Leitsatz

1. Bei der Ermittlung der als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähigen Unterhaltsleistungen sind nach Änderung des § 33a Abs. 1 EStG durch das ­BürgEntlG KV vom 16.7.2009 (BGBl I 2009, 1959) die anrechenbaren Einkünfte der unterhaltenen Person nicht (mehr) um die Arbeitnehmerbeiträge zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie um die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung für Leistungen, die über das sozialhilferechtliche Niveau der Krankenversorgung hinausgehen, zu mindern.

2. Verfassungsrechtliche Bedenken hiergegen bestehen nicht.

 

Normenkette

§ 33a, § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 4 EStG i.d.F. des BürgEntlG KV, Art. 3 Abs. 1 GG

 

Sachverhalt

K unterhielt seinen Sohn X. X war in Ausbildung und erhielt eine Vergütung von 7.944 EUR brutto. K machte den Unterhalt für X nach § 33a EStG i.H.v. 3.231 EUR geltend. K ermittelte die Einkünfte und Bezüge des X, zog dabei aber die Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge sowie den Arbeitnehmerpauschbetrag ab. Das FA setzte dagegen die Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung nicht als Abzüge an. Die Klage blieb erfolglos (FG Baden-Württemberg vom 22.1.2013, 8 K 1103/12, Haufe-Index 5647275, EFG 2014, 50).

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte die Vorinstanz, wie unter den Praxis-Hinweisen erläutert.

 

Hinweis

§ 33a EStG wurde mit dem Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung (BürgEntlG KV) geändert, der Verweis auf § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG a.F. gestrichen. Auf dem Verweis gründete allerdings der Beschluss des BVerfG (vom 11.1.2005,  2 BvR 167/02, BVerfGE 112, 164, BFH/NV 2005, 260), wonach verfassungskonform die Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung bei der Ermittlung der anrechenbaren Einkünfte im Rahmen des § 33a EStG a.F. abzuziehen waren, weil diese nicht "zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet" waren. An den nun entfallenen Verweis knüpft das ­Besprechungsurteil an und verneint, orientiert am ­neuen Wortlaut, die hier streitige Frage, ob auch der neugefasste § 33a EStG den Abzug der Pflichtbeiträge gebietet.

1. Unterhaltsaufwendungen können bis zu 8.004 EUR abgezogen werden (§ 33a Abs. 1 Satz 1 EStG). Hat der Unterhaltsempfänger aber selbst "andere" Einkünfte, mindert sich der Höchstbetrag, soweit sie 624 EUR übersteigen; der neue Wortlaut (§ 33a Abs. 1 Satz 5 EStG i.d.F. des BürgEntlG KV) lässt ab VZ 2010 die SV-Beiträge unberücksichtigt.

2. Der BFH hält auch keine davon abweichende (verfassungskonforme) Auslegung für geboten. Unterhaltsleistungen der Steuerpflichtigen sind in Höhe des Grundfreibetrags – ggfs. erhöht um die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung des Unterhaltsempfängers – nach § 33a EStG abziehbar. Hinsichtlich der Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung ist dies aber nicht geboten. Denn verfassungsrechtlich zählen Vorsorgeaufwendungen nur insoweit zum steuerlichen Existenzminimum, wie sie dem sozialhilferechtlichen Leistungsniveau entsprechen (dazu BVerfG, Beschluss vom 13.2.2008, 2 BvL 1/06, BVerfGE 120, 125, BFH/NV 2008, 228). Das ist bei Beiträgen zur Renten- und Arbeitslosenversicherung nicht der Fall; sie sind kein integraler Bestandteil des Leistungskatalogs der Sozialhilfe.

3. Der Beschluss des BVerfG zur Familienbesteuerung (BVerfGE 112, 164) steht dieser neuen Auslegung des § 33a EStG auch nicht entgegen. Denn das Kindergeldrecht bezweckt den Schutz des Familienexistenzminimums einschließlich einer "Familienförderkomponente". Dagegen ist § 33a Abs. 1 EStG i.d.F. des BürgEntlG KV vorrangig auf die steuerliche ­Berücksichtigung von "zwangsläufigem" Unterhaltsaufwand beim Steuerpflichtigen ausgerichtet, indem dort die "zwangsläufigen" Unterhaltsaufwendungen beim Steuerpflichtigen zu berücksichtigen sind, die letztlich aber nur bis zur Höhe des sozialhilferechtlichen Existenzminimums verfassungsfest sind. Das darüber hinausgehende Sozialversicherungsniveau der unterhaltsberechtigten Person ist davon nicht erfasst (BVerfGE 120, 125).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 18.6.2015 – VI R 45/13

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