Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnung von Renten auf Beamtenversorgung
Leitsatz (redaktionell)
1. Sagt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Versorgung nach den für Beamte geltenden Grundsätzen zu, darf er nach Maßgabe des § 55 BeamtVG die Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf die versprochene Versorgung anrechnen. Zu den Grundsätzen des Beamtenrechts gehören auch allgemeine Anrechnungsvorschriften.
2. Die Verweisung auf die für Beamte geltenden Grundsätze ist im Zweifel als Verweisung auf die jeweils für Beamte geltenden Rechtsvorschriften zu verstehen. Eine solche dynamische Verweisung, die auch zukünftige Änderungen erfaßt, wird in der Regel den Interessen beider Parteien eher gerecht als eine Verweisung auf einen im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bestehenden Rechtszustand. Soll nur die im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geltende Versorgungsordnung in Bezug genommen werden, muß dies deutlich zum Ausdruck gebracht werden.
3. Die Zusage einer Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen ist nicht schon dann anzupassen, wenn die Parteien davon ausgegangen sind, Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und Versorgungsbezüge könnten nebeneinander ungekürzt bezogen werden. Eine Anpassung der Vereinbarung an veränderte Umstände kommt jedoch dann in Betracht, wenn sich die Vorstellungen der Parteien über eine angemessene Versorgung trotz der dynamischen Verweisung nicht mehr verwirklichen lassen.
Normenkette
BGB § 242; BetrAVG § 1; BeamtVG § 55; GG Art. 33 Abs. 5, Art. 14 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LAG Hamm (Entscheidung vom 21.11.1986; Aktenzeichen 6 Sa 736/86) |
ArbG Hagen (Westfalen) (Entscheidung vom 27.02.1986; Aktenzeichen 2 Ca 1745/85) |
Tatbestand
Die Parteien streiten darum, ob der beklagte Arbeitgeber auf das zu zahlende Ruhegeld die erwarteten Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung anrechnen darf.
Der am 1. April 1924 geborene Kläger war nach seiner Ausbildung zum Arzt vom 1. Dezember 1956 bis 31. Dezember 1970 an den Universitäten M und K als wissenschaftlicher Assistent, Privatdozent, Oberarzt und wissenschaftlicher Rat beschäftigt. Er war zunächst Beamter auf Widerruf, später Beamter auf Lebenszeit. Er schied zum 31. Dezember 1970 aus dem Beamtenverhältnis aus. Die Zeiten der Tätigkeiten an den Universitäten M und K wurden in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert.
Aufgrund eines Vertrags vom 27. Juli 1970 war der Kläger seit dem 1. Januar 1971 beim beklagten Träger des Krankenhauses als Chefarzt der Augenklinik angestellt. Der beklagte Krankenhausträger zahlte dem Kläger zunächst ein Gehalt "in Anlehnung an die Gruppe A 13 der Landesbesoldungsordnung Nordrhein-Westfalen" (durch Vertrag vom 28. August 1981 abgeändert in ein Gehalt nach der Gruppe A 15) und räumte ihm ein Liquidationsrecht für ärztliche Leistungen bei der stationären Behandlung der selbstzahlenden Kranken der ersten und zweiten Pflegeklasse ein. Zur Altersversorgung des Klägers enthält der Vertrag folgende Bestimmung:
"§ 7 Versorgungs- und Versicherungsleistungen
----------------------------------------
1. Zur Abgeltung von Versorgungsansprüchen irgendwelcher
Art von Seiten des Chefarztes
oder seiner Familie gewährt das Krankenhaus
dem Chefarzt Anspruch auf Versorgung nach
den für Kommunalbeamte im Lande Nordrhein-Westfalen
geltenden Grundsätzen. Das Krankenhaus
läßt die Stelle des Chefarztes bei
der Westfälisch-Lippischen Versorgungskasse
versichern, welche die aus diesem Vertrage
sich ergebenden Versorgungsverpflichtungen
nach Maßgabe der Kassensatzung erfüllen
wird. Der Berechnung der Versorgungsleistungen
wird die Besoldungsgruppe A 14 LBO - NW
zugrunde gelegt. Der Versorgungsanspruch
richtet sich nicht unmittelbar gegen die
Versorgungskasse, sondern gegen das Krankenhaus.
Der Chefarzt hat dem Krankenhaus 50 % der
an die Versorgungskasse zu entrichtenden
Umlagebeiträge zu erstatten.
.....
Scheidet der Chefarzt aus dem Dienst des
Krankenhauses aus, bevor nach den Kassensatzungen
Ansprüche an die Versorgungskasse
gestellt werden können, so hat er
gegen das Krankenhaus keinen Anspruch auf
Rückzahlung der geleisteten Beträge. Dabei
ist es unerheblich, aus welchem Grunde das
Vertragsverhältnis gelöst wird.
....."
Außerdem heißt es im Vertrag:
"§ 10 Nebenabreden
------------
Mündliche Nebenabreden sind beiderseitig ungültig,
sie bedürfen der Schriftform und der
kirchenaufsichtlichen Genehmigung."
Bei den Vertragsverhandlungen hatte die Beklagte dem Kläger weitere Möglichkeiten einer Altersversorgung angeboten, nämlich eine Altersversorgung für Ärzte oder die Beteiligung an einer privaten Lebensversicherung. Der Kläger wählte die im Vertrag vereinbarte Versorgung.
Die Beklagte ließ durch die Westfälisch-Lippische Versorgungskasse die Versorgungsbezüge des Klägers berechnen. Diese teilte dem Kläger im Auftrag der Beklagten mit, daß er am 1. April 1985 ein Ruhegehalt von 4.655,25 DM erwarten könne. Auf dieses Ruhegehalt werde die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung mit 1.169,10 DM angerechnet. Der Kläger könne deshalb mit Versorgungsbezügen in Höhe von 3.486,15 DM rechnen. Zur Begründung der Anrechnung der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung berief sich die Beklagte auf § 55 BeamtVG in der am 22. Dezember 1981 beschlossenen Fassung.
Der Kläger hält die Anrechnung der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nicht für zulässig. Eine solche Anrechnung sei nicht vereinbart worden. Die Parteien seien sich einig gewesen, daß dem Kläger die Versorgungsansprüche ungeschmälert, insbesondere ohne Anrechnung der gesetzlichen Sozialversicherungsrente zustehen sollten. Mit der Verweisung auf eine Versorgung nach den für Kommunalbeamte geltenden Grundsätzen sei lediglich eine Vereinbarung über die Höhe der Versorgungsansprüche getroffen worden. Zumindest sei die Geschäftsgrundlage für die Versorgung nach der gesetzlichen Änderung - Einführung des § 55 BeamtVG - entfallen; der Dienstvertrag sei anzupassen.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet
ist, ihm bei Eintritt des Versorgungsfalles
Versorgungsbezüge ohne Anrechnung
seiner von der Bundesanstalt für Angestellte
gewährten gesetzlichen Sozialversicherungsrente
zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat eine Einigung der Parteien über die Nichtanrechnung der Bezüge aus der gesetzlichen Rentenversicherung bestritten. Bei Vertragsabschluß hätten die Parteien nicht an eine spätere Gesetzesänderung mit Anrechnungsklausel gedacht.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Antrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Die Beklagte ist berechtigt, die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf die Versorgungsleistung anzurechnen.
1. Allein der Inhalt des Arbeitsvertrags (§ 7) entscheidet darüber, ob und welche Bezüge die Beklagte auf das versprochene Ruhegeld anrechnen darf.
a) Die Behauptung des Klägers, die Parteien hätten die Nichtanrechnung der Bezüge der gesetzlichen Rentenversicherung ausdrücklich vereinbart, ist unbeachtlich. Mündliche Nebenabreden zum Arbeitsvertrag sind nicht abgeschlossen worden. Das haben die Parteien in § 10 des Vertrags festgehalten. Abreden vor Vertragsabschluß sind damit hinfällig geworden. Abreden nach Vertragsabschluß hat der Kläger nicht behauptet. Für die Wirksamkeit einer solchen Abrede wären nach § 10 des Arbeitsvertrags zudem die Schriftform und eine kirchenaufsichtliche Genehmigung erforderlich gewesen.
b) Der Inhalt der Vereinbarung wird nicht davon berührt, daß die Parteien bei Abschluß des Vertrags übereinstimmend davon ausgingen, dem Kläger fließe das vereinbarte Ruhegehalt ungekürzt, ohne Anrechnung der Bezüge aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu. Dies entsprach der damaligen Rechtslage. Bis zum Inkrafttreten des § 55 BeamtVG n.F. (vgl. Art. 2 § 1 Nr. 7 des zweiten HStruktG vom 22. Dezember 1981 - BGBl I, 1523) konnte es zu Doppelversorgungen kommen. Doppelversorgung ist die Häufung von Versorgungsleistungen aus öffentlichem Recht, die dem gleichen Zweck dienen, nämlich der Sicherung des angemessenen Lebensunterhalts im Alter und bei vorzeitiger Dienst- (Arbeits-) unfähigkeit. Doppelversorgungen wegen des Bezugs der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und des Bezugs eines Ruhegehalts waren nicht gänzlich ausgeschlossen. Das Rentenrecht und das Beamtenversorgungsrecht stimmten in ihrer Systematik nicht überein. So konnten bei der Berechnung des Ruhegehalts solche Zeiten steigernd berücksichtigt werden, die auch im Rentenrecht steigernd wirkten (Doppelbemessungszeiten). Eine weitere Ursache lag in der Gestaltung der Ruhegeldskala. Erst durch § 55 BeamtVG n.F. wurde eine Doppelversorgung der Versorgungsempfänger und damit zugleich eine Doppelbelastung der öffentlichen Haushalte verhindert. Bei Vertragsabschluß konnte der damals 46 Jahre alte Kläger noch fast das volle Ruhegehalt nach A 13 (bzw. nach A 15) erdienen.
2. § 7 des Arbeitsvertrags enthält in bezug auf die Anrechnungsmöglichkeiten eine Verweisung auf die jeweils geltenden Grundsätze des Beamtenrechts.
a) § 7 des Arbeitsvertrags enthält eine Anrechnungsklausel. Das Versprechen einer "Versorgung nach den für Kommunalbeamte im Lande Nordrhein-Westfalen geltenden Grundsätzen" betrifft - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht nur die Höhe der zugesagten Versorgung. Vielmehr soll der Kläger hinsichtlich seiner Versorgung so gestellt werden wie ein Kommunalbeamter im Lande Nordrhein-Westfalen. Zu diesen Grundsätzen gehören nicht nur Bestimmungen zur Höhe des Ruhegehalts, sondern auch allgemeine Bemessungsgrundsätze und allgemeine Anrechnungsvorschriften. Die Bezugnahme auf diese Grundsätze kann sich auch zugunsten des Arbeitnehmers auswirken. Erhält z.B. der Ruhestandsbeamte eine jährliche Sonderzuwendung, muß auch der Arbeitgeber, der Versorgung nach den jeweils für Beamte maßgebenden Grundsätzen verspricht, seinen Betriebsrentnern diese jährliche Sonderzuwendung zahlen (vgl. BAG Urteil vom 16. Oktober 1975 - 3 AZR 373/74 - AP Nr. 4 zu § 242 BGB Ruhegehalt-Beamtenversorgung; ebenso BGH Urteil vom 8. Oktober 1979 - II ZR 177/78 - AP Nr. 6 zu § 242 BGB Ruhegehalt-Beamtenversorgung).
b) Mit der Verweisung auf die für Kommunalbeamte im Lande Nordrhein-Westfalen geltenden Grundsätze sind die jeweils geltenden Grundsätze gemeint. Nur so konnte erreicht werden, daß der Kläger beim Eintritt eines Versorgungsfalls so gestellt wird wie Kommunalbeamte im Lande Nordrhein-Westfalen. Beide Parteien müssen deshalb Änderungen in den Gesetzen, die die Versorgung für Kommunalbeamte im Lande Nordrhein-Westfalen regeln, hinnehmen. Davon ist das Landesarbeitsgericht mit Recht ausgegangen (vgl. zur Bedeutung einer Verweisung auf eine Leistungsordnung auch BAG Urteil vom 10. August 1982 - 3 AZR 90/81 - AP Nr. 7 zu § 5 BetrAVG und zuletzt Urteil des Senats vom 3. Mai 1988 - 3 AZR 419/86 -). Soll nur die im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geltende Versorgungsordnung in Bezug genommen werden, muß dies - wie das Landesarbeitsgericht mit Recht sagt - deutlich zum Ausdruck gebracht werden. Eine dynamische Verweisung auf allgemeine Grundsätze, die auch zukünftige Änderungen erfaßt, ist sachgerechter und wird in der Regel den Interessen beider Parteien eher gerecht als die statische Verweisung auf einen im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bestehenden Rechtszustand.
c) Die Einwendungen des Klägers gegen diese Auslegung sind nicht berechtigt. Ihr steht nicht entgegen, daß der Kläger kein Beamter war. Jeder Arbeitgeber kann seinen Arbeitnehmern Versorgung nach den für Beamte geltenden Grundsätzen versprechen. Bei einem Beamten ist die Versorgung gesetzlich geregelt, bei Arbeitnehmern muß die Versorgung vertraglich vereinbart werden. Das ist hier geschehen. Auf die Berechnung der Versorgung hat auch der Umstand, daß sich der Kläger mit 50 % an den Umlagebeiträgen zur Versorgungskasse beteiligen mußte, keinen Einfluß. Diese Abrede betrifft die Aufbringung der Mittel. Die Berechnung der Versorgungsbezüge muß dagegen nach den jeweils geltenden Grundsätzen für Kommunalbeamte des Landes Nordrhein-Westfalen erfolgen. Dem Kläger ist keine Versorgung eigener Art versprochen worden, sondern eine Versorgung nach den für Kommunalbeamte im Lande Nordrhein-Westfalen geltenden Grundsätzen.
3. Die jetzt maßgebenden Grundsätze des Beamtenrechts über die Anrechnung anderweitiger Leistungen sind in § 55 BeamtVG in der Fassung des Gesetzes vom 22. Dezember 1981 enthalten. Diese Bestimmung gestattet die Anrechnung der Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf das nach beamtenrechtlichen Grundsätzen ermittelte Ruhegehalt. Die Vorschrift befaßt sich mit dem Ruhen von Versorgungsbezügen bei deren Zusammentreffen mit Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen. Sie will eine als "Doppelversorgung" bezeichnete überhöhte Versorgung verhindern. Ursachen der überhöhten Versorgung liegen vor allem darin, daß nach dem Beamtenversorgungsgesetz nahezu sämtliche in privatrechtlichem Arbeitsverhältnis bei öffentlich-rechtlichen Dienstherren verbrachten Zeiten als ruhegehaltsfähige Dienstzeit in der Beamtenversorgung und zugleich als rentenbegründend und rentensteigernd in den gesetzlichen Rentenversicherungen berücksichtigt werden. Die früheren Anrechnungsregeln haben sich als unzureichend erwiesen, weil die volle Beamtenversorgung bereits nach 35 Dienstjahren erreicht werden kann, und weil nicht alle Doppelbemessungszeiten erfaßt wurden. Deshalb trifft § 55 BeamtVG eine umfassende Ruhensregelung.
Auch beim Kläger wurde das Ruhegehalt unter Berücksichtigung der Ausbildungszeit und der vorausgegangenen Zeit einer Beschäftigung im öffentlichen Dienst berücksichtigt (vgl. Berechnung der ruhegehaltsfähigen Dienstzeit im Schreiben der Westfälisch-Lippischen Versorgungskasse an den Kläger vom 3. April 1985). Nur so kommt der Kläger in seinem Besoldungsdienstalter auf die Endstufe. Die gleichen Zeiten werden in der gesetzlichen Rentenversicherung berücksichtigt, da die früheren Arbeitgeber den Kläger für die Zeiten seiner Tätigkeit nachversichert haben.
§ 55 BeamtVG in der hier anzuwendenden Fassung ist mit dem Grundgesetz vereinbar (vgl. BVerfG vom 30. September 1987 - 2 BvR 933/82 -). Die Bestimmung verstößt nicht gegen Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG. Die vom Kläger erworbene Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung wird voll ausgezahlt. Nur die Beamtenversorgungsbezüge ruhen, soweit sie die Höchstgrenze übersteigen. Das Prinzip der ausreichenden Alimentation eines Beamten (Art. 33 Abs. 5 GG) wird nicht verletzt; der Kläger erhält insgesamt eine angemessene Versorgung.
4. Der Vertrag über die Versorgung des Klägers kann so wie vereinbart durchgeführt werden. Er braucht nicht wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage angepaßt zu werden (§ 242 BGB).
Geschäftsgrundlage sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts die bei Abschluß des Vertrags zutage getretenen, dem anderen Teil erkennbar gewordenen und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen einer Partei oder die gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien hierauf aufbaut (vgl. BAGE 52, 273, 276 = AP Nr. 7 zu § 242 BGB Geschäftsgrundlage, zu 2 b der Gründe). Hierzu rechnet auch ein beiderseitiger Irrtum in der Beurteilung der Rechtslage bei Abschluß eines Vertrags, wenn ohne diesen beiderseitigen Rechtsirrtum der Vertrag nicht, wie geschehen, geschlossen worden wäre.
Im vorliegenden Fall sind beide Parteien davon ausgegangen, daß der Kläger sein Ruhegehalt ungekürzt erhalten werde. Diese Annahme mag der damaligen Rechtslage entsprochen haben. Die Parteien haben sich über die Rechtslage bei Abschluß des Vertrages nicht geirrt. Sie haben nur die möglichen Entwicklungen falsch eingeschätzt. Die Geschäftsgrundlage hätte sich deshalb nur dann geändert, wenn sich die gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien über die Versorgung eines Kommunalbeamten im Lande Nordrhein-Westfalen nach dem jetzt geltenden Recht nicht mehr angemessen verwirklichen ließen. Das aber ist nicht der Fall. Die Versorgung des Klägers nach beamtenrechtlichen Grundsätzen ist im wesentlichen erhalten geblieben. Der Kläger genießt nach wie vor die Vorzüge einer solchen Versorgung, auch etwa im Verhältnis zu einer Versorgung durch eine Lebensversicherung. So werden z.B. die Versorgungsbezüge eines Beamten ständig an die Bezüge eines aktiven Beamten angepaßt. Die dynamische Verweisung auf die jeweiligen Grundsätze der Versorgung eines Kommunalbeamten im Lande Nordrhein-Westfalen bietet dem Kläger eine weitgehende Sicherung gegen den Wertverlust seiner Versorgungsbezüge.
Im übrigen enthält eine dynamische Verweisung ein Risiko für beide Parteien. Gesetzliche Änderungen zum Vorteil des versorgungsberechtigten Beamten muß die Beklagte ebenso hinnehmen wie der Kläger nachteilige gesetzliche Änderungen der maßgebenden Grundsätze. Es ist also nicht richtig, daß dem Kläger einseitig das Risiko einer Änderung der Grundsätze zugemutet würde.
Dr. Heither Schaub Griebeling
Heimann Falkenstein
Fundstellen
BB 1989, 152-153 (LT1-3) |
DB 1989, 180-181 (LT1-3) |
DRsp, VI (610) 212 a-c (T) |
ASP 1989, 19 (K) |
BetrAV 1989, 25-27 (LT1-3) |
NZA 1989, 102-104 (LT1-3) |
RdA 1989, 69 |
AP § 1 BetrAVG Beamtenversorgung (LT1-3), Nr 8 |
AR-Blattei, Betriebliche Altersversorgung Entsch 210 (LT1-3) |
AR-Blattei, ES 460 Nr 210 (LT1-3) |
ArztR 1989, 209-212 (T) |
EzA § 1 BetrAVG Beamtenversorgung, Nr 2 (L1-3) |
VersR 1989, 417-418 (L1-3) |