1 Grundlagen

 

Rz. 1

Eine dem § 257 AO entsprechende Regelung gab es in der RAO nicht. Vielmehr war die Rechtslage nach der RAO so, dass auch bei der Geltendmachung des Erlöschens oder der Stundung des zu vollstreckenden Anspruchs zu leisten war und später lediglich ggf. eine Erstattung zu erfolgen hatte.[1] § 257 AO führt demgegenüber dazu, dass die Vollstreckungsbehörden verpflichtet sind, die Vollstreckung einzustellen oder zu beschränken, wenn Voraussetzungen der Vollstreckung nicht mehr gegeben bzw. in einem gewissen Umfang bereits durchgeführte Vollstreckungshandlungen wieder aufzuheben sind. Die Rechtsstellung des Vollstreckungsschuldners ist damit gegenüber der Rechtslage nach der RAO verbessert. Ausführungen zur Verwaltungsansicht zu § 257 AO finden sich in den Abschnitten 5 und 6 VollStrA[2] und Abschnitt 11 VollZA.[3]

[1] Jatzke, in HHSp, AO/FGO, § 257 AO Rz. 1.
[2] BGBl I 1980, 112, zuletzt geändert durch BMF-Schreiben v. 23.10.2017, BStBl I 2017, 1374.
[3] BGBl I 1980, 194, zuletzt geändert durch BMF-Schreiben v. 3.6.2015, BStBl I 2015, 497.

2 Rechtsschutz im Verwaltungsvollstreckungsverfahren

 

Rz. 2

§ 257 AO knüpft an § 249 AO an, der die allgemeine Bestimmung des Vollstreckungsrechts nach der AO darstellt. Die Norm konkretisiert dabei insbesondere den Grundsatz, dass Rechtsschutz im Verwaltungsvollstreckungsverfahren nur durch einen Rechtsbehelf gegen die einzelne Vollstreckungsmaßnahme in Betracht kommt. Für den Fall, dass Einwendungen erhoben werden, die sich gegen die Vollstreckbarkeit des Verwaltungsakts richten und nicht lediglich gegen die Art und Weise der Vollstreckung, enthält § 257 AO die Regelung, dass dann die Vollstreckung ganz oder teilweise einzustellen bzw. zu beschränken und Vollstreckungsmaßnahmen in einem gewissen Umfang aufzuheben sind.

 

Rz. 3

Zu beachten ist hierbei auch § 256 AO. Bei den erhobenen Einwendungen darf es sich nur um Einwendungen handeln, die sachlich nicht in das Festsetzungsverfahren gehören, sondern zum Erhebungsverfahren. § 256 AO bestimmt nämlich, dass Einwendungen, die sich gegen den zu vollstreckenden Verwaltungsakt richten, außerhalb des Vollstreckungsverfahrens gegen diesen Verwaltungsakt geltend zu machen sind.[1]

 

Rz. 4

Obwohl bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 257 Abs. 1 AO der Vollstreckungsschuldner einen Anspruch darauf hat, dass die Vollstreckung eingestellt oder beschränkt wird, gibt es grundsätzlich keine Möglichkeit, bei einem Streit über diese Voraussetzungen unmittelbar gegen die Vollstreckung als solche vorzugehen. Dies käme einer Vollstreckungsklage gem. § 767 ZPO gleich, die es in der AO nicht gibt. § 767 ZPO lässt sich auch nicht analog anwenden.[2] Eine Einschränkung gibt es nach der hier vertretenen Auffassung nur im Rahmen des § 257 Abs. 1 Nr. 3 AO.[3] Vielmehr muss im Regelfall der Vollstreckungsschuldner in der Weise vorgehen, dass er gegen die einzelne Vollstreckungsmaßnahme, die trotz des Vorliegens einer oder mehrerer der Alternativen des § 257 AO ergriffen wird, Einspruch einlegt.[4] Gleiches gilt, wenn die Aufhebung einer bereits vollzogenen Vollstreckungsmaßnahme nach § 257 Abs. 2 AO verlangt und die Finanzbehörde nicht tätig wird. Gegen die ablehnende Verfügung ist Einspruch einzulegen und dann erforderlichenfalls Klage beim FG zu erheben.[5]

3 Einstellung oder Beschränkung der Vollstreckung

 

Rz. 5

§ 257 Abs. 1 führt insgesamt vier Alternativen auf, bei deren Vorliegen die Vollstreckung einzustellen oder zu beschränken ist. Dies sind im Einzelnen:

  • Wegfall der Vollstreckungsvoraussetzungen[1];
  • Aufhebung des zu vollstreckenden Verwaltungsakts[2];
  • Erlöschen des mit dem Verwaltungsakt geltend gemachten Leistungsanspruchs[3];
  • Stundung der Leistung, die mit dem Verwaltungsakt gefordert wird.[4]
 

Rz. 5a

Dabei ist die Finanzbehörde in den 4 gesetzlich genannten Fällen stets verpflichtet, die Vollstreckung einzustellen oder zu beschränken. Ein Ermessen besteht hinsichtlich der Einstellung oder Beschränkung nicht.[5]

[5] Jatzke, in HHSp, AO/FGO, § 257 AO Rz. 7.

3.1 Wegfall der Vollstreckbarkeitsvoraussetzungen (Abs. 1 Nr. 1)

 

Rz. 6

Nach § 257 Abs. 1 Nr. 1 AO ist die Vollstreckung einzustellen oder zu beschränken, wenn die Vollstreckbarkeitsvoraussetzungen des § 251 Abs. 1 AO weggefallen sind. Dies ist der Fall, wenn die Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts nicht mehr besteht, da nur ein vollziehbarer Verwaltungsakt die Grundlage für die Vollstreckung nach der AO bilden kann...

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