Leitsatz

Die 3-Tages-Frist gilt nicht, wenn die Aufgabe zur Post nicht mit dem Ausgangsvermerk des Finanzamts übereinstimmt.

 

Sachverhalt

Durch das Zwischenurteil war vorweg zu klären, ob die Klagefrist eingehalten worden war. Die Klägerin war eine im Baugewerbe tätige KG, bei der das Finanzamt eine steuerliche Außenprüfung durchführte. Gegen die aufgrund dieser Prüfung ergangenen geänderten Steuerbescheide legte die Klägerin Einspruch ein. Dieser wurde mit Einspruchsentscheidung vom 11.8.2011 als teils unzulässig, teils unbegründet zurückgewiesen. Die Entscheidung wurde mit der Post übersandt und dem steuerlichen Vertreter zugesandt. Ausweislich eines handschriftlichen Vermerks auf dem Einspruch erfolgte ein Zugang beim steuerlichen Vertreter am 16.8.2011. Mit Fax vom 16.9.2011 erhob die Klägerin Anfechtungsklage. Das Finanzamt trat mit der Begründung entgegen, die Klagefrist sei bereits abgelaufen gewesen. Demgegenüber stellte die Klägerin auf den tatsächlichen Zugang ab. Das Finanzamt könne nicht nachweisen, dass tatsächlich ein vorheriger Zugang erfolgt sei, weswegen die 3-Tages-Vermutung nicht gelte.

 

Entscheidung

Die Klage hatte Erfolg. Durch Zwischenurteil stellte das FG fest, dass die Klagefrist eingehalten worden sei. Entgegen den Rechtausführungen des Finanzamts gelte hier die 3-Tages-Vermutung nach § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO nicht. Wenn der Steuerpflichtige den Zugang innerhalb der Frist bestreite, habe er sein Vorbringen zu substantiieren. Hierfür reiche der abweichende Eingangsvermerk beim steuerlichen Vertreter nicht aus. Allerdings seien die Erkenntnisse aus dem Erörterungstermin zu berücksichtigen. Hiernach habe sich ergeben, dass in die Versendung der Post ein Dienstleister eingeschaltet worden sei, der die Sendung erst am Folgetag der Post AG übergeben habe. Dann beginne keine neue Frist von 3 Tagen zu laufen, sondern es gelte die Vermutung allgemein nicht mehr. Wenn dann der Steuerpflichtige behaupte und durch den Eingangsvermerk darlege, dass der Eingang erst am 16.8.2011 erfolgt sei, sei es an dem Finanzamt, den tatsächlichen früheren Zugang zu beweisen.

 

Hinweis

Gem. § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird bei einer Übermittlung im Inland am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als zugegangen. Zu dieser Zugangsfiktion, die für die Finanzverwaltung erhebliche Beweiserleichterungen mit sich bringt, ist eine Vielzahl von Rechtsprechung ergangen (s. ausführlich M. Frotscher, in Schwarz, AO, § 122 AO Tz. 115). Im Urteilsfall lag die Besonderheit darin, dass zwar der Steuerpflichtige nicht allein durch einen abweichenden Eingangsvermerk die Zugangsfiktion erschüttern konnte, jedoch die Finanzverwaltung sich bei der Versendung eines externen Dienstleisters bediente. Wann dieser seinerseits den Verwaltungsakt zur Post weitergegeben hat, konnte letztlich nicht ermittelt werden. Deshalb, so das Gericht, gelte die Zugangsfiktion nicht und es komme auf den vermutlichen tatsächlichen Zugang an. Diese Ansicht erscheint zutreffend, da für den Tag der Aufgabe zur Post die Behörde voll beweispflichtig ist (BFH, Urteil v. 9.12.2009, II R 52/07, BFH/NV 2010 S. 824). Für die Praxis zeigt dieses Urteil auf, dass es im Einzelfall von erheblicher Bedeutung sein kann, nachzuforschen, welchen Weg der Postversendung das jeweilige Finanzamt wählt, wenn es denn hierauf für die Einhaltung von Fristen ankommt.

 

Link zur Entscheidung

FG Baden-Württemberg, Zwischenurteil vom 27.02.2013, 2 K 3274/11

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