Rz. 48

Im Hinblick auf die Regelung des § 365 Abs. 3 AO bedarf es nach Teilabhilfe und Ersetzung grundsätzlich einer abschließenden förmlichen Einspruchsentscheidung. Diese entfällt nur dann, wenn nunmehr der Einspruchsführer die Rücknahme des Einspruchs erklärt. Teilweise wird vom BFH und in der Literatur vertreten, das Einspruchsverfahren könne im Falle der Teilabhilfe durch eine – formlose – Erledigungserklärung abgeschlossen werden.[1]

Eine solche formlose Erledigungserklärung ist im Gesetz nicht vorgesehen und daher – anders als im finanzgerichtlichen Klageverfahren – m. E. nicht möglich. § 362 Abs. 1 AO sieht vielmehr vor, dass der Stpfl. das Einspruchsverfahren nur durch die schriftliche Rücknahme seines Einspruchs beenden kann.[2]

 

Rz. 49

Eine einseitige Erledigungserklärung der Finanzbehörde ist im Einspruchsverfahren nicht vorgesehen. In der Verwaltungspraxis findet sich eine solche Erledigungserklärung der Finanzbehörde aber häufig dann, wenn der Beteiligte einen inhaltlich spezifizierten Korrekturantrag gestellt hat und die Finanzbehörde diesem durch einen Änderungsbescheid inhaltlich entspricht. Eine solche finanzbehördliche Erledigungserklärung hat keine verfahrensrechtliche Wirkung und führt keinen Abschluss herbei.[3]  Die Finanzbehörde muss vielmehr in diesem Fall förmlich entscheiden, wenn sie das Einspruchsverfahren abschließen will. Eine Teilabhilfe bzw. die Ersetzung ermöglicht es der Finanzbehörde nur, den Inhalt der Einspruchsentscheidung auf die verbleibenden rechtlichen Streitpunkte des Verfahrensgegenstands zu beschränken.[4]

 

Rz. 50

Nach einer solchen Erledigungserklärung der Finanzbehörde im Zusammenhang mit einer Teilabhilfe oder Ersetzung ist der Beteiligte, sofern er den Einspruch nicht zurücknimmt, jederzeit berechtigt, das noch anhängige Einspruchsverfahren mit anderer Begründung oder weiteren Beanstandungen fortzuführen.[5]  Der Beteiligte ist nicht verpflichtet, der finanzbehördlichen Erledigungserklärung zu widersprechen. Das bloße Schweigen oder die einfache Untätigkeit stellt keine Erledigungserklärung dar. Ein Verlust der Einspruchsbefugnis durch Verwirkung infolge der Untätigkeit des Einspruchsführers ist nur unter gleichen Gesichtspunkten zulässig wie die Verwirkung der finanzbehördlichen Entscheidungsbefugnis.

[1] BFH v. 5.10.2011, VI R 14/11, BFH/NV 2012, 39; Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 367 AO, Rn. 39; Bartone in Gosch, AO/FGO, § 367 AO, Rz. 46; wohl auch BFH v. 4.11.1981, II R 119/79, BFHE 134, 510, BStBl II 1982, 270; Birkenfeld, in HHSp, AO/FGO, § 367 AO Rz. 396; Koenig/Cöster, AO, 3. Aufl. 2014, § 367 Rz. 47.
[4] Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 367 AO Rz. 43.

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