Rz. 34

Eine Ermessensüberschreitung ist gegeben, wenn die Finanzbehörde die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten hat, indem ihr entweder nach dem vorliegenden Sachverhalt eine Ermessensermächtigung nicht zur Verfügung steht (Fehlen der tatbestandlichen Voraussetzungen der Ermächtigungsnorm) oder die gewählte Rechtsfolge von der Ermächtigungsvorschrift nicht gedeckt ist. Die Ermessensüberschreitung liegt also entweder im Fehlen der tatbestandlichen Voraussetzungen oder in einer falschen oder zu weitgehenden Rechtsfolge.

 

Rz. 35

Das Fehlen der tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anwendung der Ermächtigungsnorm kann darauf zurückzuführen sein, dass die Finanzbehörde einen falschen, unzutreffend oder unzureichend ermittelten Sachverhalt zugrunde gelegt hat (dazu bereits Rz. 27). Ihr kann auch bei einem vollständigen und richtigen Sachverhalt ein Subsumtionsfehler unterlaufen sein.[1]

 

Rz. 36

Beachtet die Finanzbehörde bei der gesetzten Rechtsfolge nicht die von der Ermächtigungsnorm gesetzten Grenzen, ergibt sich also eine von der Ermächtigung nicht gedeckte Rechtsfolge, ist ebenfalls eine Ermessensüberschreitung gegeben. Das ist z. B. der Fall, wenn entgegen § 146 Abs. 2c AO ein Zwangsgeld von mehr als 25.000 EUR angedroht wird.[2] Die Verwaltung ist im Übrigen bei der Ausübung des ihr für einen Billigkeitserlass eingeräumten Ermessens nicht befugt, aus sozial- und wirtschaftspolitischen Gründen oder zur Wiedergutmachung von Unrecht die gesetzlich geschuldete ESt ganz oder teilweise nicht zu erheben.[3]

[1] Ebenso Neumann, in Gosch, AO/FGO, § 5 AO Rz. 14.
[2] Wernsmann, in HHSp, AO/FGO, § 5 AO Rz. 154.

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