Tenor

1. Der Eigenantrag des Schuldners sowie seine Anträge auf Restschuldbefreiung und Stundung der Verfahrenskosten werden zurückgewiesen.

2. Der Antrag der … wird mangels Masse abgewiesen.

3. Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragsteller je zur Hälfte.

 

Gründe

Nachdem der Insolvenzverwalter in einem früheren auf Fremdantrag hin eröffneten Insolvenzverfahren (23 IN 99/08) über das Vermögen des selbständig tätigen Schuldners dessen Tätigkeit mit Wirkung ab Eröffnung zur Schonung der Masse mit weiteren Verbindlichkeiten gemäß § 35 Abs. 2 InsO freigegeben hat, beantragen ein Neugläubiger sowie der Schuldner selbst die Einleitung eines weiteren Insolvenzverfahrens betreffend den Neuerwerb. Der Schuldner hatte im Verfahren 23 IN 99/08 trotz ausdrücklicher Belehrung gem. § 20 II InsO keine Restschuldbefreiung beantragt. Diese beantragt er jetzt hinsichtlich der Verpflichtungen aus der freigegebenen Tätigkeit, die nach Feststellungen des Gutachters zu keinerlei Vermögen geführt hat. Eine Abrechnung oder Darlegung gemäß § 295 Abs. 2 InsO ist auch im Ursprungsverfahren nicht erfolgt.

1. Der Eigenantrag des Schuldners, dessen Restschuldbefreiungsantrag und Stundungsantrag werden zurückgewiesen.

a) Der Eigenantrag erweist sich als unzulässig, weil ein billigenswertes Rechtsschutzinteresse des Schuldners insoweit nicht besteht.

Ausweislich eigener Darlegung und der Feststellungen des Gutachters ist keine insolvenzfreie Vermögensmasse vorhanden, die zur Befriedigung der Neugläubiger beitragen könnte. Deshalb ist der Schuldner auch nicht an deren gleichmäßiger Befriedigung interessiert.

b) Allein die offenbar nur im Hinblick auf die Neuschulden beantragte Restschuldbefreiung vermag ein schützenswertes Interesse nicht zu begründen. Nachdem der Schuldner im Ursprungsverfahren einen solchen Antrag trotz Belehrung nicht gestellt hat, käme ohnehin nur eine begrenzte Schuldbefreiung in Betracht, nämlich eine solche zu Lasten der Neugläubiger als Insolvenzgläubiger hinsichtlich der freigegebenen Tätigkeit, §§ 35 Abs. 2, 38, 301 Abs. 1 InsO.

(a) Ohne Freigabe der selbständigen Tätigkeit wären Neugläubiger des Schuldners, also solche, deren Forderungen nach Eröffnung des Verfahrens entstanden sind, von einer gewährten Restschuldbefreiung nicht betroffen, §§ 301 Abs. 1, 38 InsO.

Weitere Eigenanträge des Schuldners über insolvenzbefangenes Vermögen sind anerkanntermaßen unzulässig (BGH vom 03.07.2008).

Insolvenzbefangen ist auch das Vermögen, dass der Schuldner nach Verfahrenseröffnung während dessen Dauer erlangt, § 35 Abs. 1 InsO.

(b) Mit der Freigabe, die im Interesse der Masse, also der Insolvenzgläubiger, erfolgt, unterliegt der Schuldner deshalb den Verpflichtungen des § 295 Abs. 2 InsO; die Abtretung des § 287 Abs. 2 Satz 1 InsO ist gegenstandslos. Dem Schuldner wird damit auch die Chance eröffnet, als Selbständiger mehr zu verdienen als als Dienstverpflichteter.

(c) Würde mithin ein schützenswertes Interesse des Schuldners an einer begrenzten Restschuldbefreiung bejaht, käme dies einer nicht zu rechtfertigenden Privilegierung des nach § 35 Abs. 2 InsO befreiten Schuldners gleich. Obwohl der ohne Einhaltung der Obliegenheiten gem. § 295 Abs. 2 InsO im Ursprungsverfahren keine Schuldbefreiung erlangen könnte, wäre dies zwanglos, allerdings beschränkt auf Neuverbindlichkeiten, in einem Zweitverfahren möglich. Neugläubiger würden erkennbar benachteiligt und wären vernünftigerweise zu Rechtsgeschäften mit dem selbständig tätigen Schuldner nur eingeschränkt bereit. Der redliche Schuldner selbst hätte keinen Vorteil; ein freigebender Insolvenzverwalter wäre vielmehr nachdrücklich gehalten, die möglichen Konsequenzen seiner Freigabe im Hinblick auf die Masse und etwaigen Neuerwerb zu bedenken. Dieser wäre nämlich den „alten” Insolvenzgläubigern entzogen, ohne dass ein Äquivalent im Sinne von §§ 35 Abs. 2, 295 Abs. 2 InsO gegeben wäre.

Daraus folgt, dass jedenfalls in den Fällen, in denen im Ursprungsverfahren Restschuldbefreiung nicht beantragt worden ist, eine solche allein für nach § 35 Abs. 2 InsO freigegebene selbständige Tätigkeit nicht zulässig sein kann.

(d) Da der Eigenantrag und der Antrag auf Restschuldbefreiung mithin unzulässig sind, kommt eine Stundung der Verfahrenskosten für den Schuldner nicht in Betracht.

2. Der Fremdantrag ist zulässig, aber mangels Masse abzuweisen.

Angesichts dessen, dass Neugläubiger auf ein freigegebenes und deshalb insolvenzfreies Vermögen des Schuldners Zugriff haben, ist kein Grund ersichtlich, dieses einem geordneten Vollstreckungszugriff zu entziehen. Auch insoweit bedarf es einer Amtsermittlung für die Feststellung und Durchsetzung etwaiger Ansprüche und Vermögenswerte als zu verteilende Insolvenzmasse, wenn, wie hier, Forderung und Insolvenzgrund glaubhaft gemacht sind, §§ 11, 14 InsO.

Der Antrag ist jedoch mangels Masse abzuweisen, weil ausweislich der Feststellungen des Gutachters und der Darlegung des Schuldners eine die Verfahrenskosten deckende Masse nicht vorhanden ist. Die Antragstellerin h...

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