Leitsatz

1. Die unentgeltliche oder verbilligte Überlassung eines Dienstwagens durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer für dessen Privatnutzung führt unabhängig davon, ob und in welchem Umfang der Arbeitnehmer den betrieblichen Pkw tatsächlich privat nutzt, zu einem lohnsteuerlichen Vorteil (Abgrenzung vom BFH-Urteil vom 7.11.2006, VI R 19/05, BFHE 215, 256, BStBl II 2007, 116).

2. Ob der Arbeitnehmer den Beweis des ersten Anscheins, dass dienstliche Fahrzeuge, die zu privaten Zwecken zur Verfügung stehen, auch tatsächlich privat genutzt werden, durch die substanziierte Darlegung eines atypischen Sachverhalts zu entkräften vermag, ist damit für die Besteuerung des Nutzungsvorteils nach § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG unerheblich (Änderung der Rechtsprechung).

3. Die Übernahme der Beiträge für die Mitgliedschaft eines angestellten GmbH-Geschäftsführers in einem Golfclub führt zu Arbeitslohn, auch wenn eine solche Mitgliedschaft dem Beruf förderlich ist.

 

Normenkette

§§ 19 Abs. 1, 8 Abs. 1 und Abs. 2 Sätze 2 bis 4, 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2, 42d, 41a Abs. 1, 38 Abs. 1 und Abs. 3 EStG

 

Sachverhalt

Allein-Geschäftsführer – kein Gesellschafter – der K-GmbH war Steuerberater/Rechtsanwalt A. K übernahm As Aufnahmegebühr für den Golfclub (3.250 DM), eine sog. Investitionsumlage (1.500 DM) sowie den Jahresbeitrag (1.700 DM), ohne daraus lohnsteuerrechtliche Folgen zu ziehen. A hatte nacheinander zwei Pkw zur Verfügung, die er nach seinem Anstellungsvertrag auch für Privatfahrten nutzen durfte (Bruttolistenpreise 75.500 DM; 121.300 DM). K versteuerte die private Pkw-Nutzung zunächst mit monatlich 130 DM (250 km x 0,52 DM/km), danach mit 145 DM (250 km x 0,58 DM/km). Das FA nahm K in LSt-Haftung, weil die Zahlungen an den Golfclub für A Arbeitslohn seien und die Pkw-Nutzung nach der 1 %-Regelung zu bewerten sei. Die dagegen gerichtete Klage blieb erfolglos (Niedersächsisches FG, Urteil vom 25.6.2009, 11 K 72/08, Haufe-Index 2347409, EFG 2010, 1185).

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte die Vorinstanz mit einem im Urteil fortentwickelten Rechtsmaßstab aus den unter den Praxis-Hinweisen erläuterten Gründen.

 

Hinweis

Das hier besprochene Urteil sowie die drei nachstehenden (VI R 42/12, BFH/NV 2013, 1305; VI R 46/11, BFH/NV 2013, 1302; VI R 23/12, BFH/NV 2013, 1316) hatten unter verschiedenen Perspektiven jeweils die 1 %-Regelung zum Gegenstand. Hier geht es insbesondere um eine Grundfrage, nämlich um den lohnsteuerrechtlichen Gegenstand der 1 %-Regelung und um den weitgehenden Abschied vom Anscheinsbeweis.

1. Nachdem vor dem FG eingewandt wurde, A habe tatsächlich die überlassenen Fahrzeuge nie privat genutzt, gelangte der Lohnsteuersenat zu der in seiner bisherigen Rechtsprechung noch nicht hinreichend geklärten Frage, ob allein schon die Überlassung eines Dienstwagens zur auch privaten Nutzung einen lohnsteuerlichen Vorteil begründet oder ob ein Vorteil erst vorliegt, wenn der erste Meter damit privat gefahren wurde.

Die Frage nach dem Vorteil beantwortet der erste Leitsatz. Grundlagen dafür hatte schon das jüngste Urteil zum Bruttolistenneupreis gelegt (vgl. dazu BFH, Urteil vom 13.12.2012, VI R 51/11, BFH/NV 2013, 641, BFH/PR 2013, 142). Entscheidend ist, dass der Vorteil der Pkw-Überlassung sich eben nicht auf das Fahren selbst beschränkt, sondern das Zurverfügungstellen des Fahrzeugs selbst mit Übernahme sämtlicher damit verbundener Kosten wie Steuern, Versicherungsprämien, Reparatur-, Wartungs- und Treibstoffkosten insgesamt erfasst. Im Ergebnis übernimmt der Arbeitgeber damit nutzungsabhängige wie -unabhängige Kosten. Angesichts dessen fließt der geldwerte Vorteil mit der Inbesitznahme des Dienstwagens und nicht (erst) mit dessen tatsächlicher privater Nutzung zu. Aber auch hier gilt (natürlich) das Zuflussprinzip. Deshalb kann allein etwa die arbeitsvertragliche Zusage, den dienstlichen Pkw auch privat nutzen zu dürfen, den Zufluss des Vorteils noch nicht begründen. Entscheidend ist, entsprechend den allgemeinen Grundsätzen, dass der Empfänger die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die in Geld oder Geldeswert bestehenden Güter erlangt hat. Besteht der Vorteil in vom Arbeitgeber zugewandten Nutzungsüberlassungen, ist der mit der tatsächlichen Überlassung zugeflossen, ohne dass es noch eine tatsächliche konkrete (Be-)Nutzung bedarf.

Wenn die 1 %-Regelung in § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG für die "private Nutzung"§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG entsprechend anwendbar erklärt, ist damit keine tatbestandliche Voraussetzung einer tatsächlichen Nutzung normiert. Die Regelung erschöpft sich vielmehr darin, einen dem Grunde nach feststehenden lohnsteuerlichen Vorteil nach einem bestimmten Maß – 1 % des Bruttolistenpreises – zu bewerten. Nur bei der 0,03 %-Zuschlagsregelung (§ 8 Abs. 2 Satz 3 EStG), die in Wechselwirkung zum konkret nutzungsorientierten Werbungskostenabzug hinsichtlich der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte steht (dazu: BFH, Urteil vom 22.9.2010, VI R 57/09, BFH/NV 2011, 349, BFH/PR 2011, 79), kommt es auf die tatsächliche Nutzung an....

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