Rz. 37a

Die Verlängerung der Festsetzungsfrist setzt nicht voraus, dass der Stpfl. selbst die Steuerstraftat bzw. Steuerverkürzung begangen hat. Maßgebend ist nur, dass dieser Steueranspruch verkürzt worden ist und darin eine Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung liegt. Der Charakter als hinterzogene oder leichtfertig verkürzte Steuer haftet der Steuerschuld an, ist also objekt-, nicht personenbezogen.[1] Diese Folge ergibt sich aus der Formulierung des Tatbestands des § 370 Abs. 1 AO. Danach setzt der Tatbestand der Steuerhinterziehung voraus, dass "Steuern verkürzt" werden. Es kommt also nur auf die Verkürzung der Steuern an, nicht darauf, wer die Tat begangen hat. Auch die alternative Voraussetzung, dass nicht gerechtfertigte Steuervorteile "für sich oder einen anderen" erlangt werden, setzt nicht voraus, dass der Täter und der begünstigte dieselbe Person sind. Es muss aber eine Person die Steuerhinterziehung bzw. leichtfertige Steuerverkürzung begangen haben, d. h. es muss ein einer Person vorwerfbares Verhalten festgestellt werden. Die handelnde Person muss also den objektiven und subjektiven Tatbestand der Steuerhinterziehung oder der leichtfertigen Steuerverkürzung erfüllt haben.[2]

 

Rz. 37b

Der Stpfl. hat also nicht nur für sein eigenes Verhalten einzustehen. Die Festsetzungsfrist verlängert sich auch, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung durch eine Person begangen worden ist, derer er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient. Diese Person, deren Verhalten ihm zuzurechnen ist, muss gerade zur Erfüllung steuerlicher Pflichten vom Stpfl. eingesetzt sein, also etwa ein Geschäftsführer oder ein mit der Erledigung sonstiger steuerlicher Pflichten beauftragter Angestellter. Verantwortlich ist der Stpfl. auch für das Verhalten der Buchhalter und der für die Bilanzerstellung verantwortlichen Personen, da der Stpfl. durch diese Personen seine steuerlichen Buchführungspflichten, §§ 140ff. AO, erfüllt.[3] Für das schuldhafte Verhalten seines Steuerberaters und derjenigen Personen, die bei seinem steuerlichen Berater seine Steuerangelegenheiten bearbeiten, einzustehen hat der Stpfl. nur, wenn diese Personen den Straftatbestand der Steuerhinterziehung oder der leichtfertigen Steuerverkürzung begehen. Dazu müssen sie selbst gegenüber dem FA eine Tathandlung i. S. d. § 370 Abs. 1 AO bzw. des § 378 AO vorgenommen haben. I. d. R. ist das bei der Abgabe der Steuererklärung nicht der Fall. Die Steuererklärung wird nicht von dem Steuerberater bzw. seinen Angestellten abgegeben, sondern von dem Stpfl. Die Abgabe einer unrichtigen Steuererklärung ist also Tathandlung des Stpfl., nicht des Steuerberaters. Daher ist dem Stpfl. das schuldhafte Verhalten des Steuerberaters und seiner Angestellten nicht zuzurechnen, wenn der Steuerberater die Steuererklärung des Mandanten lediglich vorbereitet, dieser die Steuererklärung unterschreibt und beim FA einreicht. Der Tatbestand der §§ 378, 370 Abs. 1 Nr. 1 AO erfordert, dass der Täter der Finanzbehörde gegenüber unrichtige Angaben macht. Bereitet der Steuerberater die Steuererklärung nur vor, wird sie aber von dem Stpfl. unterzeichnet, fehlt es an eigenen Angaben des Steuerberaters gegenüber dem FA. Es handelt sich vielmehr um eigene Angaben des Stpfl.[4] In diesen Fällen kann die Steuerhinterziehung bzw. leichtfertige Steuerverkürzung nur von dem Stpfl. selbst begangen worden sein. Das ist der Fall, wenn der Stpfl. bei der Durchsicht der von dem Steuerberater vorbereiteten Steuererklärung nicht die nach seinen persönlichen Fähigkeiten und Verhältnissen zumutbare Sorgfalt anwendet. So handelt er leichtfertig, wenn er nicht erkennt, dass die für ihn angegebenen Einkünfte offensichtlich nicht stimmen können.[5] Andererseits braucht er die von dem Steuerberater vorbereitete Steuererklärung nicht in allen Einzelheiten nachzuprüfen, wenn er die erforderlichen Informationen dem Steuerberater zur Verfügung gestellt hat. Insbesondere handelt er nicht leichtfertig, wenn er einen Fehler nicht erkennt, der auch in den Steuererklärungen der vorhergehenden Jahre enthalten und von dem FA nicht beanstandet worden war.[6]

 

Rz. 37c

Ebenfalls nicht einzustehen hat der Stpfl. für leichtfertiges oder vorsätzliches Handeln des Notars, z. B. bei Nichterfüllung der Anzeigepflicht nach § 18 GrEStG. Das wäre nur der Fall, wenn der Notar eine Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung begehen würde, die dem Stpfl. zuzurechnen wäre. Der Notar ist aber weder Stpfl. noch nimmt er im Hinblick auf die Anzeigepflicht Angelegenheiten des Stpfl. wahr. Er ist nach § 33 Abs. 2 AO nicht Stpfl., sodass er nicht Täter einer Steuerhinterziehung oder leichtfertigen Steuerverkürzung sein kann. Das gilt auch für den Tatbestand der leichtfertigen Steuerverkürzung nach § 378 Abs. 1 S. 1 AO in der Form der Wahrnehmung der Angelegenheiten eines Stpfl., da der Notar mit der Erfüllung der Anzeigepflicht nicht in Wahrnehmung der Angelegenheiten des Stpfl. handelt....

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