Rz. 14

Nach § 79 Abs. 1 Nr. 1 AO ist eine natürliche Person verfahrenshandlungsfähig, die nach bürgerlichem Recht (un-) beschränkt geschäftsfähig ist. Nach den zivilrechtlichen Vorgaben ist eine natürliche Person unbeschränkt geschäftsfähig, wenn diese zum einen volljährig i. S. v. § 2 BGB ist und zum anderen weder geschäftsunfähig oder lediglich beschränkt geschäftsfähig ist.

 

Rz. 15

Volljährigkeit tritt nach § 2 BGB mit Vollendung des 18. Lebensjahres ein. Sie besteht während der Lebensdauer eines Menschen stets, sofern nicht eine Beschränkung oder ein Fall der Handlungsunfähigkeit vorliegt.

 

Rz. 16

Geschäftsunfähig nach § 104 BGB und damit handlungsunfähig gem. § 79 Abs. 1 Nr. 1 AO sind

  1. Personen , die das 7. Lebensjahr nicht vollendet haben,
  2. Personen, die sich in einem nicht nur vorübergehenden, die freie Willensbildung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befinden. Eine vorübergehende Störung der Geistestätigkeit beeinflusst die Geschäftsfähigkeit nicht, wohl aber sind in diesem Zustand abgegebene Willenserklärungen gem. § 105 Abs. 2 BGB nichtig.[1] Die krankhafte Störung der Geistestätigkeit muss zu einem Ausschluss der freien Willensbestimmung führen. Ein Ausschluss liegt vor, wenn jemand nicht imstande ist, seinen Willen frei und unbeeinflusst von der gegebenen Geistesstörung zu bilden und nach den unter Abwägung des Für und Wider zutreffend gewonnenen Einsichten zu handeln.[2]
  3. Willensschwäche oder leichte Beeinflussbarkeit führen nicht ohne weiteres zum Ausschluss der freien Willensbestimmung.[3]
 
Hinweis

Die Finanzverwaltung hat bei begründeten Anhaltspunkten für eine krankhafte Störung des Geisteszustandes entsprechende Prüfungen und Feststellungen zu treffen bzw. einzuholen, wie etwa durch die Einholung eines ärztlichen Gutachtens. Tritt die Geschäftsunfähigkeit zwischen Bekanntgabe eines Steuerverwaltungsaktes und Ablauf einer Rechtsbehelfsfrist ein, rechtfertigt dies die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

[2] Müller, in Erman, BGB, § 104 BGB Rz. 7.
[3] BGH v. 5.6.1972, II ZR 119/70, WM 1972, 972; Müller, in Erman, BGB, § 104 BGB Rz. 7.

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