführer Tatsachen dargelegt hätte, denen zu entnehmen wäre, daß - im Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde-Gefahr für die Vereitelung oder wesentliche Erschwerung eines Rechts des Beschwerdeführers durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes gegeben sei oder eine einstweilige Anordnung aus Gründen wie Abwendung wesentlicher Nachteile oder drohender Gewalt nötig erscheine (§ 114 Abs. 1 FGO). Das kann dem Vorbringen des Beschwerdeführers jedoch nicht entnommen werden. Es enthält zwar Ausführungen, nach denen zu einem früheren Zeitpunkt die Gefahr des Verkaufs von Wertpapieren des Beschwerdeführers im Zwangswege mit der Folge eines Mindererlöses bestanden hat. Ob darin ein Anordnungsgrund im vorgenannten Sinne erblickt werden kann, braucht aber schon deshalb nicht entschieden zu werden, weil der Beschwerdeführer nicht dargelegt hat, daß dieser Grund noch bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde fortbesteht.

Zu solcher Darlegung hätte schon deshalb Anlaß bestanden, weil das FA vorgetragen hat, die Pfändungs- und Überweisungsverfügung sei auf den Betrag von . . . DM beschränkt und dieser Betrag sei nach Angaben des Prozeßbevollmächtigten des Beschwerdeführers bezahlt worden. Wenn diese Angaben richtig sind, besteht zu einer Fortsetzung der Vollstreckung im Rahmen der Pfändungs- und Überweisungsverfügung kein Anlaß mehr. Dafür spricht auch der Einwand des Beschwerdeführers, die Voraussetzungen des § 257 AO 1977 seien erfüllt. Daraus ist zu entnehmen, daß der der Vollstreckung zugrunde liegende Leistungsanspruch erloschen ist (§ 257 Abs. 1 Nr. 3 AO 1977). Es kann nicht ohne weiteres angenommen werden, daß das FA die Vollstreckung fortsetzen wird, wenn das zutrifft. Der Beschwerdeführer hat insoweit zumindest nichts vorgebracht.

Nach allem reichen die Darlegungen des Beschwerdeführers nicht aus, um daraus schlüssig entnehmen zu können, im gegenwärtigen Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde bestehe ein Grund für die einstweilige Anordnung im aufgezeigten Sinne.

 

Fundstellen

Haufe-Index 416851

BFH/NV 1990, 658

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