Rz. 85

Die Grundlage der Verzinsung ist das Prinzip der (eingeschränkten) Sollverzinsung. Für die Zinsberechnung bleiben – anders als bei der Ist-Verzinsung – die tatsächlichen Zahlungsvorgänge unberücksichtigt (vgl. schon Rz. 9). § 233a Abs. 3 AO bezieht sich nur auf die erstmalige Festsetzung der Steuer. Dies kann die endgültige, vorläufige[1] oder unter dem Vorbehalt der Nachprüfung[2] erfolgende Steuerfestsetzung sein.

 

Rz. 86

Der Unterschiedsbetrag[3] ist die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende KSt und die Beginn des Zinslaufs festgesetzten Vorauszahlungen (Soll) und der zuletzt festgesetzten Steuer (Vorsoll).

Die Änderung der Zinsfestsetzung wegen geänderter Festsetzung bestimmt sich nach § 233a Abs. 5 AO (hierzu näher Rz. 108ff.). Zu § 233a Abs. 2a und Abs. 7 AO vgl. Rz. 65ff.

 

Rz. 87

Die festgesetzte Steuer ist der durch den Steuerbescheid konkretisierte Steueranspruch des Veranlagungszeitraums. Der Steuerbescheid muss wirksam sein.[4] Erfasst sind sowohl endgültige, vorläufige oder unter dem Vorbehalt der Nachprüfung konkretisierte Steuerbescheide einschl. der Jahres-Steueranmeldung nach § 168 AO.

 

Rz. 88

Anzurechnende Steuerabzugsbeträge sind die nach § 38 Abs. 2 Nr. 2 EStG erhobene ESt. Das betrifft die Lohnsteuer[5], die Kapitalertragsteuer[6], die Bauabzugssteuer[7] und ausnahmsweise der Steuerabzug der beschränkt Stpfl.[8] Abzugsbeträge mit Abgeltungswirkung[9] bleiben unberücksichtigt.

 

Rz. 89

Festgesetzte Vorauszahlungen sind bei der Ermittlung des Unterschiedsbetrags abzuziehen, soweit sie bis zum Beginn des Zinslaufs wirksam festgesetzt sind. Das sind die Vorauszahlungen auf die EStG[10], die KSt[11], die GewSt[12] und die frühere VSt.[13] Bei der USt kommt es auf die angemeldeten Beträge an.[14] Für die Grundlage der Verzinsung geht die Vorschrift grundsätzlich vom sog. Soll aus (Sollverzinsung); auf die tatsächliche Zahlung der festgesetzten oder angemeldeten Beträge kommt es also nicht an. Diese gilt grundsätzlich auch für die Fälle der Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung und ihre Berichtigung nach § 129 AO. Abgesehen von den Fällen des Abs. 2a (rückwirkendes Ereignis, Verlustrücktrag) ist es unbeachtlich, welche Änderungs- bzw. Berichtigungsgrundlage angewendet wird.

Die zu berücksichtigenden Vorauszahlungen sind erst durch das JStG 1997 mit Wirkung ab 28.12.1996 auf die bis zum Beginn des Zinslaufs festgesetzten Vorauszahlungen beschränkt worden.[15] Vor der Änderung durch des JStG 1997 war ernstlich zweifelhaft, ob gem. § 233a Abs. 3 AO in der seinerzeitigen Fassung nach Beginn des Zinslaufs festgesetzte Vorauszahlungen bei der Zinsberechnung unberüchtigt bleiben konnten.[16]

 

Rz. 90

Freiwillige Vorauszahlungen vor Festsetzung der Steuer sind für die Zinsberechnung grundsätzlich unbeachtlich (vgl. Rz. 20ff.). Abgesehen von der Korrektur der Zinsen in Erstattungsfällen bleibt auch unberücksichtigt, ob die anzurechnenden Beträge auch tatsächlich geleistet worden sind. Deswegen werden nicht die Abschlusszahlungen verzinst, die sich unter Ansatz der tatsächlich geleisteten Vorauszahlungen usw. ergeben, sondern der Unterschiedsbetrag der Sollbeträge, bei denen die festgesetzten Vorauszahlungen angesetzt wurden. Diese Regelung ist nicht willkürlich und daher auch nicht verfassungsrechtlich bedenklich.[17] Kassenmäßige Vorgänge sollen zur Vereinfachung des Zinsverfahrens so weit wie möglich außer Betracht bleiben. Außerdem wird bei Steuererstattungen die Verzinsung freiwillig zu hoch geleisteter Vorauszahlungen unterbunden.

 

Rz. 91

Nach der normalen Karenzzeit, aber noch vor der besonderen Karenzzeit des Abs. 2a, ist eine Anpassungsvorauszahlung als sog. fünfte Vorauszahlung[18] nicht mehr möglich, weil diese in den Steuervorschriften nur innerhalb der genannten Fristen festgesetzt werden kann. Ebenso hilft dieser Weg zur Vermeidung von Zinsen grundsätzlich nicht mehr bei Zahlung nach Ablauf der Karenzzeit. Die Verwaltung kommt dem Stpfl. jedoch im Fall späterer freiwilliger Zahlungen durch eine personelle Festsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung und Verrechnung auf die Hauptsteuer entgegen.[19] Bis zum Inkrafttreten des JStG 1997 war zweifelhaft, ob nach Beginn des Zinslaufs festgesetzte Vorausleistungen bei der Zinsberechnung berücksichtigt werden können.[20]

 

Rz. 92

Möglich ist jedoch die Anpassung der Vorauszahlungen während der gesamten normalen Karenzzeit. Leistet der Stpfl. vor Ablauf der Karenzzeit eine freiwillige Vorauszahlung, ist dies als Antrag auf Anhebung der bisher festgesetzten Vorauszahlungen anzusehen. Diese Zahlung ist freiwillige Zahlung zu behandeln; die Zahlung muss mindestens 5.000 EUR betragen.[21] Bei der USt kann eine Anpassung der Vorauszahlungen nach oben durch Abgabe einer berichtigten Voranmeldung[22] geschehen. Die berichtigte Voranmeldung steht einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich, ohne dass es einer Zustimmung der Finanzbehörde bedarf.[23] Eine nach Ablauf der Karenzfrist ab...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Kanzlei-Edition. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge