Rz. 82

§ 24 StGB sieht Straffreiheit bei einem freiwilligen Rücktritt vom Versuch vor. Diese Vorschrift ist auch auf versuchte Steuerstraftaten anwendbar und wird durch die Selbstanzeigeregelung des § 371 AO nicht ausgeschlossen.[1] Voraussetzung eines jeden Rücktritts i. S. d. § 24 StGB ist, dass die jeweilige Verhinderungshandlung auf Freiwilligkeit beruht. Dies bedeutet, dass es sich um einen autonomen Entschluss handeln muss, der primär aus Tätersicht zu beurteilen ist.[2] Freiwilligkeit ist danach nur dann gegeben, wenn sich der Täter ohne wesentliche Erschwerung der äußeren Ausführungssituation aufgrund von inneren Beweggründen wie z. B. Scham, Reue, Angst vor Entdeckung oder Strafe zum Rücktritt entscheidet.

§ 24 StGB unterscheidet darüber hinaus für die Voraussetzungen eines strafbefreienden Rücktritts vom Versuch nur danach, ob der Versuch unbeendet oder beendet ist.

 

Rz. 83

Nicht beendet ist ein Versuch, der zwar begonnen wurde, bei dem der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat jedoch zur Vollendung der Straftat noch weitere Handlungen vornehmen muss. Da der Versuchsbeginn einer Steuerhinterziehung aber überhaupt erst gegeben ist, wenn gegenüber den Finanzbehörden unzutreffende oder entgegen der bestehenden Verpflichtung keine Angaben gemacht wurden, gibt es insoweit allenfalls einen Anwendungsbereich für § 24 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 StGB, wenn der Täter zwar bereits unrichtige Angaben gemacht hat, aus seiner Sicht aber noch weitere Angaben oder die Vorlage von Nachweisen (z. B. Spendenbescheinigungen) notwendig sind, um den Verkürzungserfolg herbeizuführen. In diesem Fall erlangt er Straffreiheit, wenn er freiwillig die weitere Tatausführung aufgibt, indem er von weiteren Handlungen Abstand nimmt und die Steuer daraufhin zutreffend festgesetzt wird.[3]

 

Rz. 84

Beendet ist ein Versuch hingegen, wenn der Täter alle nach seiner Vorstellung für die Tatvollendung erforderlichen Handlungen vorgenommen hat, sodass die Tat sich ohne sein weiteres Zutun vollendet, z. B. im Fall der Abgabe einer falschen Steuererklärung.[4] In diesem bei der Steuerhinterziehung häufigsten Fall muss der Täter nach § 24 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 StGB freiwillig die Vollendung verhindern. Im Falle der Verletzung von Steuererklärungspflichten durch die Abgabe einer unrichtigen Steuererklärung führt somit das bloße Nicht-weiter-Handeln nicht zur Straffreiheit gem. § 24 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 StGB, sodass es einer aktiven Handlung wie z. B. der Verhinderung des Zugangs der abgeschickten unzutreffenden Erklärung, des Zurückziehens der unzutreffenden Erklärung (z. B. durch die Information an die Finanzbehörde, dass die Erklärung falsch sei) oder der Berichtigung / Ergänzung der unzutreffenden Erklärung bedarf. Handelt es sich hingegen um eine Tatbegehung durch pflichtwidriges Unterlassen, so kann die Tatvollendung nur durch die Erfüllung der dem Täter obliegenden steuerlichen Pflichten und somit durch die Nachholung der zutreffenden Erklärung erfolgen.

 

Rz. 85

Ein versuchter Rücktritt bzw. ein Rücktritt vom vermeintlich vollendeten Versuch i. S. d. § 24 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 StGB kommt in Betracht, wenn der Versuch ohne Wissen des Täters untauglich oder fehlgeschlagen war oder der Erfolg ohne sein Zutun und Wissen durch Dritte verhindert wird. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn die Finanzbehörde selbständig die Unrichtigkeit der Angaben erkennt oder die Besteuerungsgrundlagen trotz Fehlens der Steuererklärung zutreffend schätzt. In diesem Fall kann der Täter nach § 24 Abs. 1 S. 2 StGB Straffreiheit allein dadurch erlangen, dass er sich freiwillig und ernsthaft um die Verhinderung der Vollendung bemüht und die ihm insoweit bekannten Möglichkeiten ausschöpft, um die ihm (noch) möglich scheinende Tatbestandsvollendung zu verhindern. Zwingende Voraussetzung ist insoweit folglich, dass der Täter vom endgültigen Nichteintritt des Erfolgs keine Kenntnis hat.

 

Rz. 86

Bei Beteiligung mehrerer bleibt der Einzelne straffrei, wenn er freiwillig die Vollendung verhindert oder sich wenigstens freiwillig und ernsthaft bemüht, die Vollendung der Tat zu verhindern. Im letzten Fall muss jedoch hinzukommen, dass die Tat ohne sein Zutun nicht vollendet oder unabhängig von seinem früheren Tatbeitrag begangen wird.[5]

 

Rz. 87

Auch der Rücktritt vom Versuch der Beteiligung führt nach § 31 StGB zur Straffreiheit, allerdings nur, wenn der geleistete Tatbeitrag bei einer späteren Vollendung der Tat nicht fortwirkt.

 

Rz. 88

Ist der tatbestandliche Erfolg bereits eingetreten, so bleibt für einen strafbefreienden Rücktritt vom Versuch nach § 24 StGB jedoch kein Raum. Etwas anderes gilt lediglich, wenn der konkrete Erfolg dem Täter nicht objektiv zuzurechnen ist, denn dann hat nicht er die Tat vollendet.

Auch im Fall eines (subjektiv) fehlgeschlagenen Versuchs ist § 24 StGB nicht anwendbar, da der Täter in diesem Fall die Vollendung seiner Tat nicht mehr für möglich hält. Folglich basiert das Ausbleiben des Erfolgs auf einem nicht zu honorierenden Zufall. Ein solch fehlgeschlagener Versuch...

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