Rz. 3

Die Anzeige- und Meldepflichten sind an geänderte Bedingungen angepasst worden:

Seit Jahrzehnten wurde von der Möglichkeit einer Personenstands- und Betriebsaufnahme gem. §§ 134-136 AO a. F. kaum mehr Gebrauch gemacht. Die Regelungen waren weitgehend aus der Reichsabgabenordnung in die AO 1977 übernommen worden. Demnach waren Gemeinden grundsätzlich befugt, für die Finanzbehörden auf weitere Anweisung der obersten Finanzbehörden der Länder Personenstands- und Betriebsaufnahmen durchzuführen[1], es waren in dem Zuge Mitwirkungspflichten von Betroffenen begründet worden.[2] § 136 AO a. F. regelte überdies, dass Meldebehörden den FÄ Änderungsmitteilungen zu übersenden hatten. Die Abschaffung der §§ 134 bis 136 AO ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass der Gesetzgeber im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung effektivere Maßnahmen zur Erfassung von steuerpflichtigen Personen als gegeben sieht. So bezeichnete der Gesetzgeber die Aufhebung der Normen als Rechtsbereinigung[3], dies etwa unter Verweis auf die Identifikationsnummer[4] und die Wirtschafts-Identifikationsnummer.[5]

 

Rz. 4

Insbesondere die in den letzten Jahren und Jahrzehnten gestiegene Internationalisierung, Globalisierung und Vernetzung bzw. Digitalisierung, hat zu einer veränderten Komplexität in unterschiedlichen Bereichen geführt. Diese schlägt sich auch zunehmend in den nach §§ 137ff. AO festgelegten Pflichten nieder. Die Erweiterung der Anzeige- und Meldepflichten hinsichtlich grenzüberschreitender Sachverhalte geht überdies auch stark auf eine politische Komponente zurück. Zunehmend sind in den letzten Jahren steuerliche Gestaltungen in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt, sodass sich die Regierungen unter dem Druck zum Handeln gezwungen sahen. So war u. a. die journalistische Veröffentlichung der sog. "Panama-Papers" ein Grund, den Katalog des § 138 Abs. 2 AO in Bezug auf eine Anzeigepflicht der Beteiligung an Drittstaaten-Gesellschaften sowie in Bezug auf eine Einflussnahme inländischer Personen auf solche Gestaltungen auszuweiten. Auch war dies Anlass, die Anzeigepflichten nach § 138b AO für bestimmte Finanzdienstleister und Finanzinstitute durch das Gesetz zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften einzuführen.[6] Parallel zu den Änderungen durch das StUmgBG hat der Bundestag den Entwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Umsetzung der 4. EU-Geldwäscherichtlinie[7] angenommen.[8] Hierdurch sind unter anderem die Transparenzpflichten für Unternehmer erhöht worden.

 

Rz. 5

Ausgehend von dem Druck auf die Regierungen vieler Länder zur Schaffung von mehr Steuergerechtigkeit und zur Verhinderung aggressiver Steuerplanung und -gestaltung kam es auch zur Umsetzung eines Maßnahmenkatalogs der OECD mit 15 Aktionspunkten.[9] Dieser Maßnahmenkatalog hat ebenfalls zur Erweiterung der steuerlichen Meldepflichten beigetragen. Einige der Empfehlungen wurden durch EU-Richtlinien für die europäischen Mitgliedstaaten verbindlich geregelt, woraufhin für die einzelnen EU-Staaten die Verpflichtung zur Umsetzung der entsprechenden Richtlinienvorgaben in nationales Recht bestand. So setzt das sog. "Country-by-Country-Reporting"[10] die Zielvorgabe von BEPS 13-Aktionspunkt um, welcher auf eine erweiterte Verrechnungspreisdokumentation und einen weiteren automatischen Länder-Informationsaustausch abzielt. Der Tatbestand wurde in Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/881 des Rates v. 25.5.2016[11] durch das Gesetz zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnverkürzungen und -verlagerungen eingeführt.[12] Die Regelungen zu Meldepflichten über grenzüberschreitende Gestaltungen[13] sind in Umsetzung von BEPS 12-Aktionspunkt und der EU-Richtlinie 2018/822 des Rates v. 25.5.2018[14] erfolgt.[15] BEPS 12-Aktionspunkt sieht vor, Anzeigepflichten zur Erhöhung der Transparenz zur Verhinderung aggressiver Steuerplanungen zu erhöhen. Zunächst war vom deutschen Gesetzgeber geplant, die Mitteilungspflicht auch auf nicht grenzüberschreitende, d. h. rein inländische Sachverhalte, zu beziehen. Dies wurde jedoch (bislang) nicht umgesetzt. Die Richtlinie verpflichtete die Mitgliedstaten der EU zur Umsetzung in nationales Recht bis zum 31.12.2019.

 

Rz. 6

Ob die ausgeweiteten Meldepflichten letztlich zu mehr Steuergerechtigkeit und weniger aggressiver Steuerplanung führen, bleibt abzuwarten. Maßnahmen zur Verhinderung von Steuerhinterziehung und -verkürzung sind erforderlich. Ob allerdings z. B. die Meldepflichten im Bereich grenzüberschreitender Gestaltungen wesentlich zu mehr Steuergleichheit und zur Eindämmung von Steuerhinterziehung und -verkürzung beitragen werden, wird teilweise bezweifelt. Werden Gestaltungen genutzt, die legal sind, aber als unmoralisch empfunden werden (wie etwa das Ausnutzen verschiedener Steuersysteme, Steuersätze oder von Doppelbesteuerungsabkommen), bestehen erhebliche Zweifel, ob weitreichende Meldepflichten hieran etwas ändern werden. Bestehende Systemunters...

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