Rz. 8

Im Bereich der Ordnungswidrigkeiten gilt statt des für das Strafverfahren geltenden Legalitätsprinzips des § 152 Abs. 2 StPO das in § 47 Abs. 1 OWiG niedergelegte Opportunitätsprinzip. Die Verwaltungsbehörde unterliegt nicht dem Zwang, ein Bußgeldverfahren einleiten und durchführen zu müssen, wenn der Verdacht einer Ordnungswidrigkeit besteht; dies steht vielmehr in ihrem pflichtgemäßen Ermessen. Sie hat darüber hinaus gem. § 47 Abs. 1 S. 2 OWiG auch die Möglichkeit, bereits eingeleitete Verfahren jederzeit wieder einzustellen. Die Einstellung darf jedoch – anders als bei § 153a StPO – nicht von einer Geldzahlung abhängig gemacht oder damit in Zusammenhang gebracht werden, § 47 Abs. 3 OWiG. Die jeweilige Entscheidung der Verwaltungsbehörde muss durch sachliche Erwägungen motiviert und darf nicht willkürlich sein, sie muss den Verhältnismäßigkeits- und den Gleichheitsgrundsatz ebenso beachten wie das öffentliche Interesse an der Verfolgung der Tat. Insoweit zulässige Gesichtspunkte können z. B. die Höhe des Verkürzungsbetrags, die Häufigkeit derartiger Verstöße, Personalknappheit oder ein unverhältnismäßiger Ermittlungsaufwand sein.

 

Rz. 9

Eine praxisrelevante Ausprägung hat das Opportunitätsprinzip für die Verfolgung von Steuerordnungswidrigkeiten in Nr. 104 Abs. 3 AStBV (St) 2017 gefunden. Danach kann von der Verfolgung einer Steuerordnungswidrigkeit regelmäßig abgesehen werden, wenn der verkürzte oder gefährdete Betrag insgesamt unter 5.000 EUR liegt. Gleiches gilt, wenn der insgesamt gefährdete Betrag unter 10.000 EUR liegt und der Gefährdungszeitraum 3 Monate nicht überschreitet. Nur bei besonders vorwerfbarem Verhalten des Täters soll die Bußgeld- und Strafsachenstelle von dieser – indes nicht umfassend bindenden – Regelung abweichen.

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