Leitsatz (amtlich)

1. Zu den Voraussetzungen einer Ersetzung der Einwilligung des Vaters in die Adoption seines Kindes durch den Stiefvater nach dem Gleichgültigkeitstatbestand.

2. Ein objektiv mehrdeutiges Verhalten, das sowohl auf Rücksichtnahme auf das Kind als auch auf Gleichgültigkeit beruhen kann, lässt nur dann den Schluss auf die Gleichgültigkeit zu, wenn das Motiv der Rücksichtnahme ausgeschlossen werden kann.

 

Normenkette

BGB § 1748 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Bamberg (Beschluss vom 07.04.2003; Aktenzeichen 3 T 29/03)

AG Bamberg (Aktenzeichen XVI 10/00)

 

Tenor

I. Auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 4) werden die Beschlüsse des LG Bamberg vom 7.4.2003 und des AG Bamberg vom 30.12.2002 aufgehoben.

II. Der Antrag des Beteiligten zu 1) auf Ersetzung der Einwilligung des Beteiligten zu 4) in die Adoption des Beteiligten zu 1) durch den Beteiligten zu 3) wird abgewiesen.

 

Gründe

I. Der jetzt 13 Jahre alte Beteiligte zu 1) ist das Kind der Beteiligten zu 2) und des Beteiligten zu 4). Die Ehe der Eltern wurde am 11.12.1997 geschieden. Die elterliche Sorge für das Kind wurde auf die Mutter übertragen.

Am 23.12.1998 heiratete die Beteiligte zu 2) den Beteiligten zu 3). Der Beteiligte zu 1) wächst in diesem Haushalt zusammen mit seiner Halbschwester, einer Tochter der Beteiligten zu 2) aus früherer Ehe, auf.

Nach der Trennung der Beteiligten zu 2) und 4 Anfang 1997 war es nur noch zu gelegentlichen Kontakten zwischen dem Beteiligten zu 4) und seinem Sohn gekommen. Im Frühjahr 2000 verließ der Beteiligte zu 4), der die italienische und die amerikanische Staatsangehörigkeit besitzt, Deutschland und zog wieder in seine Geburtsstadt Rom. Seit diesem Zeitpunkt kam es zu keinen Kontakten mehr zwischen ihm und dem Beteiligten zu 1). Unterhalt für das Kind zahlte der Beteiligte zu 4) zuletzt im April 1998.

Der Beteiligte zu 3) möchte den Beteiligten zu 1) als Kind annehmen und hat mit notarieller Urkunde vom 31.3.2000 einen entspr. Antrag gestellt. Die Beteiligte zu 2) hat für sich und als gesetzliche Vertreterin für den Beteiligten zu 1) die Einwilligung in die Adoption erklärt. Der Beteiligte zu 4) hat die Einwilligung verweigert. Der Beteiligte zu 1), vertreten durch seine Mutter, hat beantragt, die Einwilligung des Beteiligten zu 4) in die Annahme als Kind zu ersetzen. Das Kreisjugendamt hat sowohl die Adoption als auch die Ersetzung der Einwilligung befürwortet und den Beteiligten zu 4) nach § 1748 Abs. 2 BGB belehrt.

Das VormG hat die Beteiligten zu 1), 2) und 3) persönlich angehört; der Beteiligte zu 4) hat sich durch eigene Schreiben und anwaltliche Schriftsätze geäußert. Mit Beschluss vom 30.12.2002 hat das VormG die Einwilligung des Beteiligten zu 4) in die Annahme des Kindes E. durch den Beteiligten zu 3) ersetzt. Das Gericht sah eine anhaltend gröbliche Pflichtverletzung vor allem darin, dass der leibliche Vater über vier Jahre lang überhaupt nicht zum Unterhalt des Kindes beigetragen habe und ferner seiner Pflicht zu Umgang und Kontakt mit dem Kind kaum nachgekommen sei. Die gegen den Beschluss des LG gerichtete sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 4) hat das LG nach erneuter persönlicher Anhörung der Beteiligten zu 1), 2) und 3) sowie persönlicher Anhörung des Beteiligten zu 4) zurückgewiesen. Es hat seine Entscheidung damit begründet, dass der Beteiligte zu 4) durch sein Verhalten gezeigt habe, dass ihm das Kind gleichgültig sei. Gegen die Entscheidung des LG hat der Beteiligte zu 4) sofortige weitere Beschwerde eingelegt.

II. Die sofortige weitere Beschwerde ist statthaft (§ 27 Abs. 1 S. 1, § 29 Abs. 2, § 53 Abs. 1 S. 2, § 60 Abs. 1 Nr. 6 FGG) und auch i.Ü. zulässig, insb. form- und fristgerecht eingelegt (§ 29 Abs. 1 S. 1 und 2, Abs. 4, § 22 Abs. 1 FGG). Sie hat auch in der Sache Erfolg.

1. Das LG hat im Wesentlichen ausgeführt: Das Verhalten des Beteiligten zu 4) habe gezeigt, dass ihm das Kind gleichgültig sei. Gewichtiges Indiz hierfür sei die Tatsache, dass er seit Mai 1998 keinerlei Unterhalt mehr zahle, obwohl er zumindest zu teilweisen Zahlungen in der Lage gewesen sei. Er erhalte seit Anfang 1997 eine monatliche Rente aus der

Tätigkeit bei der US-Armee i.H.v. 1.000 bis 1.100 US-Dollar. Die im Mai 2001 abgeschlossene Lebensversicherung zugunsten seines Sohnes, für die er nur 11 US-Dollar monatlich aufwende, stelle keinen Ersatz für laufende Unterhaltszahlungen dar.

Neben den fehlenden Unterhaltszahlungen sei Gleichgültigkeit vor allem darin zu sehen, dass der Beschwerdeführer seit Ende 1999 keinerlei Kontakt mehr zu seinem Kind unterhalte. Schon zuvor sei es seit der Trennung der Ehegatten im Frühjahr 1997 nur zu einigen sporadischen Kontaktaufnahmen gekommen. Der Beschwerdeführer habe vor seinem Wegzug nach Italien keine Maßnahmen in die Wege geleitet, die ihm einen eventuellen Umgang mit dem Beteiligten zu 1) erlaubt hätten. Er habe in Kauf genommen, dass die Kontaktaufnahme zu seinem Sohn dadurch noch deutlich erschwert werde. Er habe seinem Sohn keinerlei Briefe oder Geschenke übersandt oder i...

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