Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsübergang durch Tankstellenübernahme. Ehegattenarbeitsverhältnis

 

Orientierungssatz

Wird ein Tankstellen-Verwalter-Vertrag mit einem Ehepaar abgeschlossen und werden sie in ihrer Stellung als "Verwalter" gleichstufig behandelt und zwar sowohl hinsichtlich der Rechte als auch der Pflichten, so erfolgt die Mitarbeit der Ehefrau nicht im Sinne eines Arbeitsverhältnisses im Sinne von § 613a Abs 1 BGB, sondern aufgrund ihrer Stellung als Mitinhaberin.

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 14. Juli 1999 - 12 Sa 236/99 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen im Wege eines Betriebsübergangs ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen ist.

Die Klägerin war von 1971 bis 1978 bei ihrem Ehemann in der von diesem betriebenen BP-Tankstelle in der P. in H. als Arbeitnehmerin beschäftigt. Am 26. Juli/29. August 1978 kam zwischen der ELF Mineralöl GmbH einerseits und der Klägerin sowie ihrem Ehemann ("als Gesamtgläubiger und Gesamtschuldner - im folgenden "Verwalter" genannt") andererseits ein "Tankstellen-Verwalter-Vertrag" zustande. Danach übernahm der "Verwalter" zum 1. Januar 1979 die ELF-Tankstelle, P. in H. In dem Vertrag heißt es unter anderem:

"§ 1 - Gegenstand des Vertrages

1. Verwalter übernimmt als selbständiger Gewerbetreibender die Lagerung und den Vertrieb von ELF-Kraft- und Schmierstoffen sowie sonstiger von ELF vertriebener Erzeugnisse, wie z.B. Reifen, Batterien, Autozubehör und weitere Produkte des Folgemarktes.

Zu diesem Zweck stellt ELF die oben erwähnte Station, derzeit betrieben als SB Station, wie sie vom Verwalter in Augenschein genommen wurde, zur Verfügung und zwar mit der Einrichtung, die sich aus einem besonderen, bei der Tankstellenübergabe zu erstellenden und von beiden Parteien zu unterzeichnenden Inventarverzeichnis ergibt.

2. Verwalter darf an der Station Dienstleistungen und geschäftliche Tätigkeiten, die üblicherweise an Tankstellen nicht ausgeübt werden, nur mit schriftlicher Zustimmung von ELF vornehmen.

§ 2 - Vertrieb

1. Agenturverkauf

Der Vertrieb von Kraft- und Schmierstoffen sowie sonstiger im Rahmen des Agenturverhältnisses von ELF gelieferter Produkte erfolgt im Namen und für Rechnung von ELF in unverändertem Zustand zu den von ELF festgelegten Verkaufsbedingungen, Richtlinien und Preisen. Die Ware bleibt bis zum ordnungsgemäßen Verkauf Eigentum von ELF.

Die Verkäufe dürfen nur gegen bar erfolgen. Schließt Verwalter dennoch Kreditgeschäfte ab, so haftet er als Gesamtschuldner neben dem Käufer für den Gegenwert. Verwalter tritt bereits jetzt eventuelle Forderungen gegen Kunden aus den Verkäufen von Kraft- und Schmierstoffen voll an ELF ab. ELF nimmt diese Abtretung an und kann diese Forderungen selbst eintreiben.

Quittungen sind auf von ELF gelieferten Vordrucken zu erteilen.

2. Eigenwirtschaftliche Tätigkeit

Der Kfz-Pflegedienst sowie der Verkauf von Reifen, Batterien, Autozubehör, Pflegemitteln, Frostschutz, Unterbodenschutz, Unterwegsbedarf, Getränken, Zigaretten und sonstigen Folgemarktartikeln wird vom Verwalter im eigenen Namen und für eigene Rechnung ausgeübt. Verwalter wird diese Artikel vorrangig von bzw. über ELF beziehen und an der ELF-Station verkaufen, sofern diese Produkte von oder über ELF angeboten und zu auf dem Tankstellensektor üblichen, marktgerechten Konditionen geliefert werden.

...

§ 6 - Provision

Für alle aus diesem Vertrag übernommenen Leistungen, Verpflichtungen, Aufwendungen und Risiken erhält Verwalter derzeit folgende Vergütungen:

...

§ 10 - Führung der Station

1. Verwalter ist bei dem Vertrieb von Kraft- und Schmierstoffen ausschließlich für ELF tätig. Er verpflichtet sich, den Verkauf von ELF-Produkten in jeder Weise zu fördern und alles zu unterlassen, was den Absatz von Konkurrenzprodukten unmittelbar oder mittelbar zu fördern geeignet ist oder was in sonstiger Weise den Interessen der ELF nachteilig sein könnte. Ein Zwischenhandel mit ELF-Produkten bedarf der schriftlichen Zustimmung der ELF.

2. Verwalter wird den Geschäftsbetrieb mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes betreiben und die Station einschließlich des Grundstückes stets in sauberem, verkehrsfähigem Zustand halten.

3. Verwalter verpflichtet sich, den Dienst an der Station selbst wahrzunehmen. Er ist berechtigt und - soweit notwendig - verpflichtet, Mitarbeiter auf seine Rechnung einzustellen. Diese sind Erfüllungsgehilfen im Sinne des § 278 BGB. Die Beschäftigung ungeeigneter Personen kann von ELF untersagt werden. Verwalter hat insbesondere für die Zeit seines Urlaubs für einen fachkundigen Vertreter zu sorgen, den er ELF rechtzeitig benennen muß.

4. Verwalter ist verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, daß alle an der Station tätigen Personen stets die ELF-Berufskleidung tragen, die sich in einem ordentlichen Zustand befinden muß.

5. Die Öffnungszeiten der Station werden in Abstimmung zwischen dem zuständigen Beauftragten der ELF und Verwalter festgelegt. Die Öffnungszeiten sind sowohl am Branchenwettbewerb zu orientieren, als auch den Anforderungen des allgemeinen Verkehrsbedürfnisses anzupassen.

6. Verwalter erklärt sich bereit, täglich ordnungsgemäße Aufzeichnungen über die Geschäftsvorgänge anzufertigen, täglich die Tagesabrechnungen auf ELF-Formularen zu erstellen sowie die täglichen Umsätze in das ELF-Verkaufsstatistik-Buch einzutragen. Beauftragte der ELF haben jederzeit das Recht, das Grundstück sowie alle Räumlichkeiten der Tankstelle zu betreten und Einsicht in die Geschäftspapiere zu nehmen.

7. Die Aufstellung von Automaten und Verkaufshilfen (Eistruhen, Getränkeautomaten, Zigarettenautomaten u.a.) bedarf der vorherigen schriftlichen Zustimmung der ELF.

...

§ 14 - Sonstiges

1. Sofern ELF infolge der Marktentwicklung oder wegen des Vorgehens ihrer Wettbewerber die Bedingungen für Verträge dieser Art allgemein ändert, ist ELF berechtigt, diesen Vertrag unter Berücksichtigung von Treu und Glauben entsprechend anzugleichen.

2. Mit Abschluß dieses Vertrages werden alle früher zwischen Verwalter und ELF abgeschlossenen Verträge mit gleichem Gegenstand aufgehoben.

3. Wird der Vertrag mit mehreren Personen als Verwalter abgeschlossen, so bevollmächtigen sie sich hiermit gegenseitig, alle mit diesem Vertrag verbundenen Rechtshandlungen und Willenserklärungen zugleich auch im Namen der anderen Person(en) vorzunehmen oder abzugeben. Willenserklärungen und Rechtshandlungen von ELF werden wirksam, wenn Sie gegenüber einer der Personen abgegeben oder vorgenommen werden.

..."

In der Folgezeit zahlte der Ehemann, der gewerberechtlich seit 1971 als Tankstellenbetreiber angemeldet und als Unternehmer bei dem zuständigen Finanzamt geführt war, der mitarbeitenden Klägerin Gehalt auf ein eigenes Konto und führte Lohnsteuer und Sozialversicherungsabgaben ab. Unter dem 4. Oktober 1982 unterzeichneten die Klägerin und ihr Ehemann einen Formular-Arbeitsvertrag, wonach die Klägerin als kaufmännische Angestellte eingestellt war. Die Klägerin erhielt zuletzt ein Jahresgehalt in Höhe von 62.960,00 DM brutto.

Während der Ehemann sich insbesondere um die Werkstatt, Autozubehör und Ersatzteile kümmerte, war die Klägerin an der Kasse bzw. im Verkaufsraum tätig und außerdem mit Buchhaltung, Lohnbuchhaltung, Abrechnungen, Tagesabrechnung und Bestellung und Verkauf von Waren aus dem Tankstellenshop befaßt.

Am 31. Dezember 1997 kündigte die Firma ELF den "Tankstellen-Verwalter-Vertrag" gegenüber der Klägerin und ihrem Ehemann zum 30. Juni 1998. Im unmittelbaren Anschluß übernahm der Beklagte die Tankstelle von der Firma ELF. Bei einem Mitarbeitergespräch vom 30. Juni 1998 erklärte der Vater des Beklagten den meisten an der ELF-Tankstelle Beschäftigten, sie nicht zu übernehmen. Auch die Klägerin wurde nicht vom Beklagten weiterbeschäftigt. Mit Schreiben vom 17. Juli 1998 teilte der Beklagte der Klägerin mit, ihre Weiterbeschäftigung scheide schon deshalb aus, weil sie gar keine Arbeitnehmerin an der Tankstelle gewesen sei. Vorsorglich kündigte der Beklagte in diesem Schreiben ein etwaiges mit der Klägerin bestehendes Arbeitsverhältnis zum nächstmöglichen Termin.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin geltend gemacht, daß ihr Arbeitsverhältnis, das mit ihrem Ehemann bestanden habe, auf Grund Betriebsübergangs auf den Beklagten übergegangen sei. Ihre Einbeziehung in den "Tankstellen-Verwalter-Vertrag" habe lediglich eine Ehegattenbürgschaft dargestellt. Die Firma ELF habe fast ausschließlich mit ihrem Ehemann korrespondiert. Auch habe ihr Ehemann alleine bei Einstellungen von Mitarbeitern entschieden, auch wenn sie ihm hierbei als Ehefrau und langjährige Mitarbeiterin mit Rat und Tat zur Seite gestanden habe. Mitarbeitergespräche habe stets ihr Ehemann allein geführt.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

1. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis durch die Ereignisse am 30. Juni 1998 nicht aufgelöst worden ist;

2. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 17. Juli 1998 zum 31. August 1998 nicht aufgelöst worden ist;

3. den Beklagten zu verurteilen, sie bis zum rechtskräftigen Abschluß dieses Verfahrens weiter zu beschäftigen.

Zweitinstanzlich hat sie zudem beantragt, das Arbeitsverhältnis zum 28. Februar 1999 gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung aufzulösen.

Der Beklagte hat zuletzt beantragt, die Klage abzuweisen und den Auflösungsantrag zurückzuweisen.

Der Beklagte hat geltend gemacht, daß der "Arbeitsvertrag" nur pro forma abgeschlossen worden sei, und behauptet, daß die Klägerin mindestens im selben Umfang wie ihr Ehemann Arbeitgeberfunktionen im Tankstellenbetrieb wahrgenommen habe.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung und die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

A. Das Landesarbeitsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:

Der Klageantrag zu 1) sei bereits mangels hinreichender Bestimmtheit unzulässig. Der Klageantrag zu 2) sei unbegründet. Zwischen den Parteien habe kein Arbeitsverhältnis bestanden. Daher komme es auch nicht darauf an, ob die vorsorglich erklärte Kündigung vom 17. Juli 1998 aus verhaltensbedingten Gründen sozial gerechtfertigt sei. Zwar stelle der Tankstellenverwalterwechsel zum 30. Juni/1. Juli 1998 einen Betriebsübergang dar. Auch sei das im Veräußererbetrieb bestehende Ehegattenarbeitsverhältnis nicht von der Rechtsfolge des Betriebsübergangs ausgenommen. Doch habe zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann kein Arbeitsverhältnis bestanden, so daß schon aus diesem Grunde die Rechtsfolge des § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB nicht ausgelöst worden sei. Die Klägerin sei nämlich Betriebsmitinhaberin gewesen. Dies folge eindeutig aus dem "Tankstellen-Verwalter-Vertrag" vom 26. Juli/29. August 1978. Die Klägerin und ihr Ehemann hätten den Vertrag "als Gesamtgläubiger und Gesamtschuldner" geschlossen. Nach dem Vertrag würden Klägerin und Ehemann in ihrer Stellung als "Verwalter" gleichstufig behandelt und zwar sowohl hinsichtlich der Rechte als auch hinsichtlich der Pflichten. Die Eindeutigkeit der Vertragsgestaltung stehe der Annahme entgegen, daß die Klägerin lediglich aus Haftungsgründen in den "Tankstellen-Verwalter-Vertrag" einbezogen worden sei. Dem Regelungsinhalt des Tankstellen-Verwalter-Vertrages entspreche auch dessen praktische Durchführung. Da die Klägerin Mitinhaberin des Tankstellenbetriebes gewesen sei, habe sie auf der Veräußerer-Seite gestanden, so daß § 613 a BGB weder nach Wortlaut noch Schutzzweck eingreife. Klägerin und Ehemann hätten die ELF-Tankstelle als Gesellschaft bürgerlichen Rechts betrieben. Daneben sei die Konstruktion eines Arbeitsverhältnisses mit ihrem Ehemann nicht vorstellbar. Da die Mitarbeit der Klägerin im Tankstellenbetrieb nicht im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses iSv. § 613 a Abs. 1 BGB, sondern auf Grund ihrer Stellung als Mitinhaberin erfolgte und deshalb der Beklagte mit der Betriebsübernahme auch in kein Arbeitsverhältnis eingetreten sei, seien auch der Auflösungsantrag und der Weiterbeschäftigungsantrag abzuweisen.

B. Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts halten im Ergebnis und in wesentlichen Teilen der Begründung der rechtlichen Überprüfung stand.

I. Die Klageanträge sind zulässig. Der Klageantrag zu 1) ist nach einer entsprechenden Klarstellung des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat dahingehend auszulegen, daß die Feststellung eines ab 1. Juli 1998 zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses begehrt wird.

II. Die Klage ist unbegründet. Zwischen den Parteien ist es zu keinem Arbeitsverhältnis gekommen. Damit fehlt es an einer Grundlage für das Feststellungsbegehren und den Weiterbeschäftigungsantrag der Klägerin.

Es kann dahingestellt bleiben, ob der Pächterwechsel bei der ELF-Tankstelle vom 30. Juni/1. Juli 1998 zu einem Betriebsübergang führte. Jedenfalls stand die Klägerin nicht in einem Arbeitsverhältnis zu den bisherigen Betriebsinhabern, das auf den Beklagten gem. § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB hätte übergehen können.

1. Das Landesarbeitsgericht ist ohne nähere Begründung davon ausgegangen, daß mit der Tankstellenübernahme durch den Beklagten ein Betriebsübergang im Sinne des § 613 a BGB erfolgte. Dieser Annahme wäre nur dann zu folgen, wenn der Beklagte die Tankstelle als wirtschaftliche Einheit übernommen und im wesentlichen unverändert fortgeführt hätte. Bei der Prüfung, ob die Identität der betreffenden wirtschaftlichen Einheit gewahrt wurde, hätte es einer Gesamtwürdigung bedurft, die namentlich als Teilaspekte die Art des betreffenden Betriebs, den Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude und bewegliche Güter, den Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die Übernahme der Hauptbelegschaft, den etwaigen Übergang der Kundschaft, den Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten sowie die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeit erfaßte. Eine Einheit darf nicht als bloße Tätigkeit verstanden werden. Die Identität der Einheit ergibt sich auch aus anderen Merkmalen wie ihrem Personal, ihren Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden und den ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln (ständige Rechtsprechung des Senats im Anschluß EuGH 11. März 1997 - RS C-13/95 - EuGHE I 1997, 1259 (Ayse Süzen); vgl. nur Senat 22. Mai 1997 - 8 AZR 101/96 - BAGE 86, 20, 28, zu B II 2 b bb der Gründe).

Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat der Beklagte im unmittelbaren Anschluß an die Beendigung des Tankstellen-Verwalter-Vertrages mit dem Ehepaar H. von der Firma ELF die Tankstelle übernommen. Diese Feststellungen reichen für die Annahme eines Betriebsübergangs nicht aus. Insbesondere fehlt es an einer Feststellung, daß der Beklagte einen im wesentlichen ähnlichen Tankstellen-Verwalter-Vertrag erhalten hat und die Tankstelle tatsächlich im wesentlichen unverändert mit eigenwirtschaftlich genutzten Betriebsmitteln fortgeführt hat.

2. Es kann allerdings dahingestellt bleiben, ob im Streitfall ein Betriebsübergang vorlag. Die Klägerin stand jedenfalls nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Betriebsveräußerer, das der Beklagte als Betriebserwerber gem. § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB hätte übernehmen können.

a) Bisherige Betriebsinhaber waren sowohl die Klägerin als auch ihr Ehemann. Beide haben als "Verwalter" die wirtschaftliche Einheit Tankstation betrieben. Dies ergibt sich aus dem "Tankstellen-Verwalter-Vertrag" vom 26. Juli/29. August 1978. Die Klägerin und ihr Ehemann haben diesen Vertrag als "Gesamtgläubiger und Gesamtschuldner" mit der ELF Mineraloel GmbH abgeschlossen. Sie werden beide als "Verwalter" im einleitenden Teil des Vertrags genannt. Soweit im weiteren Vertragstext vom "Verwalter" die Rede ist, ist damit nicht nur der Ehemann gemeint. Vielmehr wird der Singular nur aus Vereinfachungsgründen im Vertragstext benutzt. Wer "Verwalter" ist, wird im einleitenden Teil vor § 1 des Vertrages definiert. Dies sind die Klägerin und ihr Ehemann, die auch beide den Vertrag unterschrieben haben. Die Rechte und Pflichten aus dem "Tankstellen-Verwalter-Vertrag" bestanden mithin gleichermaßen für die beiden Verwalter, die Klägerin und ihren Ehemann. Der "Verwalter" war eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (§§ 705 ff. BGB), bestehend aus der Klägerin und ihrem Ehemann.

Nach dem Vertrag war die Klägerin ebenso wie ihr Ehemann gem. § 10 Ziff. 3 verpflichtet, "den Dienst an der Station selbst wahrzunehmen" sowie "berechtigt und - soweit notwendig - verpflichtet", Mitarbeiter einzustellen. Soweit hier davon die Rede ist, daß "er" berechtigt ist und auf "seine" Rechnung einzustellen hat, ist dies nur der sprachlichen Erleichterung geschuldet, ändert aber nichts daran, daß "Verwalter" nicht nur der Ehemann, sondern auch die Klägerin war. Dies wird auch deutlich durch § 14 Ziff. 3 des Vertrages. Diese Vertragsbestimmung regelt ausdrücklich den Fall, daß "der Vertrag mit mehreren Personen als Verwalter abgeschlossen" wird. In dem Fall bevollmächtigen sie sich gegenseitig, "alle mit diesem Vertrag verbundenen Rechtshandlungen und Willenserklärungen zugleich auch im Namen der anderen Person(en) vorzunehmen oder abzugeben."

aa) Soweit die Klägerin geltend macht, sie habe mit dem Tankstellen-Verwalter-Vertrag nur eine Ehegattenbürgschaft übernommen, kann dem nicht gefolgt werden. Der Bürge haftet akzessorisch für eine fremde Schuld (§§ 765, 767 BGB). Im Streitfall ist die Klägerin aber gerade eine eigene Verbindlichkeit und Berechtigung eingegangen, denn sie wird bereits zu Beginn des Vertrags als "Gesamtgläubiger und Gesamtschuldner" bezeichnet. Ein Gesamtschuldner haftet aber nicht für eine fremde Schuld, sondern ist selbst Schuldner (vgl. § 421 BGB). Entsprechendes gilt für den Gesamtgläubiger (vgl. § 428 BGB). Aus dem "Tankstellen-Verwalter-Vertrag" ergibt sich keinerlei Hinweis, daß die Klägerin nur für eine fremde Schuld eintreten sollte. Die Annahme, daß "im Zweifel" nur eine Bürgschaft gewollt ist, setzt voraus, daß die Auslegung des Vertrags zu keinem eindeutigen Ergebnis führt und somit Zweifel verbleiben, wie der Vertrag auszulegen ist (vgl. BGH 19. September 1985 - VII ZR 338/84 - NJW 1986, 580). Solche Zweifel bestehen aber im Streitfall nicht, die vertragliche Vereinbarung ist eindeutig.

bb) Soweit die Klägerin sich darauf beruft, daß die Firma ELF ausschließlich mit ihrem Ehemann, nicht aber mit ihr korrespondiert habe und spätere Änderungen des Tankstellen-Verwalter-Vertrags ausschließlich mit ihrem Ehemann, nicht aber mit ihr vereinbart worden seien, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Dieses Vorgehen findet seine Grundlage in § 14 Ziff. 3 des Tankstellen-Verwalter-Vertrags vom 26. Juli/29. August 1978. Im übrigen fehlte jeder Hinweis, daß die Klägerin im Nachhinein aus den Rechten und Pflichten aus diesem Tankstellen-Verwalter-Vertrag "entlassen" worden ist.

b) Die Klägerin hatte jedenfalls kein Arbeitsverhältnis zu den vorherigen Betriebsinhabern, zu denen die Klägerin selbst gehörte. Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 4. Oktober 1982 wurde nicht mit den Betriebsinhabern als Arbeitgebern, sondern zwischen dem Ehemann der Klägerin als Arbeitgeber und der Klägerin als Arbeitnehmerin geschlossen. Als Mitbetriebsinhaberin war die Klägerin bereits auf Grund § 10 Ziff. 3 des Tankstellen-Verwalter-Vertrags verpflichtet, den Dienst an der Station selbst wahrzunehmen. Danach hatte die Klägerin als Mitinhaberin eine Dienstverpflichtung und konnte diese - als Arbeitgeber auftretend - auch durch Arbeitnehmer erledigen. Auch das steht der Annahme entgegen, die Klägerin habe sich selbst zur Erbringung von weisungsgebundener Tätigkeit als Arbeitnehmerin gegenüber den Betriebsinhabern verpflichtet. Im übrigen hat die Klägerin selbst nicht geltend gemacht, sie habe zu den Inhabern der Tankstation, zu denen sie selbst gehörte, in einem Arbeitsverhältnis gestanden.

c) Soweit die Klägerin geltend macht, sie habe in einem Arbeitsverhältnis zu ihrem Ehemann gestanden, kann offen bleiben, ob und inwieweit ein solches Arbeitsverhältnis eines ohnehin zur Dienstleistung verpflichteten Mitinhabers zum anderen Mitinhaber möglich ist. Jedenfalls wäre ein solches nicht mit den Betriebsinhabern geschlossenes Arbeitsverhältnis nicht gem. § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB auf den Betriebserwerber übergegangen.

C. Die Klägerin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

Ascheid Dr. Wittek Mikosch

Morsch P. Knospe

 

Fundstellen

ZInsO 2001, 680

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