Entscheidungsstichwort (Thema)

Berechnung des Urlaubsentgelts bei Provisionsvertretern

 

Orientierungssatz

Bei der Berechnung des Urlaubsentgelts bleiben Quotenerfüllungsprämien außer Betracht.

 

Normenkette

BUrlG § 11 Abs. 1, § 13 Abs. 1

 

Verfahrensgang

Hessisches LAG (Entscheidung vom 20.08.1984; Aktenzeichen 11 Sa 1274/83)

ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 30.06.1983; Aktenzeichen 5 Ca 628/81)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, wie das Urlaubsentgelt des Klägers zu berechnen ist.

Die Beklagte vertreibt EDV-Systeme. Der Kläger ist bei ihr seit dem 1. Januar 1979 als Vertriebsrepräsentant beschäftigt. Er erhält als Vergütung ein monatliches Festgehalt (Fixum) von 4.150,-- DM brutto sowie Provisionen ("Beteiligungen"; ermittelt in Prozentsätzen nach dem Auftragswert) und außerdem Prämien als Sondervergütungen zu den jeweils ermittelten Provisionen.

Bis zum 30. September 1981 richteten sich die Provisionen und Prämien nach einem von der Beklagten aufgestellten Beteiligungsplan, zuletzt in der Fassung vom 1. April 1979. Danach entstanden die Provisionsansprüche mit Abschluß der näher aufgeführten Geschäfte; sie wurden zeitlich gestaffelt fällig. Bei bestimmten Abschlüssen wurde eine zusätzliche "Betreuungsbeteiligung" gewährt. Prämien waren für sieben unterschiedliche Fallgruppen von Abschlüssen vorgesehen: 1. Gewinnung neuer Systemkunden (die anfallenden Beteiligungen wurden mit bestimmten Faktoren multipliziert), 2. Großabschlüsse über mehrere Systeme (es galten bestimmte Faktoren, gestaffelt nach dem Auftragswert), 3. Revenue-Forcierung (Zusatzprämie für Abschlüsse vor dem 31. März des Geschäftsjahres), 4. Lizenzierte Softwareprodukte (betragsmäßig bestimmte Prämien für Abschlüsse über bestimmte Produkte), 5. Vorzeitige Quotenerfüllung (100 % Erfüllung zum 30. September = 8.000,-- DM; 100 % Erfüllung zum 31. Dezember = 4.000,-- DM), 6. Quotenübererfüllung (die den jeweiligen Quotenübererfüllungen entsprechenden Beteiligungen wurden mit bestimmten Faktoren multipliziert: ab 110 % = Faktor 1,1; ab 130 % = Faktor 1,3; ab 150 % = Faktor 1,5), 7. Verkaufswettbewerbe (a: Prämiengutschrift für den ersten Systemabschluß bei Unternehmen aus einer bestimmten "Top-Liste"; b: Prämien für den Quartalssieger).

Seit dem 1. Oktober 1981 gilt für die Berechnung der variablen Bezüge des Klägers - aufgrund des Spruchs einer Einigungsstelle vom 10. Juni 1981 - ein neuer "Provisionsplan". Danach stehen den Verkaufsrepräsentanten weiterhin Abschlußprovisionen sowie in bestimmten Fällen Kundenbetreuungsprovisionen zu. Der nunmehr gültige "Prämienplan" weist wiederum eine in drei Stufen (ab 110 %, ab 130 % und ab 150 %) gegliederte "Quotenübererfüllungsprämie", eine "Vorzeitige Quotenerfüllungsprämie" und weitere Prämien aus. Den Prämien ist nunmehr gemeinsam, daß sie in Festbeträgen zugestanden werden.

Entsprechend der Bezugnahme in § 4 des Arbeitsvertrages richtet sich der Urlaubsanspruch des Klägers "nach den jeweils gültigen Bestimmungen des Hessischen Tarifvertrages für Angestellte in der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie".

Der Kläger erhielt in den Jahren 1979 bis 1983 wie folgt Urlaub:

1979: 28 Tage

1980: 34 Tage

1981: 39 Tage

1982: 48 Tage

1983: 25 Tage.

Die Beklagte legte bei der Berechnung des Urlaubsentgelts nur das Fixum zugrunde, jedoch nicht die Provisionen und Prämien. Diese beliefen sich 1979 auf 56.941,-- DM, 1980 auf 168.688,-- DM, 1981 auf 286.075,-- DM, 1982 auf 265.307,-- DM und 1983 (bis Juli) auf 163.620,-- DM. Die monatlich ausgezahlten Beträge schwankten stark; sie bewegten sich zwischen 1.500,-- DM im Februar 1979 und 73.964,-- DM im Mai 1982.

Der Kläger hat geltend gemacht, für die Berechnung des Urlaubsentgelts müßten auch die in den letzten drei abgerechneten Kalendermonaten vor Antritt eines Urlaubs gezahlten Provisionen und Prämien berücksichtigt werden. Er hat die Bezüge der jeweils vorangegangenen drei Kalendermonate durch die Zahl der hierin angefallenen Arbeitstage geteilt und den sich daraus ergebenden Betrag mit der Zahl der in die Zeit des Urlaubs fallenden Arbeitstage vervielfacht. Für die Zeit von Februar 1979 bis Juli 1982 hat er mit seiner im Dezember 1981 erhobenen und bis Dezember 1982 mehrfach erweiterten Klage 74.675,-- DM (nebst Zinsen) als Urlaubsentgelt beansprucht. In der Berufungsinstanz hat er die Klage auf zusätzliches Urlaubsentgelt für die Zeit von November 1982 bis Juli 1983 auf fernere 27.590,-- DM (nebst Zinsen) erweitert.

Der Kläger hat daher zuletzt beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 74.675,-- DM

und weitere 27.590,-- DM, jeweils nebst Zinsen

seit Rechtshängigkeit, zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, sie schulde bei Krankheit und Urlaub nur die Weiterzahlung des vereinbarten Fixums. Die Einbeziehung der Provisionen und Prämien könne der Kläger nicht verlangen. Er habe pro Jahr nur etwa zehn Kunden zu betreuen und tätige nur zwei bis drei größere Abschlüsse, bei denen zwischen der ersten Kontaktaufnahme mit dem Kunden bis zur Unterzeichnung des Vertrages meist größere Zeitspannen lägen. Aus dieser Arbeitsleistung entgingen dem Kläger durch kurzfristige Arbeitsverhinderung keine provisionspflichtigen Geschäfte, zumal bei Abwesenheit für Vertretung gesorgt werde. Die Prämien könnten in die Bemessungsgrundlage schon deshalb nicht aufgenommen werden, weil für ihr Entstehen allein die Erfüllung einer vorgegebenen Quote zu einem bestimmten Zeitpunkt entscheidend sei. Dabei sollten sie die gesamte Jahresleistung ungeachtet der Zahl der Arbeitstage vergüten. Zumindest müsse aber wegen der starken Schwankungen der in den einzelnen Monaten fällig werdenden Provisionen und Prämien auf einen längeren Referenzzeitraum zurückgegriffen werden.

Schließlich hat die Beklagte geltend gemacht, die vom Kläger verlangten Beträge seien Bruttobeträge und müßten im Falle der Verurteilung auch so bezeichnet werden.

Das Arbeitsgericht hat der Klage im wesentlichen stattgegeben und nur einen Teil der Zinsforderung für 1982 und 1983 abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat unter Berücksichtigung der Klageerweiterung dem Begehren ebenfalls im wesentlichen und weiter mit der Klarstellung stattgegeben, daß der sich aus den Einzelbeträgen ergebende Gesamtbetrag von 102.265,-- DM ein Bruttobetrag sei. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel der Klageabweisung nur noch in Höhe von 59.337,-- DM weiter: sie wehrt sich dagegen, daß das Landesarbeitsgericht auch die Quotenerfüllungsprämien und Kundenbetreuungsprovisionen in die Urlaubsentgeltberechnung einbezogen hat.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.

I. Die Beklagte wendet sich gegen das angefochtene Urteil nur noch insoweit, wie das Landesarbeitsgericht auch die Quotenerfüllungsprämien und die Kundenbetreuungsprovisionen in die Urlaubsentgeltberechnung einbezogen hat. Hinsichtlich der Quotenerfüllungsprämien hat der Sechste Senat in seinem Urteil vom 19. September 1985 - 6 AZR 460/83 - AP Nr. 21 zu § 13 BUrlG ausgeführt, daß diese bei der Berechnung des Urlaubsentgelts außer Betracht bleiben (vgl. zu I 2 c der Gründe). Daran ist festzuhalten.

Hinsichtlich der Kundenbetreuungsprovisionen spricht viel dafür, daß sie Tätigkeiten des Klägers im Zusammenhang mit dem Abschluß von Geschäften vergüten sollen. Wenn das der Fall ist, sind sie wie Provisionen in die Entgeltberechnung mit einzubeziehen. Insoweit bleibt es dem Landesarbeitsgericht jedoch vorbehalten, die näheren Umstände über die Gewährung der Kundenbetreuungsprovision mit den Parteien zu erörtern und danach die erforderlichen Wertungen vorzunehmen.

II. 1. Eine abschließende Entscheidung ist dem Senat nicht möglich, weil die vom Kläger vorgelegten Aufstellungen Provisionen und Prämien in einem Betrag aufführen und deshalb nicht zwischen den verschiedenen Vergütungsteilen unterschieden werden kann. Insoweit wird das Landesarbeitsgericht die erforderlichen Feststellungen nachzuholen haben.

2. Hinsichtlich der für die Berechnung des Urlaubsentgelts maßgebenden Zeiträume wird das Landesarbeitsgericht die in dem Parallelverfahren vom Sechsten Senat angestellten Erwägungen zu berücksichtigen haben, an denen der erkennende Senat festhält.

Dr. Thomas Dr. Gehring Dr. Olderog

Schleinkofer Krebs

 

Fundstellen

Dokument-Index HI439940

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