Stellt der Steuerpflichtige fest, dass ein Steuerbescheid fehlerhaft ist, wird er i. d. R. Einspruch[1] einlegen. Er kann aber die Änderung des Bescheids auch anstelle des Einspruchs durch einen Antrag auf "schlichte" Änderung des Bescheids gem. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO erreichen. Voraussetzung ist allerdings, dass er diesen Antrag vor Ablauf der 1-monatigen Einspruchsfrist stellt.

Die wesentlichen Unterschiede zwischen Einspruch und Antrag auf schlichte Änderung liegen in Folgendem:

  • Der Einspruch ist schriftlich abzufassen, der Antrag auf schlichte Änderung kann auch mündlich, insbesondere telefonisch, gestellt werden. Dies gilt auch für die Rücknahme.

    Die Möglichkeit der telefonischen "Anfechtung" eines Bescheids kann bisweilen sogar der "letzte Rettungsanker" sein, um "im Verfahren zu bleiben", vorausgesetzt, der Nachweis über ein geführtes Telefonat gelingt.

    In einem vom BFH entschiedenen Fall stellte sich nach einem verspätet eingelegten Einspruch heraus, dass der Steuerpflichtige noch während der Einspruchsfrist beim Finanzamt angerufen und eine Änderung zu seinen Gunsten begehrt hatte; das Telefonat reichte, um die Frist zu wahren.[2]

  • Beim Einspruch ist ein bestimmter Antrag nicht erforderlich. Bei einem Antrag auf "schlichte" Änderung muss der Steuerpflichtige vor Ablauf der Einspruchsfrist einen bestimmten Antrag auf Änderung gestellt haben. Es genügt nicht, dass ein allgemein auf Änderung des Bescheids lautender Antrag erst nach Ablauf der Einspruchsfrist konkretisiert wird.[3] Dies gilt insbesondere auch für den Fall, dass ein wegen fehlender Steuererklärung ergangener Schätzungsbescheid mit einem Antrag auf schlichte Änderung korrigiert werden soll. Solange die Steuererklärung nicht nachgereicht wird, muss auch in diesem Fall der Antrag das verfolgte Änderungsbegehren innerhalb der Einspruchsfrist seinem sachlichen Gehalt nach zumindest in groben Zügen zu erkennen geben. Angaben zur rein betragsmäßigen Auswirkung der Änderung auf die Steuerfestsetzung (z. B.: "die Steuer auf … EUR festzusetzen") sind für einen wirksamen Antrag weder erforderlich noch – für sich genommen – ausreichend.[4] Von der Konkretisierung zu unterscheiden ist die Frage der Begründung des Änderungsbegehrens. Die Begründung kann wie beim Einspruch nach Ablauf der Monatsfrist nachgereicht werden.[5]
  • Beim Einspruch wird der gesamte Bescheid überprüft, was auch zu einer Verböserung, d. h. Erhöhung der Steuer, nach § 367 Abs. 2 AO führen kann. Beim Antrag auf schlichte Änderung ist dies nicht möglich, allerdings sind "gegenläufige" Fehler nach § 177 Abs. 2 AO aufzurechnen.[6]
  • Beim Einspruch kann das Einspruchsbegehren auch später (nach Ablauf der Monatsfrist) noch erweitert werden, beim Antrag auf schlichte Änderung ist dies ausgeschlossen.
  • Beim Einspruch kann Aussetzung der Vollziehung gewährt werden, beim Antrag auf schlichte Änderung besteht kein Anspruch darauf, allenfalls kommt – im Umfang des Änderungsbegehrens – eine Stundung in Betracht.[7]
 
Praxis-Tipp

Vorgehensweise

S stellt fest, dass sein Einkommensteuerbescheid in einem Punkt falsch und dadurch die Einkommensteuer zu hoch festgesetzt ist. Er ruft sofort nach Erhalt des Steuerbescheids bei "seinem" Finanzamt an, das den Fehler eingesteht und die Korrektur des Bescheids zusichert. Hier liegt ein Antrag auf schlichte Änderung vor, der zum Erfolg führt. Sollte der entsprechende Änderungsbescheid allerdings bis kurz vor Ablauf der Monatsfrist noch nicht bei S eingegangen sein, empfiehlt sich aus Sicherheitsgründen, Einspruch einzulegen, der den Antrag auf schlichte Änderung dann verdrängt.

Räumt der Sachbearbeiter des Finanzamts einen Fehler von vornherein nicht ein, ist es zweckmäßig, gleich schriftlich Einspruch einzulegen und ggf. Antrag auf Aussetzung der Vollziehung zu stellen.

Ist zweifelhaft, ob der Steuerpflichtige einen Einspruch oder einen Antrag auf schlichte Änderung gestellt hat, nimmt die Finanzverwaltung einen Einspruch an. Dies umso mehr, wenn der Antrag mit einem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung verbunden ist. Bei dieser Auslegung wird zugunsten des Steuerpflichtigen unterstellt, dass der Einspruch dessen Rechte umfassender und wirkungsvoller wahrt als der schlichte Änderungsantrag.[8]

 
Praxis-Beispiel

Auslegung der Erklärungsabgabe

Geht in einem Schätzungsfall nach Erlass des (endgültigen) Steuerbescheids beim Finanzamt innerhalb der Einspruchsfrist die Steuererklärung ohne weitere Erklärung (kommentarlos) ein, ist dies im Zweifel als Einlegung eines Einspruchs gegen den Schätzungsbescheid – und nicht als Antrag auf schlichte Änderung des Schätzungsbescheids zu werten.[9] Gleichwohl sollte in solchen Fällen sicherheitshalber zugleich ausdrücklich Einspruch eingelegt werden.

Ein Einspruch und ein Antrag auf schlichte Änderung sind nebeneinander nicht zulässig. Ist der Einspruch zulässig erhoben, ist der außerdem gestellte ­Antrag auf schlichte Änderung mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Der Einspruch geht hier vor.[10]

Gegen die Ablehnung...

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