Entscheidungsstichwort (Thema)

Vermittlung grenzüberschreitender Flüge

 

Leitsatz (NV)

1. Sind in die Vermittlung der grenzüberschreitenden Beförderungen von Personen mit Luftfahrzeugen zwei im Inland ansässige Reisebüros eingeschaltet, so sind steuerfreie Vermittlungsleistungen nur gegeben, wenn das eine Reisebüro seine Leistungen als Untervertreter im Einvernehmen mit dem Leistungsträger bewirkt.

2. Gelingt im Aussetzungsverfahren nicht die Glaubhaftmachung steuermindernder Tatsachen, deren Nichterweislichkeit nach allgemeinen Beweislastgrundsätzen zu einer Klageabweisung in der Hauptsache führen würde, kann die Vollziehung nicht ausgesetzt werden (Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 15. Oktober 1986 VIII B 30/86, BFH/NV 1987, 44).

 

Normenkette

UStG 1991 § 4 Nr. 5 Buchst. b; FGO § 69 Abs. 3

 

Verfahrensgang

FG Düsseldorf

 

Tatbestand

Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) ist Inhaber eines Reisebüros. Er bucht für seine Kunden Flüge bei Unternehmen, die er selbst als Veranstalter oder Charterfluggesellschaften bezeichnet, stellt unter seiner Agenturnummer die jeweiligen Flugscheine aus und vereinnahmt den vollen Reisepreis, den er unter Einbehaltung einer Provision an die vorgenannten Firmen weiterleitet. Der Antragsteller ist der Auffassung, er erbringe gemäß § 4 Nr. 5 Buchst. b des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1991/1993) steuerfreie Vermittlungsleistungen. Er vermittle grenzüberschreitende Flüge; die genannten Firmen seien sog. Leistungsträger der vermittelten Charterflüge. Über den Einspruch des Antragstellers hat der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) noch nicht entschieden. Den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Bescheide wies das FA zurück. Der vor dem Finanzgericht (FG) gestellte Antrag auf Aussetzung der Vollziehung hatte ebenfalls keinen Erfolg. Gegen seinen ablehnenden Beschluß hat das FG die Beschwerde zugelassen.

Mit der Beschwerde macht der Kläger geltend:

1. Im Bundesministerium der Finanzen (BMF) sei die Thematik unter dem Stichwort "Graumarkt- und Nettopreistickets" seit vielen Jahren bekannt, gleichwohl ungeklärt. Diese Problematik gelte auch für die Vermittlung von Charterflugtickets. Nach den Ergebnissen einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe vom 17. Oktober 1996 sei beim Einzelverkauf von Linien- und Charterflug tickets immer von Vermittlungsleistungen auszugehen, weil regelmäßig ein Beförderungsvertrag zwischen der Luftverkehrs gesellschaft und dem Reisenden zustande komme.

2. Das FG habe übersehen, daß der Reisende mit seinem Flugticket einen direkten Beförderungsanspruch gegenüber dem "Carrier" erlange. Beim Einzelverkauf von Flugtickets seien "Consolidator" (Tickethändler) und Reisebüro immer als Mittelsperson eingeschaltet. Abschn. 53 Abs. 7 der Umsatzsteuer-Richtlinien (UStR) beziehe sich ausschließlich auf IATA-Flugscheine. Im Streitfall sei von einer Vermittlung grenzüberschreitender Flugberechtigungen auszugehen, so daß die Entgelte gemäß § 4 Nr. 5 Buchst. b UStG 1991/1993 steuerfrei seien. Auch sei im Charterflugverkehr keineswegs nur die die Beförderung tatsächlich durchführende Luftfahrtgesellschaft Luftfrachtführer, sondern z. B. auch der Reiseveranstalter, der eine Pauschalreise anbiete. Es sei daher unerheblich, ob die vom Antragsteller bezeichneten Unternehmen auch Reiseveranstalter seien.

3. Wenn man entgegen den tatsächlichen Rechtsbeziehungen für Nettopreistickets ein "Handeln für eigene Rechnung" annehmen wollte, wäre ein Kettengeschäft nach § 26 Abs. 3 UStG 1991/1993 gegeben, das nach § 25 UStG 1991/1993 zu besteuern wäre. In diesem Fall wäre aber die Marge nach § 25 Abs. 2 UStG 1991/1993 steuerfrei, weil entsprechend der Zielortregelung der Leistungsort außerhalb der Europäischen Gemeinschaft liegen würde.

Der Antragsteller beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die Vollziehung der Umsatzsteuerbescheide 1992 und 1993 auszusetzen.

Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

1. Die Darlegungen zur Problematik der "Graumarkt- und Nettopreistickets" seien nicht von Bedeutung, da der Antragsteller nicht mit Linienflugtickets, die unter den Nettopreisen lt. IATA-Tarif verkauft würden, handele.

2. Von Bedeutung sei nicht, ob der Reisende einen direkten Beförderungsanspruch erlange, sondern wie der Antragsteller selbst handele, nämlich als Vermittler oder gegenüber den Reisenden im eigenen Namen. Die Behauptung des Antragstellers, daß er als "Unteragent" für den jeweiligen Consolidator handele, sei nicht nachvollziehbar.

3. Ein Kettengeschäft i. S. des Abschn. 272 Abs. 2 UStR könne nicht angenommen werden, da der Antragsteller nicht im eigenen Namen handele.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags auf Aussetzung der Vollziehung durch das FG ist gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) unbegründet.

1. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsakts sind zu bejahen, wenn bei summarischer Prüfung dieses Bescheides neben den für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken (Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 12. November 1992 XI B 69/92, BFHE 170, 106, BStBl II 1993, 263, m. w. N.). Solche Zweifel hat das FG zu Recht verneint.

2. Gemäß § 4 Nr. 5 Buchst. b UStG 1991/1993 ist die Vermittlung der grenzüberschreitenden Beförderungen von Personen mit Luftfahrzeugen steuerfrei. Sind in die Vermittlung zwei im Inland ansässige Reisebüros eingeschaltet, so handelt das eine Reisebüro als Vermittler der Fluggesellschaft und das andere nur aufgrund einer Vereinbarung mit dem erstgenannten Reisebüro als dessen Beauftragter, sofern (z. B. bei fehlender Zulassung) ein Einvernehmen mit dem Leistungsträger fehlt (vgl. Abschn. 53 Abs. 7 UStR). Anders hingegen ist der Fall zu beurteilen, daß ein Reisebüro als Untervertreter eines Generalvertreters tätig wird, sofern der Untervertreter seine Leistungen im Einvernehmen mit dem Leistungsträger bewirkt (Klenk in Sölch/Ring leb/List, Umsatzsteuergesetz, § 4 Nr. 5, Bem. 23; vgl. auch Henkel, Die Umsatzsteuer der Reisebüros und Reiseveranstalter, 1996, Rz. 192 ff.).

3. Macht der Antragsteller -- wie im Streitfall -- im Aussetzungsverfahren steuer mindernde Tatsachen geltend, deren Nichterweislichkeit nach allgemeinen Beweislastgrundsätzen zu einer Klageabweisung in der Hauptsache führen würde, so hat er grundsätzlich deren Vorliegen glaubhaft zu machen. Gelingt die Glaubhaftmachung nicht, kann die Vollziehung nicht ausgesetzt werden (BFH-Beschluß vom 15. Oktober 1986 VIII B 30/86, BFH/NV 1987, 44; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 69 FGO Tz. 10; § 96 FGO Tz. 17 c). Im Streitfall hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht, daß er seine Leistungen als Untervertreter im Einvernehmen mit dem Leistungsträger bewirkt hat. Die Feststellungen, die der Umsatzsteuer-Sonderprüfer getroffen hat, sprechen gegen den Antragsteller. Der Antragsteller selbst hat keine weiteren Beweismittel dargetan, die seine Position stützen könnten. Einer Beteiligung des Bundesministeriums der Finanzen bedarf es nicht.

4. Eine Besteuerung der Leistungen nach § 25 UStG 1991/1993 kommt ebenfalls nicht in Betracht. Die Besteuerung von Reiseleistungen nach § 25 UStG 1991/1993 setzt voraus, daß der Unternehmer gegenüber dem Leistungsempfänger im eigenen Namen auftritt. Der Antragsteller selbst ist der Auffassung, daß diese Voraussetzung nicht gegeben sei.

 

Fundstellen

BFH/NV 1997, 819

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge