Rz. 10

Die für die Entscheidung über den Einspruch zuständige Finanzbehörde hat aufgrund des Einspruchs die Pflicht zur Entscheidung in angemessener Zeit.

Erste Voraussetzung der finanzbehördlichen Entscheidungsbefugnis in der Sache nach § 367 Abs. 2 S. 1 AO ist allerdings die

 

Rz. 10a

  • Anhängigkeit des Einspruchsverfahrens . Dies erfordert

    • zunächst, dass nach § 357 AO ein Einspruch eingelegt worden ist. Die Finanzbehörde kann nicht von Amts wegen ein Einspruchsverfahren beginnen. Die Bezeichnung eines Verwaltungsakts durch die Finanzbehörde als Einspruchsentscheidung ist ohne rechtliche Bedeutung, wenn kein Einspruch eingelegt worden ist.[1]  Die ohne Anhängigkeit eines Einspruchsverfahrens erlassene Einspruchsentscheidung ist jedoch nicht nichtig , sondern nur mit der finanzgerichtlichen Klage isoliert anfechtbar.[2]  Die finanzbehördliche Sachentscheidungsbefugnis besteht nur gegenüber dem Einspruchsführer , sodass eine Einspruchsentscheidung gegenüber an dem Einspruchsverfahren unbeteiligten Dritten stets isoliert aufzuheben ist.[3]
    • ferner, dass keine Rücknahme des Einspruchs durch den Einspruchsführer nach § 362 AO erfolgt ist.[4]  Diese beenden das Einspruchsverfahren und entziehen der Finanzbehörde mit dem Eingang der Erklärung die Entscheidungsbefugnis.
 

Rz. 10b

  • Zulässigkeit des Einspruchsverfahrens. Die finanzbehördliche Prüfungspflicht besteht primär hinsichtlich der Zulässigkeit des Einspruchsverfahrens. Diese ist in jedem Stadium des Einspruchsverfahrens von Amts wegen zu beachten. Fehlt die Zulässigkeit, so ist der Einspruch nach § 358 S. 2 AO zwingend durch Einspruchsentscheidung als unzulässig zu verwerfen. Die Finanzbehörde ist an die durch die Unzulässigkeit des Einspruchs eingetretene Bestandskraft des angefochtenen Verwaltungsakts gebunden und darf im Einspruchsverfahren keine Sachentscheidung treffen. Die Bestandskraft des Verwaltungsakts steht nicht in der Disposition der Finanzbehörde. Nur der zulässige und form- und fristgerecht eingelegte Einspruch hindert den Eintritt der Bestandskraft des angefochtenen Verwaltungsakts.[5] Nach dem Eintritt der Bestandskraft ist die Änderung des Verwaltungsaktes nur noch nach Maßgabe der §§ 130f. und §§ 172ff. AO möglich.
 

Rz. 11

Auf den Inhalt der finanzbehördlichen Entscheidungsbefugnis bleibt die Anhängigkeit eines finanzgerichtlichen Klageverfahrens ohne Auswirkung.

Hat der Einspruchsführer vor oder nach der Einlegung des Einspruchs auch Sprungklage nach § 45 FGO erhoben , so ist für die Dauer der Anhängigkeit des Einspruchsverfahrens die Sprungklage unzulässig.[6] Das Einspruchsverfahren hat Priorität. Durch die Klageerhebung kann der Einspruchsführer der Finanzbehörde die Entscheidungsbefugnis und insbesondere die Möglichkeit zur Verböserung nicht entziehen.

Dies gilt auch bei Erhebung der Untätigkeitsklage nach § 46 Abs. 1 FGO, wenn die Behörde über einen eingelegten Einspruch nicht in angemessener Frist entschieden hat.[7]

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